Hollands Beachvolleyballer auf dem Vormarsch – Angriff auf die deutsche Dominanz bei der Heim-EM

Denn die bis zum Sonntag in Den Haag laufenden Europameisterschaften der Beachvolleyballer erinnern daran, dass insgesamt vier Mini-Zweiermannschaften der Sandwühler so gut wie sicher für die olympischen Wettbewerbe qualifiziert sind. Die EM-Titelverteidiger Julius Brink/Jonas Reckermann, die vorjährigen EM-Zweiten Jonathan Erdmann/Kay Matysik (alle VC Olympia Berlin) sowie die letztjährigen EM-Dritten  Sara Goller/Laura Ludwig (Hertha BSC) und Ilka Semmler/Katrin Holtwick (Essen/VC Olympia) gehören jeweils zu den Top 16 eines Olympiarankings (in dem nur zwei Duos je Land zählen) und sind damit olympisch startberechtigt. Dies garantiert aber auf den windanfälligen Courts vor Den Haag noch längst keine Meriten.

Vor allem die Gastgeber rechnen sich Medaillenaussichten aus. Beim jüngsten Weltturnier der Männer in Prag lagen drei holländische Zweier unter den Top neun (5./7./9.) und damit vor dem dort erfolgreichsten DVV-Aufgebot Sebastian Dollinger/Stefan Windscheif (13.). Zwar fehlte verletzungsbedingt das erfolgreichste Beachteam aller Zeiten des DVV, Brink/Reckermann, und einige andere Spitzenmannschaften. Doch der Aufmarsch der Holländergarde ist alles andere als ein Zufalls- oder Glücksresultat.

Dahinter stehe ein "Topsport-Programm" des Verbandes, sagt Michiel van der Kuip. Der Beach-Europameister von 1995 mit Marco Kok fungiert als Bondscoach, also Cheftrainer, der Männer. Jenes Programm sehe vor, "unsere besten Mannschaften Schritt für Schritt technisch, mental und athletisch zu verbessern".

Das geschieht im Trainingsalltag vor allem im nationalen Beachzentrum in Den Haag, wo van der Kuip und zwei Kollegen sich um die talentiertesten Duos kümmern. Die seien nach Leistungsstufen gegliedert. Beispielsweise haben den höchsten A-Kader-Status jeweils nur die Topduos Nummerdor/Schuil bzw. Keizer/van Irsel bei den Frauen. Jene erhalten vom nationalen Olympischen Komitee einen bescheidenen Monatszuschuss von etwa 950 Euro. Können aber Preisgelder und Sponsorerträge für sich behalten. "Der Verband stellt gratis das Umfeld zur Verfügung – Trainer, Physiobetreuung, Spielauswerter, Bälle, Ausrüstung, Reisekosten."

Dafür hätten im Gegensatz beispielsweise zu den "individuell agierenden Teams in Deutschland, wo die Trainer/Betreuer überwiegend von den Mannschaften bezahlt werden, wir Trainer das Sagen". Beim niederländischen Modell "kommen das know-how allen Mannschaften zugute. Vielleicht können wir uns derzeit schneller entwickeln als andere Verbände".

Oldie Richard Schuil (39), mit Reinder Nummerdor (35) bereits drei Mal Europameister und kürzlich in Peking wiederum Weltturnier-Gewinner, über den Aufstieg der holländischen Beachsparte: "Beachvolleyball ist im Gegensatz zur Halle zunehmend gefragter bei unseren jungen Leuten. Die sind groß, talentiert, motiviert und haben erstklassige Trainer."

Schuil, einst Spätumsteiger von der Halle (Olympiasieg 1996) und 2,02 m lang, meint beispielsweise Christian Varenhorst: 2,12 m lang, 22 Jahre, seit sechs Jahren nur noch Beacher, seit drei Jahren Vollprofi, zweite Saison im Duett mit dem Abwehrspezialisten Jan Stiekema (24/ auch 2,00 m). Steiler Aufstieg in dieser Saison über die Ränge 25, 25, 17 nun 7. in Prag und damit fürs Hauptfeld der Weltelite gesetzt. Varenhorst: "Beachvolleyball macht mir mehr Spaß als Halle, weil ich viel öfter am Ball bin und stärker ins Spiel integriert bin."

Bei der EM rechnet er höchstens mit Rang neun. Die Titelhoffnungen der Gastgeber tragen vor allem die Routiniers Schuil/Nummerdor. "Druck bei der Heim-EM?- Gibt es nicht. Unter Druck spielen wir meist am Besten", sagt Schuil und fügt an. "Im Vorjahr waren Brink/Reckermann ganz oben. Jetzt sind wir wieder mal dran."

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