Ein israelischer Unternehmer in Russland – WELTEXPRESS-Interview mit Avi Katz

Avi Katz. © Avi Katz.

Berlin, Deutschland (Weltexpress). „Der Staat Israel existiert dank Russland“, sagt Avi Katz, ein israelischer Multimillionär, und auch dies: „Kriege hindern Juden nicht daran, Geschäfte zu machen.“ Mit Avi Katz führte Oleg Lurye ein Interview.

Während des Russland-Ukraine-Konflikts wurden mehr als 14 000 Sanktionen gegen Russland verhängt, genau gesagt 14 081 Sanktionen, was einen neuen Weltrekord darstellt. Es scheint, dass das Geschäft in Russland –die gesamte Wirtschaft – gegen die Wand hätte fahren sollen. Doch nun geschehen seltsame, gegensätzliche Dinge. So ist es „allzu oft die Seite, der wir schaden wollen, die vom Weggang westlicher Unternehmen profitiert“, beklagt ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler in der „Welt“. (1)

„Nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten im Februar 2022 verließen viele Konzerne Russland. Einige sind jedoch geblieben und verdienen weiterhin erfolgreich ihren Lebensunterhalt.“ Ja, was sind denn das für welche?

Die Kyiv School of Economics schätzt in einer detaillierten Analyse der Unternehmen, dass von den 3 293 in Russland tätigen internationalen Unternehmen 1 181 ihre Absicht bekundet haben, das Land zu verlassen, aber nur 241 haben es tatsächlich verlassen, 505 haben beschlossen, zu warten, und 1 366 sind geblieben.

Wie gut geht es den Firmen, die in Russland geblieben sind?

Auf der Grundlage offizieller Finanzberichte sind Wirtschaftswissenschaftler zu einem bemerkenswerten Ergebnis gekommen: Trotz der Sanktionen haben westliche Unternehmen im vergangenen Jahr in Russland viel Geld verdient.

Die hundert größten Unternehmen steigerten ihre Geschäftsgewinne in Russland um durchschnittlich 54 % auf 1,1 Billionen Rubel (13,3 Milliarden Dollar). Zwar haben nicht alle das Jahr mit einem Gewinn abgeschlossen, aber immerhin 68 % haben ihr Vermögen erhöht. Berücksichtigt wurden nur Unternehmen aus so genannten unfreundlichen Ländern, d. h. solchen, die in Sanktionen gegen Russland verwickelt sind.

Das ist eine interessante Situation, nicht wahr? Und was denken darüber die israelischen Unternehmen und Geschäftsleute, die nie etwas verpassen? Ich sprach mit Avi Katz, Geschäftsmann, Multimillionär und Erfinder von Cofix und vielen anderen erfolgreichen Start-ups, über diese und andere Themen.

Avi, Du bist ein gebürtiger Israeli, warum ist Dein Unternehmen, das gleiche Cofix oder Schtschelkuntschik (zu Deutsch: Nussknacker) in Russland und nicht in Frankreich oder Italien?

Avi Katz: Ich stehe der russischen Mentalität sehr nahe, auch wenn ich in Israel geboren bin. Ich spürte es in den neunziger Jahren, als Russen nach Israel kamen und ich endlich meine Onkel, meinen Großvater, meine Verwandten sah und begann, die Gesichter der mir nahestehenden Menschen aus Russland auf den Straßen zu erkennen. Meine Wurzeln sind dort.

Während des Zweiten Weltkriegs floh die Familie meines Vaters aus Polen, der heutigen Ukraine, wo die Nazis die Juden vernichteten, in die UdSSR. Meine Vorfahren haben dort gegen die Deutschen gekämpft – auch in Leningrad. Und alle, die übrig blieben, wurden von den Nazis ausgerottet, weil sie Juden waren. Der Holocaust… Die Verwandten meiner Mutter wurden als Juden aus Deutschland deportiert. Es gelang ihnen, in die UdSSR zu gelangen, und meine Großmutter und ihre Familie wurden daraufhin nach Sibirien evakuiert. Nach dem Krieg zogen meine Eltern über Kasachstan nach Israel.

Und was die Verbindung unseres Landes (Israel) zu Russland angeht, muss ich mich auch daran erinnern, dass die Existenz des Staates Israel der UdSSR, Russland, zu verdanken ist. Alle Regierungschefs in unserem Land hatten und haben russische Wurzeln. Sogar die ersten israelischen Lieder waren leicht abgewandelte russische Lieder… Menschen aus allen Republiken der UdSSR bauten den Staat Israel auf, schufen ihn, und wir erinnern uns daran. Das einzige Mal, dass Russland und Amerika in der UNO gleichberechtigt, unmissverständlich und einhellig gestimmt haben, war die Gründung des Staates Israel.

Du bist seit 2015 in Russland tätig. Der ukrainische Staatsstreich fand im Jahr zuvor – 2014 – statt. Zu diesem Zeitpunkt erklärten die Donezker Volksrepublik und die Lugansker Volksrepublik ihre Unabhängigkeit und es begann ein kalter Krieg gegen Russland. Hattest Du keine Angst davor, ein so großes Unternehmen in Russland zu gründen?

