Flugzeuge aller Airlines fliegen ihn an, ob aus China und Japan oder aus Los Angeles und New York. Entsprechend lange muss er laufen, um sein Gepäck in Empfang zu nehmen. Das fällt sicher nur jemandem auf, der vor vielen Jahren das letzte Mal in Malaga war.
Treu geblieben aber ist die andalusische Hafenstadt und Hauptstadt der Costa del Sol ihrem traditionellen Tanz, dem Flamenco. Wenn Tänzerin und Tänzer – sie mit schwarzem streng zurück gekämmtem Haar und wirbelndem meist farbintensiven Volantkleid – kunstvoll aufstampfend zu Gitarre, Gesang und rhythmischem Klatschen tanzen, offenbart sich das feurige Temperament von Andalusiern und Spaniern gleichermaßen und von Malagueños im Besonderen. Kein Einheimischer kann es sich verkneifen, verbal mitzumischen. Zumindest aus Männermund kommt des öfteren ein Olé! Fragen die Besucher, wie man den Flamenco richtig tanzt, antworten die Einheimischen in Bezug auf die typischen Bewegungen: „Pflück den Apfel vom Baum, iss ihn und wirf den Rest hinter deinen Rücken!“
Ursprünglich von Römern und später Arabern besiedelt, ist Malaga heute eine der dynamischsten Metropolen Spaniens und der Wirtschaftsmotor Andalusiens. Von der Römerzeit zeugen die guterhaltenen, erst 1951 entdeckten Reste des Römischen Amphitheaters unterhalb der Alcazaba, der arabischen Festung, die mit ihren Bögen, Stuckdecken, Brunnen und Verzierungen ein Abbild der Alhambra von Granada zu sein scheint. Auch die Stadtmauer um die Alcazaba ist noch aus maurischer Zeit.
Die gewaltige 110 Meter lange, 50 Meter breite und 41 Meter hohe Kathedrale ersetzt die ehemalige Moschee. Mit dem Chor, der sich in spanischen Kirchen immer in der Mitte befindet, dem Chorgestühl, den geschnitzten Figuren, den Kapellen und den zwei Orgeln, von denen die barocke allein 4844 Pfeifen hat, ist die Kathedrale ein Meisterwerk mit bestem Klang.
Wenn der Sommer langsam zu Ende geht, kommt die Zeit der Museen. Malaga hat allein 27. Da ist die Colección Carmen Thyssen-Bornemisza, die in einem Palast aus dem 16. Jahrhundert untergebracht ist. Die Dauerausstellung mit über 200 Werken bildet die beste und eine lückenlose Schau andalusischer Gemälde des 19. und Anfang 20. Jahrhunderts, etwa Gemälde von Julio Romero de Torres und Joaquín Sorolla. Die Darstellungen reichen von Landschaftsbildern, etwa der Concha von San Sebastián oder einer Marina von Palma de Mallorca, über Frauenakte, Stierkämpfe und Maskenbälle zu – ein beliebtes und für Andalusien typisches Sujet – Zigeunerinnen. Farbintensiv und in der aufwändigen Kleidung jener Zeit.
Der bekannte Schauspieler Antonio Banderas ist in Malaga geboren. Nein, ihm widmete man noch kein Museum, aber einem weitaus berühmteren Mann, Pablo Picasso (1881-1973).
