Dieter Kosslick spricht kurz vor der Aufführung im Berliner Friedrichstadtpalast. „Guten Abend“, sagt Mr. Berlinale. „Ich weiß eigentlich gar nicht, was wir ohne Friedrichstadtpalast gemacht haben“, scherzt der amtierende Berlinale-Direktor und verweist darauf, daß er heute ungefähr 40 Reden gehalten habe „So bitte ich darum, daß ich ablese, wenigstens den Satz: Ich freue mich ganz besonders, Sie zu dieser außerordentlichen Vorführung, zu dieser Gala-Veranstaltung begrüßen zu können. Die Welturaufführung der rekonstruierten Fassung von Metropolis, mit dem Staatsminister für Kultur und Medien, Herrn Neumann, und der Friedrich-Murnau-Stiftung.“
Der Film wäre übrigens bei der ersten Berlinale zu sehen gewesen und jetzt, 60 Jahre später erneut und vollständiger. „Wir wissen, daß diese Welturaufführung etwas ganz besonders ist. Am Brandenburger Tor, ich komme da gerade her, sind schon 2000 Leute, die das Ereignis erleben wollen. Auch in Frankfurt am Main in der Alten Oper wird Metropolis heute aufgeführt“, führt er aus und gerät wieder in seine ihm unnachahmliche Art: „Ich will Ihnen nicht den Witz erzählen, warum Fritz Lang keine Kurzfilme machte ”¦“
Schlußendlich weiß er, daß wir „Zeuge einer Weltsensation“ werden und wir „zum ersten Mal Fritz Lang`s Stimme hören“ werden. Die Stimme von Fritz Lang in einem Stummfilm? Unsere Zweifel gehen im Applaus des Publikums im ausverkauften Saal unten.
Auch der bereits gegrüßte Bernd Neumann geht ans Rednerpult und liest ab. Heute kehre nach mehr als 80 Jahren der deutsche Stummfilmklassiker Metropolis nahezu in seiner Urfassung auf die Leinwand zurück. Hier in Berlin entstand das Meisterwerk von Fritz Lang. Hier in Berlin wurde es uraufgeführt, Von hier (Berlin, Anmerkung der Redaktion) ging es um die ganze Welt.“
„Ich freue mich, daß der Film den Weg zurück nach Berlin gefunden hat“, spricht er uns Sätze später aus der Seele.
„Metropolis ist Mythos, ist ein Juwel unseres kulturellen, nationalen Erbes, Nur wenige Filme waren so stilbildend, insbesondere für Science Fiction ”¦ (und so). Auch daß Metropolis die teuerste Produktion eines deutschen Films und mit seiner Technik Filmgeschichte geschrieben habe, erwähnt Neumann. Metropolis gehöre mit Beethovens Neunter und der Bergbibel daher verdientermaßen zum Unesco Kulturerbe.
Vor kaum zwei Jahren, das sei angemerkt, wurden die alten Filmrollen mit der Urfassung in Argentinien wiederentdeckt. Die Fachleute der Friedrich Munrau-Stiftung in Wiesbaden sei Dank, die den Schatz aus der rostigen Filmkiste aufbereitet hätten.
„Ich grüße hier aus dem Friedrichstadtpalast in Berlin von diesem besonderen Ereignis alle Zuschauer an den Fernsebildschirmen, am Brandenburger Tor und in der Alten Oper sehr herzlich“ sagt Neumann und bedankt sich bei Parteifreund Roland Koch, dem Hessischen Ministerpräsidenten, für die finanzielle Unterstützung der Restaurierung. Er endet und erntet Beifall.
Wir vergessen nicht zu erwähnen, daß die Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung sich ebenfalls an der Finanzierung der Restaurierung beteiligte.
Der soeben erwähnte Koch sprich nun in Frankfurt am Main. „Wir grüßen aus Frankfurt und aus Hessen und wir sind sehr Stolz auf diese Doppelung, daß heute dieses Ereignis stattfindet“ und meint damit Berlin und Frankfurt am Main (und nicht an der Oder). Ohne die Murnau-Stiftung in Wiesbaden hätten wir dieses kulturelle Erbe nicht, ergänzt er seinen Vorredner und wiederholt somit unseren Zwischenruf.
„Wir sind froh das Metropolis in knappen Kassen für Kultur möglich geworden ist. Die Leistung des Restauratorischen wird auch ein Stück Geschichte schreiben, denn sie wurde mit der Software unserer Tage hergestellt… 1927 die Welt betrachtet zu haben und den Menschen als Computer zum Gegenstand der Betrachtung gemacht zu haben, sei eine große Leistung, eine Vision… Der Film sei heute so aktuell wie damals und eine intellektuelle Anregung. Das sei das größte Kompliment, das man Herrn Lang machen könne… Genießen Sie die Premiere eines Klassikers, die man so noch nie gesehen hat!“
Werden wir, Roland Koch, werden wir.
Dirigent des Abends in Berlin ist Frank Strobel, der 26 Jahre lang verschiedene Fassungen von Metropolis zum Besten gab. Strobel wirkte übrigens mit an der Restaurierung dieses Stummfilmklassikers. Zuvor gab er Arte ein Interview. Die Musik sei während der Dreharbeiten entstanden, sagte er, und die Schauspieler würden sich nach der Musik bewegen. „Die Musik ist schon so angelegt – sie ist sehr gestisch -, daß man immer schnell herausfindet, was da vorgehen soll“, erklärt er. Die Musik sei sehr modern, sie habe eine kluge Dramaturgie. Die Musik erzähle die Geschichte mit. Keine Frage: Gottfried Huppertz, Verantwortlich für die Musik von Metropolis, sei ein Vorreiter gewesen. Die Klanglichkeit im Orchester sei im übrigen die Gleiche wie bei „Star Wars“.
Nun geht’s aber los. Nach den einleitenden Worte folgt das Vorwort. Der Vorspann informiert und anderem darüber: Der Film Metropolis wurde bald nach der Uraufführung stark gekürzt und verändert. Über ein Viertel des Film galt seitdem als verschollen. Die Rekonstruktion konnte anhand des argentinischen Materials wesentlich ergänzt und in der Schnittfolge korrigiert werden.“
Und dann ist es endlich soweit: die Weltpremiere der fast vollständig wiederhergestellten Originalfassung von METROPOLIS beginnt vor Ort in der Alten Oper in Frankfurt am Main, in Berlin sowohl vor dem Brandenburger Tor wie auch im Friedrichstadtpalast und auf Arte. Weltexpress wünscht viel Vergnügen!