„Was hat dich nur hierher verschlagen? Dein Platz ist der Ring.“, fragt ein englischer Kriegsgefangener, den Schmeling während seines Fronteinsatzes bewachen soll. Regisseur Uwe Boll, der mit seiner Filmbiografie über „Max Schmeling – Eine deutsche Legende“ seinen ersten deutschsprachigen Film seit 15 Jahren dreht, ist der Verantwortliche. Seinen talentlos gespieltes und platt in Szene gesetzten Abriss über Max Schmelings Weltmeister-Karriere, Ehe mit Anny Ondra (Susanne Wuest) und gescheitertes Comeback nach Kriegsende wähnt Boll in der Tradition von „Raging Bull“ und „Rocky“. „Das Publikum ist empfindlich.“, weiß hingegen Anny. Alberne Dialoge, das unausgegorene Drehbuch und die amateurhaften Darstellungen machen „Max Schmeling“ zur Tortur. Noch eklatanter ist Bolls Glorifizierung des Hauptcharakters, die jeden Ansatz von psychologischer Tiefe verhindert. Schmeling bewahrt Annys Dienstmädchen vor der Verschleppung, eilt Juden in der Reichspogromnacht zu Hilfe und versteckt sie bei sich daheim. Auch im Alltagsleben ist der harte Zarte freigiebig, respektvoll,tolerant, ein fairer Kämpfer, nie verzagt, aber dennoch Realist, mutig, verständnisvoll, charmant…
Den englischen Soldaten lässt der Boxer im Zweiten Weltkrieg selbstredend laufen, nicht ohne den Proviant mit ihm zu teilen. Zwei Fäuste für ein Halleluja. Dass der reale Schmeling seine Rolle als prominenter Boxer nutzte, um im Auftrag des Nazi-Regimes die Amerikaner zur Teilnahme an der Olympiade in Berlin zu überzeugen, erwähnt Boll nicht. Die „grenzenlose Naivität“, als die Max Schmeling sein Handeln später bezeichnete, übersteigert der Regisseur auf der Leinwand dafür ins Groteske. So hartnäckig, wie der Hauptcharakter die nationalsozialistische Bedrohung herunterspielt, wundert nicht, dass Goebbels (Rolf Peter Kahl) nur einen Kurzauftritt hat. Die Verharmlosung des Film-Schmelings sind Propaganda genug. Trotz der plakativen Idealisierung des Filmhelden innerhalb der Handlung erscheinen die lachhaften Dialoge, die Boll ihm in den Mund legt, und Maskes plumpe Darstellung fast eine Beleidigung.
Bescheinigt sich Maske als Schmeling „fehlende Reaktionskraft und mangelnde Reflexe.“, gilt dies auch für sein Schauspielvermögen. Er ist ein mimischer Monolith, zur minimalsten Regung unfähig. Einzig im Ring wirkt seine Darbietung realistisch. Hier bewegt sich der Ex-Profi auf vertrautem Terrain. Seinen Dialekt zu verbergen bemüht er sich hingegen nicht. Das internationale Figurenensemble spricht dafür untadeliges Deutsch. An der dramatischen Authentizität kratzt dieser unwahrscheinliche Umstand nicht. Realismus entsteht aufgrund der schlampigen Inszenierung erst gar nicht. Alle Kämpfe werden im selben Ring ausgetragen, kommentiert von ein und demselben Moderator. Tonbandaufnahmen von Publikumsrufen und ein paar Nahaufnahmen einzelner Zuschauer sollen Menschenmassen vorgaukeln. „Das ist nicht Ernst. Das ist Lächerlich.“, gibt sogar Schmelings Manager zu. Für Maske und Boll könnte nach ihrem missglückten Kinoauftritt eher der Titel eines älteren Boxerfilms gelten: „They never come back“.
Titel: Max Schmeling – Eine deutsche Legende
Land/ Jahr: Deutschland 2010
Genre: Drama
Kinostart: 7. Oktober 2010
Regie: Uwe Boll
Drehbuch: Timo Berndt
Darsteller: Henry Maske, Susanne Wuest, Heino Ferch, Vladimir Weigl, Yoan Pablo Hernandez, Arved Birnbaum, Arthur Abraham, Manfred Wolke, Christian Kahrmann
Kamera: Mathias Neumann
Schnitt: Charles Ladmiral
Laufzeit: 124 Minuten
Verleih: Central