Der New York Herald-Verleger Gordon Bennett, schickte 1869 seinen Mitarbeiter Stanley über ziemliche Umwege auf die Suche nach dem berühmten Forscher. Erst Anfang 1872 machte er sich über Ostafrika auf die Suche. Vorher musste er für Bennett noch entspannt der Einweihungsfeier des Suezkanals beiwohnen, in Ägypten nach attraktiven Touristenzielen Ausschau halten, dann Jerusalem besuchen, aus Konstantinopel vom Hof des Sultans berichten, die Pläne der Russen am Kaspischen Meer auskundschaften und vom Bau der Eisenbahn durch das Euphrat-Tal telegraphieren.
Mit 200 Eingeborenen und vier Weißen marschiert Stanley landeinwärts durch den Urwald Tanganjikas. Das Klima, die feindliche Umwelt, ungastliche Eingeborene und fiese Krankheiten dezimieren die Schar, die nach zehn bitterbösen Monaten im Dorf Udjidji tatsächlich auf Livingstone traf. Nach kurzem Palaver und minimalen Sympathiebekundungen brechen beide wieder zu unterschiedlichen neuen Abenteuern auf, Livingstone überlebt das Jahr nicht.
Die um knapp die Hälfte gekürzte und in eine moderne Sprache übertragene Reise überzeugt durch ein hohes Maß an Anschaulichkeit. Da Stanley Zeitungsschreiber war, denkt er immer an sein Publikum und erklärt uns die Welt aus Schmutz und Elend, in der er 11 Monate unterwegs war.
Wunderbares Zeitdokument, man sollte nicht jedes der Worte Stanleys auf die Goldwaage legen, sondern immer an den geschichtlichen Kontext denken.
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Wie ich Livingstone fand: Reisen und Entdeckungen in Zentral-Afrika, Henry Morton Stanley (Autor), Heinrich Pleticha (Herausgeber), 367 Seiten, Edition Erdmann 2012, 24 Euro