Wenig überraschend, dass diesmal Gastgeber 1. FC Union Berlin am Montagabend in seiner Arena an der Alten Försterei in diesem Ostderby dem FC Energie Cottbus mit 2:0 (1:0) das Nachsehen gab.
Denn die Eisernen träumten lange Wochen vom erstmaligen Aufstieg in die Beletage der Ersten Fußball-Bundesliga. Diesen Logenplatz hatten die Lausitzer bereits zweimal inne: 2000 – 2003 sowie 2006 – 2009!
Cottbus war damals die Nummer eins der Vereine östlich der Elbe, erschien aber nun als Tabellenletzter der Zweiten Liga. Eigentlich bereits zum Abstieg verdammt. Aber mit dem dritten Trainer in dieser Saison, dem bisherigen Assistenten und früheren Nationalspieler Jörg Böhme, wieder im Schwebezustand der Noch-Hoffnungen.
Die konnten allerdings am Montag vor ausverkauftem Haus und fast 21 000 erwartungsvollen Zuschauern nicht ausgebaut werden. Weil sich der Gastgeber nach zuletzt fünf sieglosen Spielen einer erneuten Aufbauhilfe Ost verweigerte. 2012 in der Lausitz hatte sich Berlins gebürtiger Cottbuser Torsten Mattuschka, sonst Standardschütze, der 11-m-Exekution "gegen meinen alten Verein" entzogen. Ein Kollege verballerte an die Latte. Die Energetischen behaupteten mit einem 2:1 die Zugehörigkeit zu Liga zwei…
Schnee von gestern. In der 20. Pflichtspiel-Begegnung verbuchte Union den elften Erfolg und steht bei fünf Unentschieden und vier Niederlagen statistisch eindeutig besser da als der alte Kontrahent aus DDR-Zeiten.
Wie er das sehe, dass er als quasi Wessi-Import das Ostderby empfunden habe, wurde Berlins Doppel-Torschütze Sören Brandy nach Abpfiff gefragt. Na ja, die sportliche Rivalität mit Cottbus sei ihm schon bewusst gewesen. "Aber ansonsten war wichtig, dass wir wieder mal ein Heimspiel gewonnen haben. Und nun nur noch einen Punkt hinter dem vierten Rang liegen. Das ist ein Ziel, dass wir nach zuletzt ein paar enttäuschenden Spielen und unnötigen Punktverlusten ansteuern."
Dass dem Profi aus dem Westfälischen, nun mit zehn Treffern wie Mattuschka erfolgreichster Union-Torjäger, jedoch die Ostderby-Konstellation nicht so unter die Haut geht wie manchen Ultrafans aus der Wuhlheide, zeigt seine Reaktion auf das kommende "Ostderby" mit dem FC Erzgebirge Aue: "Ich weiß nicht, ob das richtig Derbycharakter hat."
Unions-Trainer Uwe Neuhaus, ein Mann aus dem Ruhrpott im Ostberliner Kult- und Kiezverein Union, hatte nach Wochen im Schwebemodus – aufsteigen wollen, sollen oder können? – angekündigt, nach Ende der Aufstiegsfantasien (vor allem in den Medien) keine Aufstellungs-Experimente machen zu wollen.
Aber auf fünf Positionen seine Formation verändert. Und dabei mit der Doppelspitze Brandy plus Steven Skrzybski überrascht. Zwei schnelle Angreifer, quirlig, ballsicher, wendig, mit denen die Energie-Defensive überrumpelt wurde.
"Die Mannschaft hat von Anbeginn keinen Zweifel gelassen, dass sie gewinnen will", sagte Neuhaus. Eigentlich wolle man immer, "dass die Fans zufrieden nach Hause gehen". Nach unnötigen Punktverlusten, selbst gegen Klubs aus der unteren Hälfte, war Kritik aufgekommen, die Mannschaft sei nicht mehr gierig genug nach Erfolg: "Aber heute hat die Mannschaft das Gegenteil bewiesen."
Sein Kollege Böhme – er holte neun Punkte aus fünf Partien – äußerte, er könne der Mannschaft keinen Vorwurf machen, sie habe "läuferisch und vom Engagement alles gegeben. Nur die spielerische Qualität diesmal nicht präsentiert."
Beobachter monierten, dass Cottbus die erste Hälfte zu passiv begonnen und Berlin die Initiative zu sehr überlassen habe. Topscorer Boubocar Sanogo versuchte zu viel auf eigene Faust. Legte sich in unprofessioneller Weise mit dem nicht überzeugenden Schiedsrichter Deniz Aytekin an. Worauf bei Zweikämpfen im Grenzbereich mit Unions Sonderbewacher Roberto Puncec dann und wann die durchaus denkbare Foul-Bewertung gegen Puncec ausblieb.
Ob zu passiv oder zu leidenschaftslos – Cottbus steht das Wasser bis unters Kinn. Mittelfeldmann Marco Stiepermann glaubt sechs Spieltage vor Schluss: "Jetzt kommt am Freitag das große Finale im Abstiegskampf. Das müssen und werden wir gegen Dynamo Dresden gewinnen." Wieder ein Ostderby. Noch rangieren die Elbestädter auf dem begehrten Relegationsplatz mit einem Vorteil von vier Zählern.
Was das bei Union durchaus gepflegte ostalgische Flair angeht – dazu trug am Montag auch die Begrüßung ehemaliger Union-Akteure Christian Beeck, Steffen Baumgart (beide ebenfalls in Cottbus aktiv) und Daniel Göhlert bei. Gesichtet im VIP-Bereich wurden die beiden Trainer-Urgesteine des Ostens, Eduard Geyer und Bernd Schröder. Ersterer begründete u.a. nach Mauerfall die erfolgreichste Ära im Energie-Fußball und Schröder hat mit Potsdams Turbinen alle Titel gewonnen, die es im Frauen-Vereins-Fußball gibt.