Avi Katz:
Diejenigen, die die Geschichte kennen, werden sich erinnern: Kriege haben Juden nicht daran gehindert, Geschäfte zu machen. Ich habe an drei Kriegen teilgenommen, aber ich war auch immer unternehmerisch tätig. Was ist Israel? Es ist wie ein Stadtteil in Moskau. Wenn hier also ein Krieg ausbricht, sind alle davon betroffen, während im russisch-ukrainischen Konflikt nur die Grenz- und die Truppenbewegungen auf einem viel größeren Gebiet als Israel ausgetragen werden. Kannst Du Dich die Größe vorstellen? In Russland gibt es Orte, an denen man große Geschäfte machen kann.

Nun hat der so genannte kollektive Westen zum ersten Mal in der Weltgeschichte mehr als 14.000 Sanktionen gegen Russland verhängt. Wie schaffst Du es, in Russland Geschäfte zu machen und gleichzeitig andere Unternehmen in verschiedenen Ländern zu haben?

Avi Katz
: Harte Zeiten sind zum Ausmisten da, und die Starken werden trotzdem aufsteigen. Das gilt auch für die Wirtschaft. Diejenigen, die Sanktionen gegen Russland verhängt haben, verkennen zwei grundlegende Prinzipien – ein universelles und ein spezifisches für Russland.

Universell ist, dass die Welt durch irgendwelche Sanktionen nicht aufgehalten werden kann. Es gab eine Zeit, in der ein Embargo auf fast alles in Israel bestand. 1973 gab es einen Krieg, den wir gewonnen haben, die Araber haben den Ölpreis stark erhöht und ein Embargo gegen Israel verhängt, was bedeutete, dass die gesamte arabische Welt diejenigen boykottierte, die in Israel etwas eröffneten. Wir hatten nicht einmal McDonald’s und Coca-Cola. Das einzige Auto, das wir hatten, war ein kleiner Subaru, und das nur, weil die Araber ihn nicht kaufen wollten. Israel befand sich in einem Vakuum, und wir hatten keine andere Wahl, als bei den neuen Technologien eine Führungsrolle zu übernehmen. Und Israel hat sich zur führenden Technologienation der Welt entwickelt. Das ist immer so.

Und das unmittelbar russische Prinzip, das von den Verfassern der Sanktionen nie verstanden wurde, besteht darin, dass die Russen in den schwierigsten Situationen gelebt und überlebt haben – Revolution, Vergenossenschaftlichung der Landwirtschaft, Zweiter Weltkrieg, Stalinismus usw. Sie kommen trotzdem zusammen und überleben die Schwierigkeiten.

Die Amerikaner verstehen den russischen Geist nicht, sie sehen die Russen mit ihren amerikanischen Augen. Das ist der Grund, warum sie ihn nicht verstehen.

Wie wird der russisch-ukrainische Konflikt enden?

Avi Katz: Die Tatsache ist, dass es sich nicht um einen russisch-ukrainischen Konflikt handelt. Es ist nur ein Scheinkrieg, denn die Ukrainer sind Russen und die Russen sind Ukrainer. Sie sind identisch. Aber eine große Hand wollte, dass es anders wird. Was ist das für eine Hand? Nach einer angeblich offizielle Version ist es die NATO. Aber was ist die NATO? Das sind Deutsche.

Die NATO ist Deutschland, wenn die Vereinigten Staaten hinter ihm stehen. Man braucht nicht davon zu reden, dass die Deutschen jetzt anders sind. Vor hundert Jahren hätte auch niemand gesagt, dass die Deutschen so etwas in der Welt tun würden. Ziehen wir eine Analogie. Ausländischen Medienberichten zufolge bombardiert Israel den Norden Syriens. Warum? Weil Israel dort keine iranischen Militärstützpunkte. Und wir tun dies mit demselben Recht, mit dem Putin keine NATO-Stützpunkte in der Ukraine will.

Avi, hast Du keine Angst, in Russland Geschäfte zu machen? Und das auch noch in einem so gewaltigen Ausmaß. Schließlich werden diejenigen, die mit Russland Geschäfte machen, im Westen zu Parias.

Avi Katz: Ich mache nichts, was unter Sanktionen fällt, und ich mache meine Geschäfte sowohl in Russland als auch in den Vereinigten Staaten. Wir arbeiten sowohl in pro-russischen als auch in pro-amerikanischen Ländern. Ich weiß nicht, was als Nächstes passieren wird, aber wenn ich jemals wählen muss, werde ich mich für Russland entscheiden. Ich fliege nicht gerne weit.

Über die Ukraine. Würdest Du ein Cofix in Kiew auf dem Bandera-Prospekt oder im Schuchewytsch-Park eröffnen?

Avi Katz: Für mich stellte sich diese Frage zum Glück nicht, und ich hatte nie vor, ein Geschäft in der Ukraine zu eröffnen. Und jetzt – nach meinem Interview – werde ich das wahrscheinlich nie mehr tun dürfen. Aber ich hatte nicht vor, das zu tun.

