Eisbären sind nun Rekordmeister – und feiern nach dem 3:1 über Mannheim eine Riesenparty in der O2-Arena

Vor dem Startbully das übliche Böller- und Feuerwerkspektakel und die Nationalhymne mit Schrammel-Gitarrist Bernd Römer. Nach der Schlusssirene: Freudenknäuel der bärtigen Eisbären, Goldflitterregen, Sektduschen, Medaillen-und Pokalübergabe an beide Finalisten. Dann Ansage des Hallensprechers: "Und jetzt wird nur noch gefeiert – ab sofort gibt es an allen Ständen Freibier, gespendet von unserem Hauptsponsor."

Freibier für rund 14 000 (oder paar weniger) Feierwütige – das hat schon was Außerordentliches.

Dem Moment aber durchaus angemessen: Noch nie in der DEL-Chronik seit 1994 hatte eine Mannschaft das fünfte Playoff-Endspiel als triumphaler Gewinner auf eigenem Eis beenden können. Und noch nie gelang den Eisbären der erfolgreiche Meisterschaftsabschluss in der seit 2008 neuen Heimarena!

Vorzeichen, die im ersten Drittel eine Fortsetzung zu finden schienen. Die Eisbären ließen nach ambitionierten Beginn rasch nach. Einen von EHC-Hüter Zepp nach vorn abprallenden Puck bugsierte der frühere Weißwasseraner Ronny Arendt ins Eisbärengehäuse (14.). 0:1. Hatten sich die Berliner beim sonntäglichen Wahnsinnsthriller – 6:5 nach Verlängerung und 2:5-Rückstand im Schlussdrittel – in Mannheim etwa verausgabt?

Berlins Angreifer Daniel Weiß: "In der Pause haben wir uns aufgemuntert – hey, das ist unser Haus. Wir sind hier die Herren, wir brauchen jetzt den Ausgleich, wir wollen Meister werden!".

Sprüche und Vorhaben, die sich gut anhören. Doch bei der Umsetzung haperte es zunächst. Die Adler, bei denen Trainer Harold Kreis offensichtlich das Schockerlebnis des 5:6 aus den Köpfen bekommen hatte, bekamen immer deutlicher Oberwasser. Blockierten die Schusswege auf den Kasten von Oldie Brathwaite. Fuhren ihre gefährlichen Konter. Die Eisbären, immer gestört, auf der mühsamen Suche nach einer Lücke.

Dann wie aus heiterem Himmel war sie in der 34. Minute da: Berlins Darin Olver beschäftigt rechts zwei Mannheimer. Sieht Kumpel, "Sniper" (Heckenschütze) Barry Tallackson frei in der Mitte. Pass, Schuss, Bang: 1:1. Die Eisbären wieder im Geschäft.

Und knüpfen im letzten Drittel an die magischen Minuten der unglaublichen Aufholjagd von drei Toren in knapp acht Minuten an: Olver wird hinters Tor abgedrängt. Behauptet artistisch die Scheibe. Ist wieder blitzartig vor Mannheims Heiligtum. Zu schnell für die gegnerische Abwehr. Tor! 2:1 (44.). Die Fans aus dem Häuschen.

Die Adler müssen nun kommen. Verlieren ihre Ordnung nach hinten. Berlins Julian Talbot angelt sich das Hartgummistück. Geht auf und davon. Wird mit einer Notbremse gestoppt. Den fälligen Penalty verwandelt der vor der Saison verpflichtete Kanadier eiskalt. 3:1 (51.)! Die Messe ist gesungen. 14 000 feiern ausgelassen, überschwänglich, beseeligt: Deutscher Meister EHC – Ole, Ole! Und Sven-Felski-Chöre auf das Berliner Urgestein, das sein 1000. Spiel im  Dress der Hauptstädter mit diesem Triumph genießen darf. Und sich weiter bedeckt hält, ob nun mit 37 die Schlittschuhe an den Nagel gehängt werden.

Nach der Siegerehrung Massenansammlung auf dem Eis. Spieler, Kinder, Angehörige, Medienvertreter. Bierkästen werden herangeschleift. Die übliche Pressekonferenz in einem Nebenraum entfällt.

Daniel Weiß kommt dann doch aus dem Kabinengang. Kompliment an die Mannheimer, "wie die das 5:6 weggesteckt und hier alles versucht haben. Aber ich denke, wir waren heute der verdiente Sieger. Auch weil Jim Sharrow und Jens Baxmann gegen die Topreihe der Adler (Ullmann, Magowan, Mitchell, d.A.) einen fantastischen Job gemacht haben. Das war ebenso eine MVP-Leistung wie die von Tallackson." Jener hatte die Auszeichnung als wertvollster
Playoff-Akteur erhalten.

Mannheims Bankchef Harold Kreis berichtete von enttäuschten Gesichtern in der Kabine. Er bezeugte seinen Respekt vor dem Tausender-Bezwinger Felski: Der  sei der Inbegriff für Zielstrebigkeit, Ehrgeiz und stünde in "einer Riesenkarriere". Etwas überrascht sei er von der Penalty-Entscheidung der Schiris, die bis dahin mögliche Bankstrafen nicht geahndet hatten, "und zuvor bei einer ähnlichen Situation vor dem Berliner Tor gegen Maurer nicht gepfiffen haben". Fast wäre – eigentlich im Eishockey undenkbar – das Finalmatch ohne eine einzige Zwei-Minuten-Strafe über die Bühne gegangen. Das verhinderte ungewollt durch Beinstellen Mannheims Ullmann.

Die Meisterschaft haben die Berliner, so Kreis, für sich entschieden, "weil sie mit ihrer Erfahrung und Routine die sich bietenden Chancen, die wir auch hatten, einfach kaltblütiger und besser genutzt haben."

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