Im Palacio de Buenavista, einem Gebäude des 17. Jahrhunderts mit Verzierungen im Renaissance- und im maurischen Mudejarstil, kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Wer, wenn er sich nicht intensiv mit dem Maler beschäftigt hat, hätte gewusst, dass Picasso Tausende Keramiken angefertigt hat, wobei er hier nicht den Pinsel benutzte, sondern mit dem Daumen malte. Mit fünf Jahren schon malte er ein figürliches Porträt seines Vaters. Als er vierzehn war, nahm er seine Schwester als Modell: „Mädchen mit Puppe“, auch noch figürlich. Erst später begann seine kubistische Zeit. Ein ganzer Raum ist seinen Frauen gewidmet: Dora, Jaqueline, Claude, Marie Therèse, Susanne, Olga. Als er die russische Ballerina Olga Khokhlova kennenlernte und sie seiner Familie als seine Verlobte vorstellen wollte, malte er sie in einer Mantilla, einem typisch spanischen Schleiertuch, das an Festtagen um den Kopf getragen wird. Picasso bildete sie statt mit echter Mantilla mit einer Spitzentischdecke ab. Immerhin sah sie jetzt wie eine Spanierin aus. Picassos Worte: „Wenn du nicht weißt, wonach du gucken sollst, findest du nicht heraus, wonach du suchst.“
Leibhaftig und umschwärmt von Frauen allen Alters und aller Nationen findet man ihn auf einer Bank sitzend auf der Plaza de la Merced, wo auch sein Geburtshaus steht mit einer ihm und seinem Leben gewidmeten Ausstellung. In unmittelbarer Nähe die Kirche, in der er getauft wurde, Iglesia de Santiago, ursprünglich eine Moschee mit Minarett. Sie wurde 1487, im selben Jahr, in dem Malaga von den katholischen Königen zurückerobert wurde, im gotischen Mudejarstil erbaut und ist eine der ältesten Kirchen der Stadt.
Auch für die, die sich nichts aus Malerei machen, hat Malaga das Richtige, ein Automobilmuseum. Es residiert in einer ehemaligen Tabakfabrik aus dem Jahr 1923, wurde 2010 eröffnet und verknüpft Autogeschichte mit Mode und Kunst. Eine einzigartige Sammlung von über 90 exklusiven Modellen der mythischen Marken Jaguar, Aston Martin, Bugatti, Rolls-Royce, Porsche, ein französischer Delage von 1912 mit einem sogenannten Schwiegermutter-Sitz. Damit war der wenig komfortable Rücksitz gemeint. Ein deutsches Fuldamobile von 1955 wird nicht nur „Das Ei“ genannt, der Stadtwagen sieht auch so aus, fand aber viele Nachahmer.
Sonia Delaunay war die erste Künstlerin lange vor Warhole, die die Bemalung von Autos einführte – auf dem französischen Unic von 1920. John Lennon verwirklichte die Flower Power der 60er-Jahre auf seinem Rolls-Royce, den die Beatles auf der Höhe ihres Erfolgs benutzten. Später lieh Lennon ihn aus an Stars wie Bob Dylan und die Rolling Stones.
Der Besucher braucht Zeit, um all die Details mitzubekommen. Da ist neben vielen verrückten Hüten der „Hut-Schuh“ oder besser „Schuh-Hut“, den Salvador Dalí für die itanienisch-französische Modeschöpferin Elsa Schiaparelli kreierte. Sie trug den „Hut“ 1938 zur Eröffnung der Internationalen Surrealisten-Ausstellung in Paris.
Höhepunkt: Man darf in einen Aston Martin einsteigen und wird mit aufheulendem Motor einmal durch die Halle gefahren.
Jetzt Frischluft gefällig? Verwöhnt von Malagas subtropisch-mediterranem Klima mit einer jährlichen Durchschnittstemperatur von 18 Grad wartet der Botanische Garten darauf, durchstreift zu werden, einer der größten und besten subtropischen Gärten Europas. Jeden Tag locken 200 Jahre alte Bäume, 200 Palmenarten, Teiche, Bäche und Insekten fressende Pflanzen. Zudem werden jeden Mittwoch Nachtbesucher mit Musik und Illumination empfangen.
Vergessen wir bei all den Sehenswürdigkeiten das leibliche Wohl nicht. Den Morgen könnte man beginnen im Café Central mit „Churros con chocolate caliente“, dem typisch spanischen Ölgebäck, das man in heiße Schokolade tunkt. Mittags tun es vielleicht ein paar Tapas wie Salami und Schinken vom Iberischen Schwarzen Schwein oder frittierte Sardinen. Oder man geht fein essen, etwa in die Vinothek „Patio de las Beatas“, die gleichzeitig Restaurant ist und Köstliches serviert – nicht ohne vorher einige Weine zu verkosten. Abends fährt man gern zum Strand im Stadtteil Pedregalejo, wo frischester Fisch aufgetischt wird.
Mehr Infos unter: www.malagaturismo.com