Diverse Reihen gliedern das Festival: "Views of the World", "Stories to Tell", "Recordings of Memory", "Portraits: Human Journeys", "Planet in Peril" und "Habitat" sind nur einige davon.
Ein kleiner, spannender Fokus lag auf Filmen aus Nordkorea, dem wohl immer noch am meisten isolierten Land der Erde. "Welcome to North Korea!" begleitet eine Gruppe tschechischer Touristen verschiedenen Alters auf ihrer Rundreise durch das Land. Natürlich durften diese nur mit offizieller Aufpasserin unterwegs sein, die enorme Probleme bekommen würde, sobald sich ihre Schäfchen nicht ordentlich verhalten. Interessant auch, wie die älteren der Reisenden, die noch selbst den Alltag im Sozialismus erfahren haben, sich zurückerinnern.
"Kimjongilia" heißt eine Blume, die nach Kim Jong Il benannt wurde. Der gleichnamige Film versucht sich ebenfalls Nordkorea zu nähern, einem Land, das in aller Welt diskutiert wird, aber über das wenig bekannt ist. Regisseurin N.C. Heikin interviewt Nordkoreaner, denen die Flucht aus den zahllosen Arbeitslagern geglückt ist. Ein junger Mann, der in einem Lager geboren wurde, berichtet, wie er nach seiner Flucht vom ganz normalen Alltag in Nordkorea völlig geschockt war. Er wusste nicht einmal, dass es außer Reis und Brot auch anderes Essen gibt. Er hatte nie zuvor in seinem Leben Fleisch, Obst oder Gemüse gegessen.
"Yodok Stories" des polnischen Filmemachers Andrzej Fidyk ist Teil des Fokus auf dessen Arbeit (es werden vier Filme von ihm gezeigt) und handelt von einem Musical, das Flüchtlinge aus Nordkorea in Südkorea proben. Es reflektiert das Leben in den Lagern, in denen momentan geschätzte 200.000 Menschen inhaftiert sind.
Ebenfalls aus Asien stammt der Debütfilm des chinesischen Regisseurs Lixin Fan, der 2009 von China nach Kanada emigrierte. In "Last Train Home" beschreibt er die mühevolle Reise, die chinesische Arbeiter Jahr für Jahr auf sich nehmen, um zum chinesischen Neujahrsfest ihre Familien zu besuchen, die sie den Rest des Jahres über nicht sehen. Der Film folgt einer Familie, die sich immer mehr voneinander entfremdet, da die Eltern in einer Großstadt in der Fabrik arbeiten und die Kinder nur einmal im Jahr sehen. Millionen von Chinesen sind dann auf Reisen. "Last Train Home" zeigt die Massen in Bewegung in beeindruckenden Bildern.
"When the Dragon Swallowed the Sun" folgt dem schwierigen Weg des noch sehr jungen, neuen tibetanischen Königs, der bei der Ausübung seines Amtes nicht nur von der chinesischen Regierung sondern auch von eigenen Landsleuten behindert wird. Der Film untersucht den Konflikt zwischen Chinesen und Tibetern aus diversen Perspektiven und interviewt Dutzende von Menschen, um so ein vielseitiges Porträt eines Konflikts aufzuzeigen, bei dem sich jeder seine eigene Meinung bilden soll. Der aus Ostdeutschland stammende, in den USA lebende Regisseur und Produzent Dirk Simon hat 800 Stunden Material gefilmt und sieben Jahre seines Lebens in dieses komplexe Filmprojekt investiert. Es ist ihm dabei gelungen, etablierte Musiker wie Philipp Glass, Thom Yorke und Damien Rice für die Mitarbeit an seinem Soundtrack zu gewinnen.
Über ein Jahrzehnt hat der kambodschanische Journalist Thet Sambath seinem Projekt gewidmet, die Wahrheit aus Nuon Chea, besser bekannt als "Bruder Nummer Zwei", herauszuholen. Nuon Chea war jahrelang die rechte Hand Pol Pots, dem Führer der kambodschanischen "Roten Khmer", unter deren Herrschaft von 1975 bis 1979 etwa zwei Millionen Landsleute starben. Zehn Jahre lang besuchte er den 1926 geborenen alten Mann jedes Wochenende auf dem Land, um dessen Vertrauen zu gewinnen und ihn zum Reden zu bewegen. Angetrieben zu dieser mühevollen Recherche hat ihn seine eigene Biografie: Sein Vater wurde von den "Roten Khmer" vor seinen Augen ermordet, seine Mutter wurde danach gezwungen, einen Soldaten der "Roten Khmer" zu heiraten. Gemeinsam mit dem britischen Regisseur Rob Lemkin hat er nun "Enemies of the People" geschaffen, der zutiefst berührt und gleichzeitig ein wichtiges Dokument kambodschanischer Zeitgeschichte ist.
Viele weitere beeindruckende Dokumentarfilme können an dieser Stelle leider nur kurz erwähnt werden, etwa Bosse Lindquists "The Genius and the Boys", der sich im ersten Teil den enormen wissenschaftlichen Erfolgen von Carleton Gajdusek widmet, die vom Empfang des Nobelpreises durch die schwedische Königin gekrönt werden, und im zweiten Teil dessen Privatleben, in dem er für Sex mit Minderjährigen an den Pranger gestellt wird. "The Tunnel Dwellers of New York" widmet sich Menschen, die in New Yorks verzweigtem und verschachtelten Kanalsystem leben – ein finsteres Porträt. "About Face: The Story of Gwendellin Bradshaw" ist ein sehr intimer Film über das Nachbarsmädchen der Regisseurin. Diese wurde von ihrer Mutter in ein Feuer geworfen als sie wenige Monate alt war und muss mit den Folgen dieser Verbrennungen leben. Während des Films begibt sie sich auf die Suche nach ihrer abgetauchten Mutter, die als Obdachlose gemeldet ist.
Sehr sehenswert war auch der Tribut für den niederländischen Dokumentarfilmavantgardisten Joris Ivens, dessen frühe Werke gezeigt wurden, u.a. seine in der Filmgeschichte legendären Kurzfilme aus den späten 20er Jahren, "The Bridge", "Rain" und "Philips Radio". Auch Krzystof Kieslowski wurde Tribut gezollt, und seine Dokumentarfilme aus den 60er und 70er Jahren wurden gezeigt – eine seltene, sehr schöne Gelegenheit, sich auch mit einmal mit der dokumentarischen Arbeit dieses vor allem für seine Spielfilme bekannt gewordenen Regisseurs auseinanderzusetzen.