Es stellte sich heraus, dass Deutschlands führendes Nachrichten-Magazin auch einen Schreiber an den Ostrand Berlins geschickt hatte. Eine Erfolgsstory Ost war angesagt. Motto: „Auferstanden aus Ruinen“ und nicht dem Kommerz-Kapitalismus zum Opfer gefallen!
Denn Besitzer Gerhard Schöningh konnte in allen relevanten Daten – Rennpreise, Besucher pro Renntag, Starter pro Rennen, Wettumsatz pro Rennen – Steigerungen zum Vorjahr verkünden.
Bemerkenswert beim Gesamt-Trend des Pferderennsports, der – drastisch bei Trabrennen, deutlich im Galoppsport – in Deutschland in einer Abwärtsspirale trudelt. In der Hauptkategorie Wettumsatz hat sich Hoppegarten unter den sechs nationalen Großbahnen hinter Baden-Baden und Hamburg auf Rang drei platziert.
Weil sportliche Höhepunkte – an allen Renntagen attraktive Gruppe- oder Listenrennen – medial stärker widergespiegelt wurden, Fremd-Veranstaltungen (Messe für Garten- und Landmaschinen/ Polo-Cup) erfolgreich über die Bühne gingen, der Status „Denkmäler nationaler Bedeutung“ Fördermittel zur Sanierung nach Hoppegarten fließen lassen und die ansässigen Spitzen-Trainer soviel Preisgelder und Siege/Platzierungen wie seit 1990 nicht kassierten, verkündete Schöningh: „Ich habe noch vor einem halben Jahr nicht gewagt, so etwas auszusprechen, aber jetzt sage ich: Wir wollen die Nummer eins in Deutschland werden.“
Dabei soll und will der neue Geschäftsführer Stephan Buchner mithelfen. Der 47-jährige Rechtsanwalt ist seit 25 Jahren im Galoppsport zuhause. Kennt das Metier in vielen Facetten – war Reiter, hat die Trainer-Lizenz, wechselte dann in diverse Leitungs- und Führungsfunktionen in Baden-Baden und anderswo. „Er ist der richtige Mann für Hoppegarten“, lobte Schöningh.
Der Besitzer hatte das Filetstück, bis 1945 die bedeutendste Rennstätte für Galopper, 2008 erworben und das nationale Kulturgut in diesem Sektor vor dem Aus bewahrt. Schöningh hatte bereits vor seinem beruflichen Wechsel als Investmentbanker nach London seine Affinität zum Pferdesport entdeckt. Auf der britischen Insel, wo der moderne Rennsport einen ungleich höheren Stellenwert und eine Riesentradition hat, wurde diese Leidenschaft ausgebaut. Er leistet sich dann von seinen Millionen-Erlösen als Banker den Luxus, das einstige deutsche Paradestück zu erwerben.
Und dabei alle Vorgaben des Landes Brandenburg, des Vorkriegs-Besitzers Union Klub, der angrenzenden Gemeinden Hoppegarten/Neuenhagen sowie der Denkmalbehörden zu akzeptieren. Mit der Hauptbestimmung, die Bahn in seiner Form und Bestimmung zu erhalten.
Etliche Jahre nach dem Mauerfall hatten Immobilien-Spekulanten oder Heuschrecken-Investoren um das Areal samt Naturschutz-Umfeld gebuhlt. Und die Treuhand und ihr Nachfolger BVVG hatten nicht gewagt, dieses historisch wertvolle Stück Land inklusive sanierungsbedürftiger Bauten an fragwürdige Interessenten zu verhökern…
Wieviel Pferdefan Schöningh in das Projekt investiert hat und welches Minus die Bahn – wie fast alle aktuell in Deutschland – jährlich macht, darüber gibt es keine Auskünfte.
Zwei von geplanten zehn Renntagen konnten 2013 nicht realisiert werden. Die Saisoneröffnung wegen Frost und Schnee im April sowie der Spät-Renntag im Oktober wegen einer Terminkollision. 2014 soll es elf Renntage geben. Mit dem Höhepunkt Großer Preis von Berlin im August.
Trainer Uwe Stech, 22 Siege in diesem Jahr, sein Kollege Roland Dzubasz sogar 58 und damit zweitbester in Deutschland, informierte über eine hochinteressante Reiter-Verpflichtung: Der 18-jährige Sensationssieger im diesjährigen 123. Großen Preis von Berlin (Gruppe I), Dennis Schiergen, wird für ihn 2014 alle Pferde reiten, die über 56 kg tragen müssen! Der junge Mann aus Westdeutschland, Sohn der Jockey- und Trainerpersönlichkeit Peter Schiergen, hat Hoppegarten den Vorzug gegeben.
Das spricht für die Qualitätsarbeit bei den genannten Trainern, der dritte in der Erfolgsreihe ist Christian Zschache, auf einem Gelände und einer Trainierbahn, die „die besten Trainingsbedingungen in Deutschland bietet“.
Stech betreut gegenwärtig 20 bis 25 Pferde, Dzubasz hat mehr als das Doppelte unter seinen Fittichen. Insgesamt werden derzeit rund 140 hier trainiert. „Da sind noch deutliche Reserven“, sagt Stech, seit 1977 vor Ort. Vor dem Mauerfall standen hier beim Volkseigenen Rennstall mit staatlicher Unterstützung mehr als 400 Vollblüter in den Ställen. Zur Blütetzeit vor dem Kriege waren es mehr als 600.
„Ja, da wollen wir noch zulegen und Hoppegarten zur führenden Trainingszentrale ausbauen“, verkündet Schöningh ein weiteres Detail seiner ehrgeizigen Zukunfts-Pläne.