Nach dem am heutigen Donnerstag verabschiedeten Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) können die Netzbetreiber auf der Höchstspannungsebene (380 Kilovolt) auf insgesamt vier Pilottrassen in Deutschland etwa in der Nähe von Wohngebieten eine Teilverkabelung unter der Erde beantragen. Sie sind dazu allerdings nicht verpflichtet. Eine der am heftigsten umstrittenen Stromneubau-Trassen durch die Uckermark im Nordosten Brandenburgs findet sich zudem nicht auf der Liste der Leitungen, in denen die teilweise Erdverkabelung möglich sein soll. „Eine generelle Verpflichtung der Netzbetreiber zur Erdverkabelung in besonders sensiblen Bereichen ist aber unausweichlich, wenn Bürgerinnen und Bürger vor Ort tatsächlich für den Ausbau gewonnen werden sollen“, sagte Peter Ahmels, Leiter Erneuerbare Energien bei der DUH.
Auf der Hochspannungsebene (110 Kilovolt) sei die Verkabelung unter der Erde längst Stand der Technik, viel kostengünstiger und technologisch erheblich weniger anspruchsvoll. „Deshalb brauchen wir bei Hochspannungsleitungen schon im Planungsstadium dringend eine gleichberechtigte Prüfung beider Varianten – Erdkabel oder Freileitung“, so Ahmels. Nach der nun verabschiedeten Regelung könne der Netzbetreiber einen Antrag auf Erdverkabelung stellen, er müsse es aber nicht. Ahmels: „Erklärtes Ziel des Gesetzes ist die Überwindung von Netzengpässen und die Minimierung möglicher Rückwirkungen auf Mensch und Umwelt infolge des Netzumbaus. Deshalb hätte der Abbau von Widerständen auf allen Seiten die zentrale Leitlinie des Gesetzgebers sein müssen. Das war leider nicht der Fall.“
Die DUH forderte zudem, die Stromnetze in einer einheitlichen Netzgesellschaft unter die Kontrolle des Staates zu bringen. Nur er sei letztlich in der Lage, die zentrale Infrastruktur Stromnetz diskriminierungsfrei und ohne wettbewerberliches Eigeninteresse auszubauen und zu betreiben.
Die DUH begrüßte ausdrücklich die EnLAG-Regelung, wonach neue Anlagen zur Stromspeicherung künftig von Netznutzungsentgelten befreit werden. Auch die Möglichkeit zur Erprobung der so genannten Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) sei ein Schritt in die richtige Richtung. Mit dieser Technologie können große Strommengen über große Distanzen verlustarm transportiert werden. Damit gebe es für Deutschland Chancen, in Zukunft auch bei den HGÜ zu den weltweiten Technologieführern zu gehören, sagte Ahmels.
Bisher werden Höchstspannungsleitungen fast ausschließlich als Freileitungen ausgeführt. Eine Erdverkabelung in der Nähe von Wohngebieten kann Konflikte verringern und die Akzeptanz erhöhen. Ein schnellerer Leitungsausbau vermeidet Engpässe bei der Weiterleitung erneuerbarer Energien. Der Ausbau deren Anteils am Strombedarf von heute 15 auf mindestens 30 Prozent im Jahr 2020 erfordert umfassende Netzumbauten und -erweiterungen. Das betrifft das 380 Kilovolt- Übertragungsnetz, aber vor allem die 110 Kilovolt-Ebene, in die der weitaus größte Anteil des Ökostroms eingespeist wird. Mehrkosten von bis zu 60 Prozent, die bei der Erdverkabelung in dieser Spannungsebene entstehen, können nach dem neuen Gesetz vom Netzbetreiber auf die allgemeinen Netznutzungsentgelte umgelegt werden – vorausgesetzt die Bundesnetzagentur erkennt sie in ihrer Höhe an.