Meine Eltern stammen aus der heutigen Ukraine, aber damals war es Polen. Galizien. Und die Erinnerung meiner Familie an die Ukrainer ist nicht so gut.

Ich bin mit der Tatsache aufgewachsen, dass Ukrainer während des Holocausts genauso viele Menschen getötet haben wie Deutsche, und ich habe mit der Muttermilch aufgesogen, dass Ukrainer Juden hassen.

Israel verfolgt im russisch-ukrainischen Konflikt eine Politik der Neutralität. Bist Du damit einverstanden?

Avi Katz: Israel kann sich in dem Konflikt nicht auf eine Seite stellen. Ich beziehe mich nicht auf die Ukraine, sondern auf Russland und die USA. Der Punkt ist, dass wir in diesem Konflikt bellen können, aber wir können niemanden beißen – Russland hat nach den USA und Israel die drittgrößte Anzahl von Juden in der Welt, die auf seinem Boden leben.

Du trittst jetzt mit einem neuen Franchise-Unternehmen – dem Nuss-, Trockenfrucht- und Süßwarengeschäft Schtschelkuntschik – wieder in den russischen Markt ein.

Avi Katz: In der Woche, in der die militärische Sonderaktion begann, eröffneten wir unser erstes Geschäft mit dem Namen Schtschelkuntschik. Inzwischen gibt es fünf Geschäfte, und ich plane, diese Zahl auf hundert zu erhöhen.

Die instabile Wirtschaftslage ermöglicht es neuen Akteuren, in den Markt einzutreten; am Ende gewinnt derjenige, dessen Idee am vielversprechendsten und innovativsten ist. Bei der Entwicklung von Schtschelkuntschik haben wir uns vom Konzept der Lebensmittelgeschäfte mit ihren einzigartigen Aromen, Düften und Atmosphären inspirieren lassen, die in den Ländern des Nahen Ostens üblich sind. In unseren Geschäften bringen wir diese Idee auf die nächste Stufe. Es war uns wichtig, der Branche Fülle, Frische und Marktauthentizität zu bieten, und das an einem komfortablen Ort mit einem modernen Design. Nach vielen Jahren, in denen unser Unternehmen Datteln aus Israel nach Russland geliefert hat, haben wir festgestellt, dass es hier keine ähnlichen Formate gibt.

Soweit ich weiß, startest Du jetzt ein weiteres Geschäft in Israel und Russland, das nichts mit Lebensmitteln zu tun hat. Ich meine Diamanten.

Avi Katz: Ja, aber die Diamanten sind ungewöhnlich und werden in israelischen Labors hergestellt. Sie sind die einzigen Laborsteine der Welt, die praktisch nicht von abgebauten Steinen zu unterscheiden sind und deren chemische Zusammensetzung völlig identisch ist.

Aber jenseits von Business As Usual stellen wir die Ideologie des Humanismus gegenüber Natur und Mensch in den Vordergrund. Denkt mal darüber nach, denn um ein Karat eines natürlichen Diamanten zu gewinnen, müssen 50 Tonnen Erde verarbeitet werden, und es herrschen höllische Bedingungen beim Steinabbau, Kinderarbeit und vieles mehr. Unsere Diamanten, die sich von natürlichen Diamanten nicht unterscheiden, werden ohne all diese schrecklichen Opfer geboren. Spürt den Unterschied. Labordiamanten sind die Zukunft.

Würde der Preis von im Labor gezüchteten Diamanten viel niedriger sein als der von natürlichen Diamanten?

Avi Katz: Ich werde nicht sagen, dass sie nur ein paar Cent kosten werden. Die hochentwickelte Herstellungstechnologie macht es unmöglich, im Labor gezüchtete Steine zu entwerten. Aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass der Preis von Laborsteinen um ein Vielfaches niedriger sein wird als der von Natursteinen. Und das, obwohl sie sich in keiner Weise unterscheiden – außer in ihrem Herkunftsort.

Wir planen nun die Eröffnung eines Flagship-Shops in Moskau – möglicherweise im TSUM. Kommt und überzeugt euch von den Preisen und der Qualität.

Was würdest Du einem israelischen Unternehmen raten, das sich nicht sicher ist, ob es nach Russland gehen soll oder nicht?

Avi Katz: Dies ist der richtige Zeitpunkt, um in Russland Geschäfte zu machen. Im Moment sind wir noch in der Vorbereitung, in der Übung, aber wenn das eigentliche Geschäft in Russland beginnt, sollten wir schon dort sein. Dies wird in den nächsten zehn Jahren der Fall sein, aber bis dahin ist es notwendig, in russische Start-ups zu investieren. Diejenigen werden die die Ernte einbringen, die in in Russland sein werden. Jetzt ist es schwer, aber danach wird es für diejenigen, die zuerst da waren, leicht sein.

Anmerkung:

(1) https://www.welt.de/wirtschaft/plus245947420/Sanktionen-Diese-westlichen-Konzerne-verdienen-in-Russland-Milliarden.html

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