Gegen den Zeitgeist der Glubschaugen – Annotation zum Hörbuch „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth

© der Hörverlag

Spätestens seit den 1960 gilt Horváth als klassischer Kritiker der Moderne und noch heute wird sein Werk aufgelegt wie jüngst von Udo Lindenberg und Jan Delay mit ihrem Lied „Ganz anders“ in dem es heißt: „Ich bin eigentlich ganz anders, aber ich komme nur so selten dazu.“

„Jugend ohne Gott“ ist nach „Sechunddreißig Stunden“ aus dem Jahr 1929 sowie „Der ewige Spießer“ aus dem Jahr 1930 der dritte Roman von Horváth. Sein 1937 veröffentliches Buch wurden ein Jahr später in acht Sprachen übersetzt.
Der Hörverlag, der „Jugend ohne Gott“ von als von Uwe Schareck, der auch die Regie führte, hier und heute als bearbeitetes Hörspiel mit einer Laufzeit von 53 Minuten, auf der Matthias Bundschuh, Daniel Rothaug, Lucie Heinze, Max von der Groeben, Martin Reinke und vielen anderen in einer Produktion des Westdeutschen Rundfunks (WDR) Köln aus dem Jahr 2013zu hören sind, auf einer CD vorlegt, erläutert zum Inhalt: „Irgendwo in Deutschland kurz vor der Machtübernahme Hitlers: Ein junger Lehrer bemüht sich um die moralsiche Erziehung seiner Zöglinge, er möchte Sätze wie „Alle Neger sind hinterlistig, feige und faul“ nicht in Schulaufsätzen lesen. Doch der Druck von Eltern, Schülern und Schulleitung wächst. Als ein Mord geschieht und der Lehrer sich mehr und mehr in einem Netz aus Lügen verstrickt, wird der Aufenthalt in einem Zeltlager für die ganze Klasse zur Zerreißprobe.“
Das sich über die Wendung einer freien deutsche Jugend zur Hitler-Jugend drehende Werk von Horváth, in dem Schüler zu Buchstaben ohne Persönlichkeit gleich Menschen mit Nummern in Konzentrationslagern werden, schreibt er aus der Sicht eines Lehrers als Ich-Erzähler in einfacher Sprache mit kurzen Sätzen bis hin zu Einwortsätzen. Der Lehrer, erst Opportunist in einem sich militarisierenden autoritären Staat, entpuppt sich als Außenseiter, ist Protagonist der Weimarer Republik und trotz aller Kritik am Dritten Reich und seinem Kleinbürgertum am Ende mit seinem Latein, weil er nicht nur aus der Sicht des Erlebenden erzählt sondern auch im Präsens politisch das „Das Zeitalter der Fische“, wie der Ex-Altphilologen Julius Cäsar im Stück formuliert, reflektiert, und zum Schluß der „als Neger zu den Negern“ auswandert. In Wikipedia heisst es dazu im Artikel zu „Jugend ohne Gott“: „Emotionslos und kalt erleben sie (die Schüler, d. A), was um sie herum geschieht, schwimmen aber nie aus dem schützenden Schwarm heraus, da sie sich nur von außen leiten lassen und sich nur Wenige über sich selber oder die momentane gesellschaftliche Situation Gedanken machen.“
Horváth wendet sich mit seinem Werk gegen den Zeitgeist der Glubschaugen, was sein Buch 1938 auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“. Dabei sollte sein Inhalt statt im Feuer zu verbrennen immer wieder in die Ohren gehen, damit das Werk „Jugend ohne Gott“ des von den Faschisten verbotenen Autors Ödön von Horváth im Kopf bleibt. Ja zum Hörbuch. Nein zum Faschismus.
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Ödön von Horváth, Jugend ohne Gott, mit: Matthias Bundschuh (als Lehrer), Wolf Aniol (als Pfarrer), Josef Tratnik (als Feldwebel), Max von der Groeben (als Schüler T), Martin Reinke (als Richter), Lucie Heinze (als Eva), Wolfgang Rüter (als Direktor) und viele andere, Hörspielbearbeitung und Regie: Uwe Schareck, eine CD, Laufzeit: 53 Minuten, Regieassistenz: Katarina Schnell, Redaktion: Ursula Schregel, Technik; Benedikt Bitzenhofer und Jeanette Wirtz-Fabian, Produktion: WDR, Köln 2013, Verlag: der Hörverlag, Web: www.hoerverlag.de, Erscheinungstermin: 27. April 2015, ISBN: 978-3-8445-1576-3, empfohlender Verkaufspreis: 10,95 EUR (D)
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96d%C3%B6n_von_Horv%C3%A1th
http://de.wikipedia.org/wiki/Jugend_ohne_Gott
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