1998 hat sich die Neißestadt gemeinsam mit dem polnischen Stadtteil Zgorzelec zur Europastadt erklärt. Lutz Thielemann, Geschäftsführer der Europastadt GmbH für Wirtschaftsentwicklung, Stadtmarketing und Tourismus, sieht da viele Möglichkeiten, um Görlitz für Touristen aus nah und fern noch interessanter zu machen. „Unsere Lage im Dreiländereck macht eine der schönsten Städte Deutschlands zu einem idealen Ausgangspunkt für Kurztrips nach Tschechien und Polen“.
Mit Katrin Bartsch, Geschäftsführerin der traditionsreichen Landskron-Brauerei und seit diesem Frühjahr auch 1. Vorsitzende des Görlitzer Tourismusvereins, hat er da eine engagierte Partnerin. Im Spätsommer hatte sie Medienvertreter in das Touristenmekka am 15. Meridian eingeladen. WELTEXPRESS war dabei als es mit einem Stadtführer durch das historische Zentrum der Kreisstadt ging.
Start am Untermarkt mit dem imposanten Rathaus u. a. mit der prachtvollen Rathaustreppe aus der Frührenaissance. Treffpunkt nicht nur für Verliebte ist das Haus Untermarkt 23, dessen spätgotisches Portal ein wirklich funktionierender „Flüsterbogen“ ist. Typisch für den malerischen Platz sind auch die sogenannten Hallenhäuser mit ihren auffallenden Kreuzgewölben. Händler und Kaufleute stapelten früher hier ihre Tuche. Seit dem 13. Jahrhundert führte über den Obermarkt eine der wichtigsten europäischen Handelsstraßen, die VIA REGIA. In der Kaisertrutz am Reichenbacher Turm am Ende des Obermarkts ist noch bis zum 31. Oktober 2011 die 3. Sächsische Landesausstellung unter dem Motto „Via Regia – 800 Jahre Bewegung und Begegnung“ zu sehen. Auf fünf Etagen in der ehemaligen runden Kanonenbastei wird auf eindrucksvolle Weise das vielfältige Leben an und auf der ehemaligen Handelsstraße vor allem zwischen Frankfurt/Main und Krakau thematisiert. Geöffnet ist täglich von 10 bis 18 Uhr und am Freitag bis 21 Uhr (www.landesausstellung-viaregia.museum).
Weithin sichtbar ist die Peterskirche mit ihren neogotischen Türmen aus den Jahren 1889 – 1891. Die von Eugenio Casparini Ende des 17.Jh. errichtete Sonnenorgel gehört zu den schönsten Orgeln nördlich der Alpen. Unser Tipp: jeweils am Sonntag 12 Uhr gibt’s in der bekanntesten Kirche der Stadt ein kleines Konzert mit Erläuterungen der Orgel. Nur wenige Schritte entfernt kommt man zur Lausitzer Neiße. Von dem malerischen Terrassenufer des Restaurants „Vierradenmühle“ mit Grenzpfahl blickt man auf Zgorzelec, den polnischen Teil der Europastadt. Seit 2004 verbindet hier eine Fußgängerbrücke Deutschland und Polen. Bei einem Spaziergang auf der polnischen Seite der Neiße kommt man auch am Jacob-Böhme-Haus vorbei, kann in einem der neuen Restaurants mit Panoramablick auf die Görlitzer Altstadt das polnische Nationalgericht Bigos probieren. Nach einem Besuch des im wilhelminischen Neobarock erbauten städtischen Kulturhauses „Dom Kultury“ kann man über die Straßenbrücke zurück nach Görlitz gelangen. Im Stadtpark neben der denkmalgeschützten Stadthalle (sie soll nach Restaurierung wieder der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden) befindet sich der Stein, der an den 15. Längengrad erinnert, der die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) bestimmt.
Den Namen des 420 Meter hohen Hausbergs von Görlitz, Landeskrone, trägt die über 140 Jahre am Neißeufer produzierende Brauerei. In der seit 1869 bestehenden privaten Brau-Manufaktur Landskron werden derzeit zwölf Bier-Spezialitäten hergestellt. Mit rund 165 000 Hektolitern pro Jahr ist Landskron die größte Brauerei in Deutschland, die ihre oft ausgezeichneten Biere nach dem Prinzip der traditionellen offenen handgeführten Gärung und Lagerung herstellt. Bei einem Besuch der Brau-Manufaktur kann man die bis zu zwölf Meter tiefen Gewölbekeller mit den Gärbottichen besuchen und dabei u. a. auch das Zwickelbier, ein leckeres Kellerbier, verkosten. 50 km um den Fabrikschornstein herum ist die KULTurBRAUEREI zugleich die größte Veranstaltungsstätte der Region mit bis zu 60 000 Gästen im Jahr. 2003 wurden auf dem vier Hektar großen historischen Brauereigelände Szenen für die Hollywoodproduktion „In 80 Tagen um die Welt“ mit Jackie Chan gedreht. 2010 wurde die Landskron-Brauerei, die im Frühjahr 2011 ihre neue Faßbrause u. a. im pinkfarbenen 5-Liter-Partyfaß überaus erfolgreich auf den Markt gebracht hat, durch den Computerhersteller Fujiutsu als „Umweltfreundlichstes Unternehmen Deutschlands“ ausgezeichnet.
Ausgezeichnet geschmeckt hat uns auch das für Touristen angebotene Bier-Kulinarium im Romantik-Hotel Tuchmacher. Bei dem von Braumeister und Geschäftsführer Matthias Grall und Hotelchef Martin Vits im Restaurant „Schneider Stube“ des liebevoll restaurierten ehemaligen Renaissance-Patrizierhaus vorgestellten 4-Gang-Menüs gab`s korrespondierende Landskron-Brau-Spezialitäten. Ein völlig neuer Biergenuss!
Keinesfalls versäumen sollte man bei einem Besuch in der Heimatstadt von Michael Ballack und dem Produktionsort der Doppelstockzüge auch einen Besuch des Heiligen Grabs, das der Görlitzer Georg Emmerich 1504 nach seiner Rückkehr von einer Pilgerreise nach Jerusalem als Kopie errichten ließ. In der Fachwelt gilt es als besonders wertvoll. Den Abschluß der alljährlichen Görlitzer Festtage bildet der stimmungsvolle „Schlesische Christkindelmarkt“ vom 2. bis 11. Dezember 2011. In weihnachtlicher Atmosphäre werden Kunsthandwerk und gastronomische Spezialitäten aus der Region sowie aus Polen und Böhmen präsentiert. Auch hier lohnt sich eine Reise für Genießer und Entdecker.
Doch bis dahin gibt’s in Görlitz auch noch einiges zu erleben, z. B. bei interessanten Führungen mit dem Nacht- oder Stadtwächter, mit dem schlesischen Tippelweib oder dem Görlitzer Schreyhals, der von einem mittelalterlichen Spielmann begleitet wird.