Sand ungeschlagen
SC Sand Manager Gerald Jungmann war am Spielende überglücklich und sichtlich gerührt. Für ihn war es das Wunder von Jena: " Die Mannschaft hat eine tolle Leistung hingelegt.“ Dem bisher sehr erfolgreichen Jahr wurde mit dem Einzug ins Halbfinale die Krone aufgesetzt. Der Sportclub Sand blieb in allen Pflichtspielen in der Rückrunde der vergangenen Saison sowie als Herbstmeister der 2. Liga Süd ungeschlagen und in allen vier Pokalspielen gab es noch keinen Gegentreffer.
Jena vorgewarnt
Für den Thüringer Erstbundesligisten ist der neuerliche Traum vom Kölner Endspiel im Rhein-Energie-Stadion bereits im Viertelfinale geplatzt. Ganz überraschend kam die 0:2- Niederlage allerdings nicht. Nach dem deutlichen 0:3 vor Wochenfrist in Duisburg und der Tatsache, dass der Pokal-Gegner eben jene Duisburger Mannschaft vom Niederrhein in der letzten Runde mit einem 6:0 nach Hause schickte, sollten die Saalestädterinnen gewarnt gewesen sein.
Starke Defensivarbeit
Und nicht zu vergessen: der SC Sand hat mit Rebekah Stott (Neuseeland), Mallori Lofton-Malachi (USA), Allison Scurich (Kroatien), Isabelle Meyer (Schweiz) und Ilaria Mauro (Italien), die aktuell Führende in der Torschützenliste der 2. Liga Süd, internationale Klasse aufzubieten und mit der Ex-Turbine Patricia Hanebeck eine starke regieführende Spielgestalterin auf dem Platz. Obwohl die Wendling-Elf mit Duisburg und Jena zwei Erstligisten aus dem Weg räumen musste, die starke Defensivarbeit bekam auch der USV Jena im eigenen Stadion zu spüren.
Knipserin vom Dienst
Rebekah Stott, deren Einsatz erst Minuten vor Spielbeginn sicher war, schickte im einem Blitzstart Patricia Hanebeck auf der rechten Seite auf die Reise. Wohlgemerkt es war der erste Spielzug nach dem Spielbeginn und erst 12 Sekunden gespielt. Hanebecks präzise Flanke in den Strafraum köpfte Torjägerin Ilaria Mauro, die sich als Knipserin vom Dienst nicht zweimal bitten ließ, zur 1:0-Führung (1.) in die Jenaer Maschen. Auch die italienische Nationalstürmerin war unter der Woche verletzt, sie wurde erst im letzten Moment nominiert. Das Sekundentor warf natürlich Jenas Vorhaben gänzlich über den Haufen. Wie gegen Duisburg lief man von Anfang an einem schnellen Rückstand hinterher.
Ungenau im Abschluss
Jena gelang es in der Folge, das Spiel zu kontrollieren. Mit emsigen Offensivaktionen über die Außen drängten die Kraus-Schützlinge auf den Ausgleich, immer wieder angetrieben von den lautstarken Jenaer Power Fans. Der Ball lief gut durch die Reihen der Gastgeberinnen – zumindest bis an den Sander Strafraum. Dann fehlte ein ums andere Mal die Präzision. Entweder fing die groß gewachsene Keeperin der Gäste die hohen Flanken ohne Probleme weg, war als aufmerksam mitspielende Torfrau den Tick eher am Ball oder musste gar nicht eingreifen, weil Jena die Angriffe zu ungenau abschloss.
Tatendrang nahm nicht ab
„Danach hatte Jena gefühlte 80 Prozent Ballbesitz“, bezeugte Sands Co-Trainerin Claudia von Lanken kurz nach dem Spiel. Doch zwingende Chancen erarbeitete sich Jena nicht. Sands Torfrau, die US-Amerikanerin Mallori Lofton-Malachi, konnte sich auf die Abwehrarbeit ihrer Mitspielerinnen verlassen, sie zeigte vor allem bei hohen Bällen ihre Präsenz. Jena spielte laut Sands Trainerin eher umständlich. Da wurde der Ball quer gelegt, um danach mit hohen Bällen die sichere Sander Defensive zu überwinden. Doch die Brechstange fand keinen Ansatzpunkt, das dicht gefügte Bollwerk zu knacken. Der Tatendrang der Gastgeberinnen nahm zwar nach dem Wechsel nicht ab.
Schnelles Umschalten
Dem sichtlichen Bemühen fehlte weiterhin die zündende Idee, die kompakt stehende Sander Defensive zu elimenieren. Dem FF USV lief die Zeit davon. Als sich Carolin Schiewe zehn Minuten vor dem Abpfiff nach einer massiven Offensivaktion in der gegnerischen Hälfte festlief, zeigte der SC Sand eindrucksvoll, wie schnelles Umschalten auf Angriff funktioniert. Nachdem Angela Migliazza den Ball zwischen den beiden Innenverteidigerinnen durchgespielt hatte, ließ die kurz vorher eingewechselte Christine Veth mit links und einem Heber hoch neben den Pfosten zum 2:0 (82.) Jenas Torfrau Michel keine Chance.
Mut zum Risiko
„Am Ende zählt das Ergebnis. Es war wichtig, dass Ilaria und Rebekah noch kurzfristig zum Einsatz kamen und wir dadurch mit der eingespielten Formation auflaufen konnten“, analysierte Co-Trainerin Claudia von Lanken. Zu Gute halten muss man den Saalestädterinnen, dass sie selbst nach zweiten Tor nicht aufsteckten. Der Mix aus Brechstange und Mut zum Risiko kam aber definitiv zu spät. Sand machte aus drei Chancen zwei Treffer, spielte über 90 Minuten routinierter und effektiver und steht damit verdient im Halbfinale des DFB-Pokals.
