Doch, doch, heute geht’s auch um Zahlen. Denn das wird eine Bewährungsprobe, wieviele Zuschauer sich auf die „beste deutsche Krimiserie“, deren Autor Rolf Basedow ist, einlassen, wieviele Millionen, denn die zählen im Fernsehen, an einem Freitag sowieso. Daß die Truppe um Dominik Graf und vielen neuen Gesichtern (gut!) für ihr im guten Sinne Machwerk den „Deutschen Fernsehpreis“ 2010 eingeheimst haben, finden wir richtig und haben auch keine Befürchtung, daß die Zuschauer hierzulande, sich von Preisen abschrecken lassen, indem sie Qualität vermuten, die ihnen zu hirnlastig ist oder zu abgehoben oder zu feingeistig. Geistvoll ist das schon, was man sieht, aber ein alter Spruch heißt ja auch, man sieht nur, was man weiß.
Also ist sicher, daß alle Aufgeweckten unter den Zuschauern einfach mehr sehen und sie können auch damit umgehen, was im deutschen Fernsehen sich auf einmal hammerartig von dem amerikanischen Dutzendserien unterscheidet. Dort wird nämlich mit dem Holzhammer nicht nur eingebläut, was in den Minuten vor der Werbeunterbrechung geschah, sondern alles wird als eigene Geschichten in die 45 oder 90 Minuten verpackt, damit keiner das Gefühl hat, er versäumt etwas. Das ist im „Angesichts des Verbrechens“ anders. Da muß man mit Agatha Christi oder besser Hercule Poirot, ihr belgischer Detektiv, seine Gehirnzellen anstrengen und darf durchs Merken gleich Alzheimer zuvorkommen, den es wie die Demenz ja manche schon mit Dreißig erwischt.
Tatsächlich. Da gibt es Fäden, die muß man verfolgen, wenn man sie verliert, verliert man sich selbst auch im Gestrick der Russenmafia. Und dann ist noch etwas anders als im Fernsehen und eher so wie im richtigen Leben. Man sieht die Schurken den Menschen nicht an, dafür hält man schnelle den Guten für den Falschen, sprich: Bösen. Wir haben durch die Eindimensionalität des Fernsehen bei der Besetzung von rollen, schon alle längst die Schere im Kopf, oder besser: das Töpfchen, in die die Guten und das Kröpfchen, in die die Schlechten kommen. Aber wie ist das mit uns. Ist man nicht oft beides. Und warum reagiert man mal so, mal anders.
Wir haben es also mit einer Krimifernsehserie zu tun, die weitaus differenzierter ist, als alles, was sonst über den Bildschirm flimmert. Und darum wird spannend, wer sich das anschaut und wer dabei bleibt, denn das sind die, die dem Einerlei der Fernsehabende gerne einmal im gleichen Genre: Film und Krimi etwas Ambivalenz, Zwielicht und Nachdenklichkeit entgegensetzen. Und wer was verpaßt, für den sind DVDs angekündigt. Und wen die Folgen süchtig machen, der kann sich die auch noch mal reinziehen.
Den Erfolg wünschen wir nicht nur der Mannschaft, dem Regisseur und Drehbuchschreiber, sondern ausnahmsweise denken wir auch einmal an den, der den Film produziert, also den Hals ökonomisch hinhält. Dabei hatte dieser Produzent, Marc Conrad, auch noch die Idee zum Fernsehthriller, setzte Rolf Basedow in Gang, der so lange recherchierte, bis die Geschichten Hand und Fuß und darum Länge erhielten. Aber Marc Conrad mußte nach zehn Jahren, in denen seine Firma Typhoon AG gut lief, im März 2009 Insolvenz anmelden, mitten im Verfahren der Produktion der dann erfolgreichen Serie. Wir wissen zu wenig von den Rahmenbedingungen, um darüber urteilen zu können, wissen nur, daß Marc Conrad eine neue Firma mit seinem Namen Conradfilm gegründet hat, die gut laufen soll. Die Russenmafia war es also nicht, die ihm Daumenschrauben ansetzte. Vielleicht das öffentlich rechtliche Fernsehen. Also wir, euphemistisch gesagt. Jetzt aber an den Fernseher!
Viel Spaß und schreiben Sie uns, wie sie die ersten Folgen fanden.