Severo-Kurilsk, Ochotskisches Meer, Russland (Weltexpress). Von hoher Brückenwarte beobachtet Naturfan Oliver Krüß unablässig die See. Wenn sich etwas bewegt, greift er spontan zum Mikrofon: „Meine Damen und Herren, schauen Sie mal nach Backbord, etwa in Richtung elf Uhr, da blasen zwei Pottwale!“
Prompt ändert er den Kurs des Schiffes und folgt dem Weg der Tiere, bis sie in Fotoreichweite kommen. Dazu liefert er Informationen wie ihre erstaunlichen Tauchzeiten von 90 Minuten und –tiefen bis 1200 Meter. Auch Finn-, Grönland-, Grauwale und Orcas werden gesichtet und sind eine Attraktion. Sie suchen in dem nahrungsreichen, kalten Auftriebswasser nach Nahrung. Die Relingsgäste greifen zu ihren Ferngläsern und geraten bei der Walbeobachtung – vor Sachalin kommem wir per Zodiac in Greifnähe an die Riesen heran – jedes Mal in Verzückung. So auch später bei drei Kamtschatka-Bären. Krüß, dem das sichtlich Spaß macht, dreht dann spontan auf Sichtweite heran.
Eins von vielen weiteren Highlights: als zur Schwimmbad-Deck-Glühweinparty possierliche Seeotter vor und neben dem Schiff auftauchen. In bequemer Rückenlage knacken sie mit ihren Pfoten-Händen Muscheln, die hier reichlich vorkommen. Die Szenerie ist eingerahmt von schneegefleckten Bergflanken. Zum Abendessen kontrastiert ein klassisch schöner Schichtvulkan schwarz gegen den rot glühenden Sonnenuntergangshimmel. Kurze Zeit später wird das reale Traumbild von dichtem Nebel verschluckt – wie auch der Alptraum einer trostlos-grauen, von Rauchschwaden gedeckelten russischen 1000-Seelen-Siedlung. Bis 1945, erzählt Geschichts-Lektor Dr. Ian Stone, war sie in japanischer Hand wie die übrigen Kurilen. Kapitän Krüß grüßt dröhnend mit drei langen Typhon-Tönen hinüber.
Am Strand des Fischereihafens ein halbes Dutzend vor sich hin rostender Schiffswracks, letzte traurige Relikte einer zerstörerischen Tsunami. Diese Riesenwelle forderte in Severo-Kurilsk 1974 hunderte von Opfern.
Von den Anhöhen überwachen getarnte Radarstationen die schmale Meeresstraße zwischen den Pitchy-Inseln. Sie zeugen von dem sowohl heißen als auch kalten Krieg, der in dieser weitab gelegenen Erdregion einst tobte. Die südlichen Inseln fordert Japan, noch immer ohne Friedensvertrag mit Russland, nach wie vor zurück. In der Ferne schwebt – scheinbar als Fata-Morgana, auch als historisch-symbolisches Fanal gesehen – eine bedrohlich rauchende Vulkanspitze über den Wolken.