Grenzenlos kreativ – Die kanadische Sängerin Lido Pimienta spielt auf „Miss Colombia“ mit ihren Identitäten

Lido Pimienta. © Photo, Credit: Daniella Murillo

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Meterlange Zöpfe, grellbunte Kleider und blumen-verzierte Schuhe – Lido Pimienta erregt Aufsehen. Die Sängerin ist afro-indianischer, kolumbianisch-kanadischer Herkunft und hat auch musikalisch vergleichbar viele Wurzeln. Rebellisch und nostalgisch zugleich, verzwirbelt sie lateinamerikanische Rhythmen mit elektronischen Beats und gerappten Versen. Das Aufeinanderprallen von Alt und Neu schlägt Funken.

Lido Pimienta begann ihre Laufbahn in Teenagerjahren als Frontfrau von Punk- und Metal-Bands. Dann wechselte sie zu einer Gruppe, die afro-kolumbianische Musik und Salsa spielte, bis sie schließlich nach Kanada zog. Markenzeichen wurde ihr kunterbunter, folkloristischer Look, der an die mexikanische Malerin Frida Kahlo erinnert.

„Miss Colombia“ heißt Lido Pimientas neue und dritte Einspielung, durch die sich hinkende Cumbia-Rhythmen wie ein roter Faden ziehen. Auslöser für das Album war die Verwechslung bei der „Miss Universe“-Wahl im Jahre 2015: Versehentlich hatte der Moderator die Krone der blonden, hellhäutigen Miss Kolumbien überreicht – anstatt der eigentlichen Siegerin von den Philippinen, die nach der Korrektur des Fehlers in den sozialen Netzwerken mit rassistischen Anfeindungen überschüttet wurde. Dieser Vorfall erinnerte Lido Pimienta an ihre eigene Kindheit im kolumbianischen Barranquilla, wo sie als schwarzes Mädchen immer wieder Rassismus erfahren hatte.

Das Album zeigt eine Reise in weibliche Gefühlswelten. Die Themen kreisen um Liebe und Verlust. Es gibt eine Reihe von kantigen und zugleich verspielten Love-Songs. „Te Quería“ (Ich liebte dich) pulsiert raffiniert als mehrstimmig verschachtelte Samba. Lido Pimienta vereint eine große Kunstfertigkeit im Umgang mit den technischen Möglichkeiten mit warmherziger Sinnlichkeit.

In „Pelo Cucu“ feiert sie trommelnd die störrische Textur ihrer afrikanischen Haare. Mit „Resisto y Ya“ schließt sie sich den kolumbianischen Massenprotesten gegen die konservative Regierung an.

Ein Song wurde zusammen mit der traditionellen afrokolumbianischen Gruppe „Sexteto Tabala“ aufgenommen wurde. Ein weiteres, mystisches, von scheppernden Gongs eingeleitetes Stück zeugt von Lido Pimientas Liebe zum traditionellen karibischen Porro. Der Hörer fällt hier gleichsam in einen suggestiven Strudel aus Blasinstrumenten und synthetischen Klängen. Dann wieder säuselt die Sängerin in einem ätherischen Sopran, der von scharfkantigen metallischen Beats angetrieben wird.

Eingerahmt ist die originelle Platte von dem a-cappella-Song „Para Transcribir“, der eingangs als einstimmige Sonnen-Version und am Ende als raunender Mond-Chor erklingt.

Bibliographische Angaben

  • Band: Lido Pimienta
  • Album: Miss Colombia
  • Veröffentlichung: 17.4.2020
  • Label/Vertrieb: ANTI- / Indigo
  • Heimatseite der Band im Weltnetz: https://www.lidopimienta.com
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