Gut so: Aufholjäger auf dem Boden der Realität gelandet – Hertha BSC verabschiedet sich gegen Benfica Lissabon von der europäischen Bühne

Die Trauer hielt sich in Grenzen. Nach dem Spiel in Portugal kehrte bei den Spielern aus Berlin recht schnell der Blick für die wirklich wichtigen Dinge zurück. "Die waren in allen Mannschaftsteilen mindestens eine Klasse besser", resümierte Kapitän Arne Friedrich das Ergebnis nüchtern, "das darf uns aber für die Bundesliga nicht beeindrucken."

Sehr wahr.

Es ist ja unter den gegebenen Umständen durchaus schon als Erfolg zu sehen, dass die Berliner trotz größtenteils sehr mäßigen Leistungen in den Gruppenspielen überhaupt die K.O.-Runde erreicht hatten. Das dort ein anderer Wind wehen würde, war von vornherein klar.

Somit wäre ein Rückfall in den Hader der Vorrunde äußerst fatal.

Die von Fußballern so oft nach einem Ausscheiden in einem Wettbewerb reflexartig verwendete Floskel des "jetzt können wir uns ganz auf die Liga konzentrieren" macht jetzt natürlich auch in Berlin wieder die Runde.

Aber diesmal ist da auch was dran. Eine Doppelbelastung der sowohl mental als auch physisch jetzt hochgradig geforderten Funkel-Truppe wäre schlicht eine Überforderung zum jetzigen Zeitpunkt.

Bis jetzt hat Hertha BSC Berlin in der Rückrunde vieles richtig gemacht. In der Rückrundentabelle liegt man deutlich vor Teams wie Hamburg, Dortmund und Bremen. Direkte Gegner wie Hannover und Freiburg wurden überzeugend besiegt, Gekas und Kobiashvili, vor allem aber Kämpfernatur Florian Kringe haben sich gut in die Mannschaft eingefügt und scheinen mit ihrer Erfahrung das Team zu stabilisieren. Aber in dem sich abzeichnenden Vierkampf gegen den Abstieg zählt jeder Punkt, ein Nachlassen ist unter allen Umständen zu vermeiden.

Und trotz der euphorisierenden Wirkung, die Siege auf internationalem Parkett auf eine Mannschaft haben können, ist der Kader von Berlin derzeit nicht stark genug, um eine mehrfache Belastung zu stemmen.

Deshalb gilt es, trotz der Aufholjäger-Begeisterung bei den Berlinern im Kampf um den Klassenerhalt einen kühlen Kopf zu bewahren. In den nächsten Heimspielen müssen unbedingt Siege gelingen, um die Kontrahenten aus Nürnberg, Hannover und eventuell auch Freiburg frühzeitig hinter sich zu lassen. Denn die ganz dicken Brocken kommen bekanntlich erst ganz zum Schluss. Bis zum Spiel gegen Hoffenheim muss also die klare Klatsche gegen Lissabon aus den Köpfen der Spieler raus.

Trainer Friedhelm Funkel will seine Spieler schonen und ihnen im Training nicht zu viel abverlangen. Sie sollen sich die Müdigkeit aus den Knochen schlafen.

Nur das rechtzeitige Aufwachen darf bei dieser Kur nicht vergessen werden. Denn nur mit einem Sieg kann die in dieser Saison arg gebeutelte Hertha-Mannschaft das erste Mal seit fünf Monaten die rote Laterne eventuell aus der Hand geben. Das sollte Anreiz genug sein von Anfang an alles zu geben und nicht, wie in den bisherigen Rückrunden-Heimspielen, die erste Halbzeit schläfrig wegzuschenken.

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