Lady Jazz: eine Dame in den besten Jahren – Das 40. Deutsche Jazzfestival Frankfurt am Main 2009

Dieser Geburtstag wird gefeiert vom 20. Oktober bis zum 1. November 2009 im Sendesaal des Hessischen Rundfunks, den man guten Gewissens in diesem Kontext als Opa Jazz bezeichnen kann, ja manche gehen sogar so weit, daß sie dem Hessischen Rundfunk und damit auch dessen langwährenden Jazzbetreuer Ulrich Olshausen das Überleben des Jazz im öffentlichen Bewußtsein der Bundesrepublik zugestehen, was seine männlichen Mitstreiter Olaf Stötzler, Guenther Hottmann, und Peter Kemper mitfortsetzen. Zumindest haben die jährlichen Jazzfestivals einen treuen Stamm von Hörern stabilisiert, die dankbar nach Hessen blicken. Wie immer wird das Festival unterstützt durch die Stadt Frankfurt am Main, deren Kulturdezernent Felix Semmelroth auf einer Pressekonferenz mit den Veranstaltern das Festival Ende Oktober vorstellte, wobei die Unterstützung durch das Land erwähnt werden soll und die Sponsorenschaft vom Frankfurter Flughafen (Fraport), Landesbank HessenThüringen, die Stiftung Polytechnische Gesellschaft und andere, wobei die Adam Opel A.G. den Fahrdienst übernimmt und das ’Auto des Jahres`, den Opel Insignia als VIP-Shuttle nutzt.

Schaut man sich vor dem Programm erst einmal die Bilder an, die der Hessische Rundfunk von den Interpreten 57fach zur Verfügung stellt, denkt man auch schon wieder: „Ach ja, der Jazz ist männlich“, so sehr überwiegen die männlichen Protagonisten und auch Männergruppen. Aber macht erst mal nichts, solange sie guten Jazz spielen, wobei der Begriff Jazz in diesem Jahr terminologisch nicht allzugenau genommen werden darf. Denn der offizielle Titel lautet: „Blütenträume- ausgeträumt? Flower Power beim 40. Deutschen Jazzfestival in Frankfurt 2009“. Da erfordert einfach das historische Bewußtsein, daß auch der Jazz an das Jubiläum der 40 Jahre von Woodstock erinnert, wobei bei den dortigen Interpreten Jimi Hendrix herausragte, dem auch ein Auftritt der ’World Saxophone Quartet` gewidmet ist, die „die Belastbarkeit von Hendrix-Kompositionen“ ausloten.

Woodstock soll das französische Piano-Trio ’Flower Power` imaginieren, eine Gruppe um den Schlagzeuger Aldo Romano, die in einer improvisatorischen ’tour de force` das Gefühl von damals über die Annäherung an diese Musik aufleben lassen wollen. In diese Richtung zielt auch die hr-Bigband, die mit dem Gastsolisten David Sanborn Carlos Santanas Musik in den Arrangements von Michael Philip Mossmann wiederbelebt. Aber auch Miles Davis ist ein Stichwort. Sein ’Birth oft he Cool`, zusammen mit Gil Evans, wird von Joe Lovano mit seinem Nonet zelebriert. Saxophone allerorten. Multistilist Anthony Braxton spielt nicht nur auf dem Instrument mit dem ’Diamond Curtain Wall Trio`, sondern auch mit den Genres zwischen Avantgarde und Tradition. Weitere Saxophons in der ’Karma Jazz Group` der gerade ausgezeichneten Pianistin Natalya Karmazin. Und erneut wird die Bigband mit ’Out oft he Desert` dabei sein, wobei Altmeister Joachim Kühns ’Wüstenjazz` orchestriert wird.

Das genaue Programm sollte man sich für die einzelnen Tage auf der Webseite direkt anschauen. Dazu muß man wissen, daß Festivalkarten sehr begehrt sind und schnell erworben werden sollten. Zwei Neuerungen machen deutlich, daß sie überfällig sind, weil man nie auf die Idee gekommen wäre, es handele sich um Neuerungen. Das eine ist ein Kinderkonzert am Sonntag, 1.November um 11 Uhr, wo die Computerband und die Prinzessin von KaPé aufspielen und ein Kinderkonzert im Super-Mario-Land bieten. Wollen wir nur hoffen, daß das nicht konterkariert wird von der anderen Neuerung. Am Abend zuvor, zum Abschluß des Festivals gibt es ein „Fade Out – Aftershow Party“, was wir für eine gute Idee, aber einen schrecklichen Anglizismus-Wortsalat halten. Liebe Leute, die Phantasie auch mal auf die deutsche Sprache richten. Das Abschlußfest wird im Künstlerhaus Mousonturm stattfinden, wo die Christallobar offen steht, und wie es sich für eine ordentliche Abschlußfeier gehört, findet die erst nach den Konzerten um 22.30 statt. Na, und wir hoffen, daß die Opas, Omas und die Mütter und Väter von den Kindern, die potentiell am Sonntag in den Hessischen Rundfunk zum Kinderkonzert wollen, nicht am Sonntagmorgen sich als Unausgeschlafene und Unwillige herausstellen.

Grundsätzlich ist zu bewundern, wie man unter dem Motto, ein sehr gutes Festival bei wenig Geld zu kreieren, seit Jahren volle Fahrt aufgenommen hat, nachdem das Festival schon mal fast abgeschafft worden wäre. Nebenbei wurde auch auf die Jugendarbeit der hr-Bigband mit drei Frankfurter Schulen verwiesen. Das ist ein Thema, das wir ein andermal betrachten wollen. Erst einmal kommt Ende Oktober das 40. Jazzfestival in Frankfurt am Main.

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www.hr2-kultur.de

www.jazzfestival.hr-online.de

www.hr-ticketcenter.de

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