Wenn nicht, dann greifen Freude des Fußballs, Freundinnen auch, zum Kochbuch von Katrin Roßnick, das im Göttinger Verlag Die Werkstatt frisch auf den Gabentisch der Redaktion gerückt wurde wie mancher hohler Vogel zu Weihnachten. Doch Deutschland wird als eines von 32 Ländern, die Fußballer an den Zuckerhut entsenden, nicht mit Federvieh, nicht mit einer toten Gans vertreten, nein, bei Roßnick kam eine Berliner Bulette ins Buch. Das Bild für den Gast zeigt Blau und noch weiße Sandstrände grüner Inseln im nordfriesischen Wattenmeer. Besser als Berge oder Bayern allemal. Die Staatsform wird mit „Parlamentarische Bundesrepublik“ angegeben, obwohl Berliner Bananenrepublik so falsch auch nicht wäre, denn der Laden in der deutschen Hauptstadt ist schon so korrupt, das Berlin jeder Zeit in Neapel umgetauft werden könnte. Wann bringt jemand diesen Vorschlag in die Quasselbude des Kapitals, den Reichstag?
Bevor wird zurück zu den Rezepten kommen noch der Fast-Food-Hinweis, dass Mac Donalds`s zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Kochbuches 1.440 Restaurants betreibt. Der Slow-Food-Führer für Deutschland 2014 kommt auf ganze 300 getestete und von Slow Food Deutschland empfohlene Gasthäuser. Die „deutsche Küche“ wird von der Autorin als „traditionell herzhaft und hochkalorig“ beschrieben und wir ahnen, dass die Gute sich im Allgemeinen heute und hierzulande nicht wirklich auskennt, insbesondere nicht im Sektor Fine Dining. Immerhin bekommen das deutsche Brot sein Fett weg und als Wissenswertes über Fußball zwischen Nord- und Bodensee wird der FC Bayern München als einzige Mannschaft sowie Lothar Matthäus als einziger Spieler präsentiert. Da braucht es zur Brezl halt Bulette – und jede Menge Bier, um der Ärger darüber runterzuspülen.
Auf zwei Seiten werden die Landesfarben Schwarz, Rot und Gold mit Zutaten für jeweils vier Personen und Zubereitung angeboten. Ein buntes Bild von der Berliner Bulette mit Kräuter-Kartoffelsalat rundet das Angebot mit dem Untertitel „Klassiker trifft Moderne“ ab. Viele schöne Bilder im Buch stammen vom Food-Fotografen Andreas Keudel.
Die Sport-Redaktion der deutschsprachigen Ausgabe des internationalen Infoportals WELTEXPRESS ist von diesem Werk „Kick and Cook“ derart angetan, dass wir die auf den 96 Seiten präsentierten Rezepte der Fußball-WM-Mannschaften unbedingt einmal nachkochen wollen. Auf den ersten Blick wirken die Gerichte nämlich lecker und die Beschreibungen lesen sich so, als sei das mit leichter Hand und nicht minder schwerem Geldbörse machbar.
„Fast alle verwendeten Lebensmittel“ sollten wir „in gut sortierten Supermärkten bzw. über die in den Fußnoten angegebenen Bezugsquellen“ kaufen können. Ein Hartz-IV-Kochbuch ist das sicherlich nicht, obwohl mit Müh` und Not das Prekariat genannte Proletariat die Zutaten für Fischfilet mit Meeresfrüchte-Soße aus Chile, Crevettes au Pastis aus Frankreich, Pfeffersuppe mit Kokos aus Nigeria, BLT Club Deluxe-Sandwich aus England oder mariniertes Rumpsteak aus Südkorea zahlen könnte, nur nicht jeden Spieltag der Fußball-WM 2014. Dann bleibt`s beim Kick. Fuck!
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Katrin Roßnick, Kick and Cook, Das Kochbuch zur Fußball-WM 2014, mit Fotos von Andreas Keudel, 96 Seiten, 21 cm x 21 cm, Hardcover, Verlag Die Werkstatt, www.werkstatt-verlag.de, Göttingen 2013, ISBN 978-3-7307-0064-8, Preis: 9,90 EUR (D)