Höhenkoller -Gerald Salminas bildgewaltiges Doku-Drama über die Bezwingung des „Mount St. Elias“

Im letzten Moment erreicht sie das Flugzeug zur Evakuierung. Johnston hat genug. Er steigt aus dem Team aus. Erst fünf Jahre ist es her, dass zwei Bergsteiger beim Versuch, den „Mount St. Elias“ zu bezwingen, umkamen. Ressmann und Naglich finden sich mit der Niederlage nicht ab. Begleitet von Dokumentarregisseur Gerald Selmina wollen sie einen zweiten Aufstieg wagen. Am 9. August 2007 brecht das Team um Mitternacht auf, um den „Mount St. Elias“ zu bezwingen. Aus dem unerbittlichen Kampf zwischen Mensch und Natur geht der Berg als Sieger hervor. Sportlich haben Axel Naglich und Peter Ressmann den „Mount St. Elias“ bezwungen. Filmisch ist Gerald Salmina ihm unterlegen. An mangelndem Schauwert seines Films liegt dies nicht. Die unter extremen Bedingungen eingefangenen Bilder des Dokumentarfilmers sind spektakulär. In gleißendem Weiß erstreckt sich das Felsmassiv. Eine malerische und gleichzeitig mörderische Schönheit. Die vom Hubschrauber aus entstandenen Luftaufnahmen lassen das gewaltige Ausmaß des Berges erahnen. „Mount. St. Elias“ ist ein Film geschaffen für das Kino.

Im Kontrast zu den Totalen stehen die Nahaufnahmen der Kameras, welche an den Helmen der Extremsportler befestigten wurden. Eis und Stein rücken in greifbare Nähe. Das Ziel der Mission, der Gipfel, scheint in unerreichbarere Höhe zu verschwinden, unter den Protagonisten tut sich schwindelerregende Tiefe auf. Jedes Wort, selbst die Atemgeräusche der Bergsteiger machen die Aufnahmen der Funkgespräche hörbar. Anspannung, Erschöpfung und Entschlossenheit werden unmittelbar spürbar. Triumph und Tod liegen in der Eiswüste nah beieinander. Daran sollen fiktionalisierte Rückblenden zu den auf dem Berg verunglückten Sportlern gemahnen. Ungelenk wirken diese nachgestellten Szenen der tödlich endenden Expedition im Jahr 2002, fast wie ein kaltherziger Vergleich, der zeigen soll, wer die besseren Bergsteiger sind. Der Versuch, eine düstere Todesahnung heraufzubeschwören, scheitert kläglich. Zu flach bleiben die Protagonisten in „Mount St. Elias“. Was die Sportler bewegt, sich den Strapazen auszusetzen, Erfrierungen, schwerste Verletzungen und Tod zu riskieren, bleibt vage.

„Du willst was Großes machen, dann musst du was Großes hergeben, dann musst du was Großes leisten, dann musst du einmal mehr riskieren …“, schreibt Axel Naglich in seinem gleichnamigen Buch über die Expedition. Die Worte lassen mehr erahnen, als die Suche nach Adrenalinrausch. Ist es das Gefühl, dem Tod in Form von Gletscherspalten und Lawinen ins Auge getrotzt zu haben? Die physischen Grenzen bei Temperaturen bis zu sechzig Grad unter dem Gefrierpunkt erprobt zu haben? Die Psychologie der Protagonisten ergründet Salmina nicht. Ihre Leistung wird als bewunderungswürdig dargestellt, weil keiner zuvor sie vollbringen konnte, nicht aufgrund ihrer Bedeutung. Am Ende des bildgewaltigen, nie aber bewegenden Doku-Dramas bleibt das schale Gefühl, den Berg besser zu kennen als seine Bezwinger.

Titel: Mount St. Elias

Land/ Jahr: Österreich 2009

Genre: Doku-Drama

Kinostart: 18. November 2010

Regie: Gerald Salmina

Buch: Gerald Salmina

Mit: Jon Johnston, Axel Naglich, Peter Ressmann

Kamera: Günther Göberl

Schnitt: Gerald Salmina

Laufzeit: 104 Minuten

Verleih: Kinowelt

www.kinowelt.de

www.mountstelias.com

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