Kräftig gefeiert
Jetzt möchten die Südbadenerinnen natürlich auch die Chance auf den Einzug ins Pokalfinale am 17. Mai 2014 in Köln nutzen. Sie hoffen darauf, dass sie für das Halbfinale Mitte April ein Heimspiel zugelost bekommen. Sowohl Manager Gerald Jungmann als auch Co-Trainerin Claudia von Lanken möchten nicht unbedingt der Übermannschaft 1. FFC Frankfurt begegnen, sie hoffen dieser Konstellation aus dem Wege gehen zu können. Entweder die SGS Essen oder ein Derby gegen den zweiten südbadischen Halbfinalisten SC Freiburg im Sander Kühnmattstadion. Doch vorher wurde kräftig gefeiert. Denn die Mannschaft blieb nach dem Spiel in Jena und stieß dort auf das erfolgreiche Jahr an.
Organisatorischer Neubeginn
Claudia von Lanken im Überschwang der Gefühle: „Heute wird der Glühweinstand gerupft, daran kommt keine vorbei.“ Eine Siegesfeier im vorweihnachtlich pittoresk anmutenden Jena – die Frauen des SC Sand sind die Überraschungsmannschaft der Stunde. Aus Sicht der Südbadenerinnen war es ein kolossal erfolgreiches Jahr. Jena hingegen tritt auf der Stelle. Torjägerin Amber Hearn zeigt derzeit Ladehemmung im Abschluss. Organisatorisch versucht der FF USV Jena im Januar einen Neubeginn. Der Vertrag mit der derzeitigen USV-Geschäftsführerin Anja Kunick läuft Ende Januar 2014 aus. Das Engagement wurde nicht verlängert. Die Zeit drängt.
Sportliche Förderung
Der thüringische Vorzeigeverein FF USV Jena kann mit einem berechtigten Stolz den kommenden Herausforderungen entgegentreten. Mit viel Engagement haben die vielen ehrenamtlichen Helfer rund um den Spielbetrieb, die Trainer, sowie die Verantwortlichen ins Zeug gelegt und haben systematisch am Aushängeschild "Frauenfussball" in Mitteldeutschland gearbeitet. Heidi Vater, die längjährige Spielerin und Trainerin des FF USV Jena lobte die sportliche Entwicklung: "Es freut mich zu sehen, welche Entwicklung Susann Utes, Julia Arnold, Lisa Seiler und Sabrina Schmutzler genommen haben, wenn auch Letztere derzeit verletzt ist. Nicht zu vergessen natürlich auch die Nachwuchsspielerinnen, die eine sehr gute sportliche und schulische Förderung durch das Sportgymnasium erhalten."
Nachhaltige Impulse
Jenas relativ kleiner Kader bedarf perspektivisch gesehen in den kommenden Wochen der Auffrischung mit zusätzlichen Top-Spielerinnen, damit die nächsten Jahre vorne im Oberhaus mitgespielt werden können. Das jüngst unterzeichnete Regionalkonzept des Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) für den thüringischen Frauenfussball zeigt Wege zur Absicherung der Rahmenbedingungen im Jugendbereich. Der FF USV Jena steht hier als Top-Ausbildungsverein und gewohnt höchster Leistungsspitze im Mittelpunkt der Strukturen. Der derzeitige hervorragende 5. Platz im Oberhaus darf den Thüringer Verein aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Wettbewerb in der 1. Bundesliga immer mehr an umfeldgerechter Manpower verlangen wird. Effektiv geführtes Ehrenamt und Sponsoreneinbindung ganz Thüringens heißen hier die Zauberwörter, die es gilt mit realer Lebensnähe zu erwecken. Insofern ist die verdiente Pokal-Niederlage jetzt kein Beinbruch, da der Verein sich jetzt auf hohem Niveau im sportlichen Zeitfenster, auf in der Tat zukunftsgerichtete Erneuerungen und Neuverpflichtungen konsolidieren und konzentrieren kann. Die Stärke Jenas – der Kampfgeist und die mannschaftliche Geschlossenheit – bedürfen nachhaltiger Impulse durch einen organisatorisch neu formierten Overhead des Vereines. Der sportlich erfolgreiche FF USV Jena ist auf einem guten Weg.
So spielten sie
FF USV Jena: 30-Stenia Michel – 3- Abby Erceg; 33-Carolin Schiewe; 23-Laura Brosius; 18- Vivian Beil (8- Löser, 65.); 31- Julia Arnold; 19- Iva Landeka; 17. Lisa Seiler ; 6- Susann Utes; 2- Ria Percival; 10- Amber Hearn – Trainer Daniel Kraus
SC Sand: 21- Malloro Lofton – Malachi – 3- Rebekah Stott (13- Noémie Freckhaus. 89.); 5- Alliston Scurich; 7- Anne van Bonn; 8- Julia Ziernstein; 10- Patricia Hanebeck; 11- Angela Migliazza; 15- Ilaria Mauro (9- Christine Veth, 76.); 16- Stéphanie Wendlinger; 19- Jeanne Haag; 23- Isabelle Meyer – Trainer Dieter Wendling
Tore: 0:1 (1.) I. Mauro; 0:2 (82.) C. Veth
Schiedsrichterin: Diem Hussein (Bad Harzburg)
Zuschauer: 368