Berlin, Deutschland (Weltexpress). Dass ein gutdotierter Trainer freiwillig auf die Fortsetzung seines scheinbar garantierten Erfolgsweges verzichtet, ist die Ausnahme. Und dass die Umgebung auch noch gelassen darauf reagiert, dürfte noch ungewöhnlicher sein! Allerdings ist Dagur Sigurdssson auch ein ungewöhnlicher Zeitgenosse und ein ungewöhnlich erfolgreicher Trainer.
Und so erklärt denn auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning, die Zielstellung Gold bei den Olympischen Spielen 2020 bleibe unverändert, auch wenn der Erwähnte seinen Vertrag als Handball-Bundestrainer über die WM 2017 hinaus nicht verlängere. Und Handball-Ikone Heiner Brand, als Spieler und Trainer Weltmeister geworden, sieht die erfolgreiche Zukunft der DHB-Auswahl ohne den Isländer nicht gefährdet. Die personelle Situation rund um und mit der Mannschaft sei so günstig wie seit 20 Jahren nicht.
Hanning, verantwortlich im Präsidium des Deutschen Handball-Bundes (DHB) für den Sektor Leistungssport und hauptberuflich Geschäftsführer der Berliner Füchse, hatte Sigurdsson 2014 gegen Widerstände ins Amt geholt. Und mit jenem das Konzept „Olympiagold 2020“ entworfen. Nach einem Jahr Doppelfunktion Trainer der Handball-Füchse (seit 2009) und des DHB-Flaggschiffs konnte sich der 43-jährige Sigurdsson ab Sommer 2015 voll auf die Aufgaben als Bundestrainer konzentrieren.
Als Nachfolger des glücklosen Martin Heuberger – Olympia 2012 sowie die EM-Endrunde 2014 verpasst – setzte Sigurdsson auf einen Neuanfang mit vorwiegend jüngeren und hungrigen Spielern. Und dem Schwerpunkt auf eine kompromisslos aggressive Abwehr und vollem Körpereinsatz. Im Januar 2016 nutzte das Team der selbst erklärten „Bad Boys“ die Gunst der Stunde und wurde fast sensationell Europameister! Wenige Monate später folgten erneut kämpferisch und spielerische überzeugende Auftritte und der Sprung auf das olympische Bronzepodest in Rio de Janeiro!
Der vom Weltverband IHF als Trainer des Jahres ausgezeichnete Sigurdsson hatte viel schneller als vermutet Erfolge geliefert. Will aber dem Vernehmen nach seinen Vertrag bis 2020 nicht verlängern.
Sein Mentor und Förderer Hanning zeigt sich weder überrascht noch enttäuscht. So sei es nun manchmal im Leben, dass es anders weiterlaufe als geplant. Nein, die Entwicklung habe ihn nicht überfahren. Sigurdsson sei momentan einer der begehrtesten Trainer der Welt. Da kämen Angebote, „da geht es nicht nur um Geld, sondern auch um Lebensplanung“.
Vom Krösus-Klub Paris Saint Germain, dessen Etat fast doppelt so hoch sein soll wie beim deutschen Rekordmeister Kiel, ist die Rede oder anderen und Gehaltssummen um die 600 000 Euro. Also mehr als das Doppelte vom DHB-Salär!
Was die Karriereplanung angeht, da hat Sigurdsson – mehr als 200 Länderspiele für Island, Teilnehmer EM, WM und Olympia, Trainer in Japan, Österreich (4x Meister/ auch Nationaltrainer) – eine Menge erreicht. Zuletzt bei den Berliner Füchsen einmal DHB-Pokalsieger, 3. EHF-Pokal, Final Four in der Champions League.
Was ihn reizen könnte: Mit einem Topklub in der Vereins-Königsklasse Champions League zu triumphieren! Weltmeister oder Olympiasieger zu werden!
Wobei das Zeitfenster für einen Trainerwechsel demnächst in Paris (derzeit Noka Serdarusic) geöffnet werden dürfte und Sigurdsson diese verlockende Gelegenheit nicht verpassen möchte.
Mit 43 hat er andererseits noch genug Jahre vor sich, um sich später dem weniger stressigen Job mit einer Nationalmannschaft zu widmen.
Nein, das Finanzielle allein wird bei einem der „vielseitigsten Bundestrainer“ (O-Ton ARD) nicht im Vordergrund stehen. Schon jetzt hat der Autor der demnächst erscheinenden Autobiographie „Feuer und Eis“ wirtschaftlich vorgesorgt. Mit Beteiligungen an einer Hostelkette auf Island, einer Pizzeria und einem Handel mit Autoteilen verdient er Geld.
Wer Details erfahren möchte, wie das alles geht – Spitzentrainer, Autor und Unternehmer -, kann Sigurdsson über eine Hamburger Agentur als Referent für Vorträge buchen. Wahlweise auf Deutsch oder Englisch!