„Der 27. Januar war ein schwerer Schlag für uns.“ Maria Enriquez wischt mit dem Handrücken über ihre Augen, als wolle sie die letzten Reste des Albtraumes ein für alle mal aus ihrem Gedächtnis löschen. Doch dann zeichnet sich ein zaghaftes, aber immer deutlicher werdendes Lächeln auf dem Gesicht der peruanischen Reiseleiterin ab. „Ja, es war eine Katastrophe für die Region, aber nun kommen die Touristen wieder und es geht aufwärts.“ Maria war selbst nicht dabei, als die über Tage andauernden heftigen Regenfälle im Januar den Urubamba-Fluß zu einem reißenden Ungetüm anwachsen ließen, das die Bahnschienen am Ufer des Flusses unterspülte, in die Flut riss und damit die Hauptverkehrsader zwischen Cusco und Machu Picchu kappte. An den Folgetagen hatte auch sie alle Hände voll zu tun. Hunderte Touristen galt es kurzfristig mit Helikoptern aus Aguas Calientes am Fuße der berühmten Inka-Stadt zu evakuieren und gleichzeitig die Situation vor Ort wieder unter Kontrolle zu bringen. Die Bevölkerung musste bis Anfang April ausharren, bis die Bahn auf einem wichtigen Teilstück der Verbindungsstrecke den Verkehr wieder aufnahm. Mehr als zwei Monate gelangten nur über eilig eingerichtete Notverbindungen oder per pedes Lebensmittel und Waren nach Aguas Calientes und die fast ausnahmslos vom Tourismus abhängigen Einwohner sahen sich ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt. Umgestürzte Strommasten schnitten Teile der Region von der Energieversorgung ab, Felder und Wege wurden von den Wassermassen und Schlammlawinen verwüstet, Restaurants, Hotels und Pensionen schickten ihre Mitarbeiter in den Zwangsurlaub und die selbständigen Reiseführer, die zuvor so manches Mal viel zu große Touristengruppen durch die Ruinen Machu Picchus führten, waren der Verzweiflung nahe.
Teilstrecke wieder offen
Fieberhaft arbeiteten Regierung und Regionalverwaltung Aktionspläne aus, um die Bahnstrecke möglichst schnell wieder ingang zu setzten und der Bevölkerung im überschwemmten Urubamba-Tal zu helfen. Erleichterung machte sich breit, als am 1. April der erste „Inka-Train“ über die einzige Verbindungsstrecke zwischen Piscacucho und Aguas Calientes ratterte. Noch ist die Fahrt etwas umständlich, denn bis Piscacucho sind Kleinbusse auf einem einspurigen, meist unbefestigten Weg im Urubamba-Tal die einzigen Transportmittel. Und für die verbleibenden 28 Zugkilometer müssen 90 Minuten eingeplant werden, da die neu gebauten oder ausgebesserten Gleise nur eine begrenzte Geschwindigkeit zulassen. Doch in Aguas Calientes und auf dem Machu Picchu kehrt langsam der gewohnte Lebensrhytmus zurück. Auch wenn die Anzahl der anreisenden Touristen noch nicht alte Höchststände erreichen, haben die meisten Unterkünfte und Restaurants geöffnet, freuen sich die Händler über anziehende Geschäfte und führen auch die Guides wieder Besucher durch das UNESCO-Weltkulturerbe. „Meist sind die Gruppen noch etwas kleiner als gewohnt, aber dafür kann ich individueller auf meine Gäste eingehen“, meint beispielsweise Fabricio, der während seiner zweistündigen Tour durch Machu Picchu sachkundig über die Funktion der einzelnen Gebäude und Anlagen der einstigen in 2.360 Metern Höhe gelegenen Inka-Stadt informiert.
Neues Weltwunder
Die im Auftrag des Inka Pachakuteq zwischen 1438 und 1471 auf einem Bergrücken der Anden errichtete Felsenstadt wurde von den Teilnehmern an einer weltweit geführten Internet-Umfrage zu einem der „Neuen sieben Weltwunder“ gekürt. Auch wenn die Legitimität dieser Umfrage umstritten ist, die phantastische Lage macht Machu Picchu (in der Quetschua-Sprache: “der alte Felsen”) zweifellos zu einer der attraktivsten touristischen Destinationen auf unserem Erdball. Wenn am Vormittag langsam die Nebelschwaden in die Höhe steigen und Stück um Stück den Blick auf die Inka-Kultstätte und den dahinter liegenden Wayna Picchu (in Quetschua: “der junge Felsen”) frei geben, kann man seine Augen kaum von dem überwältigenden Panorama abwenden. Deutlich lässt sich von oben die Zweiteilung der Stadt in einen landwirtschaftlichen Sektor mit Terrassenfeldern und einen städtischen Bereich erkennen, der Tempelanlagen, Kultstätten und Wohngebäude sowie Werkstätten und Speicher umfasste. Die bedeutendsten Gebäude bestehen aus gewaltigen, sorgfältig zurecht geschnittenen und fein polierten Felsblöcken, die sich ohne Zwischenräume und Bindemittel aneinander fügen. Diese filigrane Baukunst der Inka kommt besonders am „Tempel mit den drei Fenstern“ im östlichen Teil des Hauptplatzes zum Vorschein. Auf die meteorologischen Kenntnisse der Inka deutet eine Sonnenuhr hin, mit der die Sommer- und Wintersonnenwende sowie der Beginn der Jahreszeiten bestimmt wurden. Selbst ein landwirtschaftliches Forschungszentrum machten Wissenschaftler am Rande der Häuser aus. Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem verbindet die einzelnen Bereiche und beschert noch heute den hier herum streifenden Lamas eine auskömmliche Vegetation.
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Rundreise: Gebeco und TUI haben eine neue Rundreise „Von Machu Picchu zum Zuckerhut“ ab 3.005 Euro im Programm. 14 Tage von Lima über Cusco, Machu Picchu, Titicaca-See, La Paz, Buenos Aires, Iguazu-Wasserfälle bis Rio.
Informationen: www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Peru
Peruanische Botschaft in Deutschland, Mohrenstr. 42-44, 10117 Berlin, Tel. 030/ 20 64 103, Fax: 030/ 2064 1051, E-Mail: botschaft-peru@botschaft-peru.de
Einreise: Deutsche Staatsbürger benötigen zur Einreise einen noch mindestens sechs Monate gültigen Pass. Bei der Passkontrolle ist auch ein Ticket zur Weiter- bzw. Rückreise vorzulegen.
Medizinische Hinweise: Da Cusco auf einer Höhe von 3.700 Metern liegt, sollte man den Körper langsam akklimatisieren. Machu Picchu befindet sich auf 2.400 Metern.
Anreise: Günstige Verbindungen bietet die brasilianische Fluggesellschaft TAM an. Z. B. von Frankfurt mit Zwischenstopp in Sao Paulo nach Lima und zurück ab ca. 700 Euro.