Im Fall von Claire (Julia Koschnitzt) und ihrem Partner Leo (Felix Hellmann) genügt weniger als ein kleiner Small Talk, um klar zu machen, dass nicht einer, sondern zwei „total durchgeknallt“ sind. Spätestens wenn beide darüber streiten, ob sie zu einer Kostümparty als Karotten verkleidet gehen sollen. „Ich will keine Karotte sein. Du willst eine Karotte sein.“, murrt Leo. „Wie, du willst keine Karotte sein?“, fragt die maßlos erstaunte Claire. Doch Leo muss sich an Karrottentum erst gewöhnen: „Entschuldige. Das ist mein erster Tag als Karotte.“ Vermutlich will Westhoff in solchen Szenen mit tiefenpsychologischer Raffinesse vermitteln, dass sich der verplante Leo vom Tatendrang seiner Freundin überfordert fühlt. „Wir zwei sind ´n echt trauriges Gemüse.“, erkennt anschließend auch Claire. Ins Kino bringt „Der letzte schöne Herbsttag“ mangels Humor nur trübe Stimmung.
Claire und Leo zählen zu der privilegierten Gesellschaftsschicht, die in geräumigen Altbauwohnungen in sogenannten In-Bezirken lebt und ein Vermögen dafür ausgibt, dass ihre Kleidung wie von Humana aussieht. Sie trinken in-Cafés Milchkaffee (Latte Macchiato ist so Neunziger) mit laktosefreier Vollmilch frisch vom Bauern geliefert – weshalb Leo misstrauisch fragt, was für Milch das sei, als Claire ihm in einer Szenen Milchkaffee bringt – und gehen zum Yoga. Dort versammeln sich laut Claire Frauen über Dreißig, die sich fragen, ob sie mit ihrem Yoga-Lehrer nicht glücklicher wären. Zweifel an der Beziehung befallen schließlich auch Leos Freundin. „So ungefährt. Bla bla bla. Nichts besonderes.“ Trotzdem scheint Westhoff sich brennend für die nichtigen Sorgen seiner gewöhnlichen Figuren zu interessieren. Claire ist eine handwerklich begabte Hypochonderin, die gerne alles vorab plant, während der metrosexuelle Soft Cake Leo sich nach einem Traum asu Frucht und Sonne sehnt: Carpe Diem und einen Radausflug machen, weil wiedereinmal „Der letzte schöne Herbsttag“ ist. Kann das gut gehen?
Fast über die ganze Filmlänge monologisieren Claire und Leo über diese Frage frontal in die Kamera. Durch ihre banalen Dialoge wird „Der letzte schöne Herbsttag“ zu einer strapaziösen Doppelsitzung bei Beziehungstherapeuten. „Er konnte nicht reden, also konnte er auch nichts kaputt machen.“, sagt Claire über Leo. Ähnlich fühlt man gegenüber den redundanten Diskussionen in „Der letzte schöne Herbsttag“. „Das nervt unheimlich. Da kann der schönste Tag des Jahres sein.“
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Titel: Der letzte schöne Herbsttag
Land/ Jahr: Deutschland 2010
Genre: Komödie
Kinostart: 11. November 2010
Regie und Drehbuch: Ralf Westhoff
Darsteller: Julia Koschitz, Felix Hellmann, Katharina Marie Schubert, Leopold Hornung, Maik Solbach, Ingrid Cannonier, Walter Hess, Mark-Alexander Solf
Kamera: Helmfried Kober
Musik: Michael Heilrath
Schnitt: Uli Schön
Laufzeit: 85 Minuten
Verleih: X Verleih
Internet: www.derletzteschoeneherbsttag.x-verleih.de, www.x-verleih.de