Kommentar: Das Krampfadergeschwader hält die Stellung oder In Algerien bleibt alles beim Alten – 70 Prozent der Bevölkerung verweigern der Wahlfarce ihre Legitimation

Richtung Algerien. Quell: Pixabay

Algier, Algerien; Berlin, Deutschland (Weltexpress). 30 Prozent Wahlbeteiligung in dem arabisch-mohammedanischen Staat Algerien. Die Regierungspartei gewinnt wieder. Sie trägt das Kürzel FLN und steht für Front de Libération Nationale. Wer bei der ersten Wahl nach dem (Ab-)Sturz des totkranken Langzeitherrschers Abdelaziz Bouteflika, in Lügen- und Lückenmedien gerne Präsident genannt, etwas anderes erwartet hatte, der ist ein Dummkopf.

Der gerne Boutef gerufene Anführer des Krampfadergeschwader in Algerien war zum Ende im April 2019 nur noch eine Mumie, die den Mund nicht mehr aufbekam. Was die Mumie angeblich wollte, das wurde aus fremden Mündern vorgelesen.

Wären die Leute in dem Land frei, wären die Wahlen frei, dann hätte die Front islamique du Salut, die Islamische Heilsfront wird FIS abgekürzt, haushoch gewonnen. Und die Wahlbeteiligung wäre auf 70 Prozent hochgegangen. Die FIS gewann, als der Vasallenstaat Algerien sich von einer Diktatur in eine scheinbar parlamentarische Demokratie zu wandeln drohte. Sofort stoppte das Regime die Richtung. Die Regierung und das Militär gingen erneut gegen das Volk vor. Die Lügen- und Lückenmedien selbstverständlich auch. Die FIS wurde verboten und zerschlagen. Revolten brachen aus. Nicht nur Ausnahmezustände herrschten, sondern Kriegszustände. Tote und Verletzte – wie immer – vor allem auf Seiten der Opposition, des Volkes.

Statt zu wählen hätten die Algerier auch würfeln können. Würfelhusten, Gesäßhusten oder Rüsselpest, alles das und noch viel mehr, nur nicht FIS, sondern FLN. Zu der gehört Bouteflika, der Alte wurde am 2. März 1937 in Oujda, heute Marokko, geboren, und der nicht wesentlich jüngere Abdelmadjid Tebboune. Der am 17.11.1945 in Méchria, auch Mecheria geschrieben, geborene Tebboune darf nun weiter Präsident spielen. Allerdings kommt die FLN als stärkste Partei nur auf 105 der 407 Sitze. 78 Sitze gehen an sogenannte Unabhängige, eine Art Block von Einzelkandidaten mit Segen der Herren, 64 Sitze gehen an die Muslimbrüder, die deren Segen ebenfalls haben, und die es in Algerien noch gibt. Die Muslimbrüder in Ägypten allerdings sind und bleiben verboten, nachdem sie dort auch die Wahlen gewann und mit Mohammed Mursi den ersten frei gewählten Präsidenten stellte. Doch der wurde von den Putschgeneralen um El Sisi, auch Abd al-Fattah as-Sisi geschrieben, gestürzt. Der buchstabierte nicht nur das Heft des Handelns, er nahm nicht nur das Zepter in die Hand, sondern setzte sich selbst die Krone auf. Das schamlose Schauspiel, das für viele ein blutiges Trauerspiel war, wurde in den meisten Lügen- und Lückenmedien deutscher Zunge verklärt.

Von Ägypten, wo die Bevölkerung seit Jahren und Jahrzehnten explodiert, zurück nach Algerien, wo es nicht anders ist. Bevölkerungsexplosionen seit Jahrzehnten. Von 5 Millionen zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts dehnt sich die Bevölkerung auf 50 Millionen aus. Wahnsinn! Die Bevölkerung ist in Algerien nur diktatorisch zu beherrschen. In Erscheinung tritt eine Regierung, dahinter verbirgt sich mehr oder weniger ein Regime, in dem Generäle dominieren – nebenbei bemerkt: wie in Ägypten.

Wenn sich 70 Prozent, darunter die Hirak genannte Demokratiebewegung, aber auch die alten FIS-Kader und -Zirkel, dem Polit-Possenspiel einer vorgegaukelten parlamentarischen Demokratie verweigern, weil dies nur den scheinbar ewigen Eliten, den alten Zöpfen, dem Krampfadergeschwader dient, dann weiß jeder, daß die Spannung im Staat mit vielen lohnarbeitslosen jungen Männern und Frauen hoch ist und erneut ausbrechen könnte. Entscheidend dabei dürfte der Kampf um die Köpfe der neue Generation an Offizieren sein. Wer diese Männer für sich gewinnt, der gewinnt Algerien, mit oder ohne Wahlkampfspektakel und Wahlfarce.

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