Die mächtigste Art im “Star Trek”-Kosmos sind die Trekkis. Die passionierten Serienanhänger wissen alles über Star Trek” und ihre Lieblingsfiguren. Sie zufriedenzustellen und gleichzeitig ein neues Publikum anzusprechen, schien die erste unerfüllbare Mission der Enterprise. “Die Zukunft hat begonnen” schien der größte Rückschritt der insgesamt zwölfteiligen “Star Trek“-Filmreihe zu werden. Wie weichgespülte Popgruppenmitglieder blicken die Hauptfiguren Captain James Tiberius Kirk (Chris Pine) und Comander Mr. Spock (Zachary Quinto) von den Werbeplakaten. Jeder hat ein peinliches Jugendfoto versteckt, aber dass der heroische Kirk und der kühle Logiker Spock so ausgesehen haben sollen? Chris Pine hat es leichter mit seinem Kirk, der immer ein Standardheld war. Spock hingegen bleibt auf ewig mit dessen Urdarsteller Leonard Nimoy verbunden. Dessen Kurzauftritt als alter Spock fegt alle Nachahmerversuche des an sich talentierten Quinto beiseite. Doch dass sie ihre Rollen neu definieren, erwartet von den jungen Darstellern niemand.
Sie verkörpern überzeugend, was in den Sechzigern das futuristischste Element der Serie war: Die Mannschaft. Sogar Russen (Chekov), Japaner (Sulu) und schwarze Frauen (Uhura) durften auf der Enterprise mitfliegen. Hinzu kamen diverse Außerirdischenarten wie Klingonen, Romulaner und Vulkanier. Letzte sind gefühlskalte Denker, an Borde vertreten durch Mr. Spock. Der Halb-Mensch-Halb-Vulkanier nahm in den vorigen Spielfilmen eine immer bedeutendere Rolle ein. Auch in “Star Trek: Die Zukunft hat begonnen” geht es eigentlich um Mr. Spock. Die vermeintliche Schwäche wird zur Stärke des Films, denn Spock ist gegenüber dem rebellierenden Jung-Kirk der weitaus vielschichtigere Charakter. Ihn jagt der mittels Schwarzer Löcher durch die Zeit springende Romulaner Nero (Eric Bana). Wer so heißt, führt nichts Gutes im Schilde. So müssen ein junger, aufmüpfiger James Kirk, der zwischen Menschengefühlen und Vulkanierratio zerrissene Spock, Uhura und der Rest der Mannschaft ihre erste Mission erfüllen. Nicht nur Raumschiffe, sondern ganze Planeten werden dabei vernichtet, dank Zeitsprüngen mehr als einmal.
Dennoch dominieren statt Materialschlachten die internen und emotionalen Kämpfe der Figuren. Ja, auch ein perfekt eingespieltes Team, wie das der Enterprise, musste sich zuerst zusammenraufen und wie J.J. Abrams das inszeniert, gespickt mit zahlreichen Anspielungen auf Kuriositäten der Serie, wie die knappen Kleider der weiblichen Besatzungsmitglieder oder Chekovs russischen Akzent (“Captain Kurk!“) macht das Science-Fiction-Spektakel zum humorigsten der “Star Trek”-Spielfilme. Die Handlung nutzt Abrams, selbst Erfinder der Fernsehserie “Lost”, als Folie für die Definierung und Konstruierung der Personen. Wer kam wie auf die Enterprise, wann haben sich alle getroffen und woher hat Schiffsarzt “Pille” seinen Spitznamen? Logische Schwäche, wie dass nahezu alle ihre Position durch den Tod des Vorgängers einnehmen, oder kaum einer an Bord über zwanzig ist, verzeiht man. Peinlichkeiten und Geistreiches hält sich dabei die Waage. Kirks rebellische Jugendjahre sind der gröbste Patzer. Den alten Captain Kirk könnte nicht einmal James Dean glaubhaft als Rebellen spielen. Scottys britischer Dialekt, die detailverliebten Nachbildungen der klassischen Kostüme und andere Skurrilitäten, welche die Seriencharaktere einzigartig machten, geben dem Weltraumabenteuer den nötigen Witz.
Autorenduo Alex Kurtzmann und Roberto Oci versuchen nicht, die Serie mit „Star Trek: Die Zukunft hat begonnen“ neu zu schreiben und umzugestalten, was nur im vertrauten Schema funktioniert. Die Jungdarsteller leisten dabei überraschend gute Arbeit. Der Ausstattung gelingt eine überzeugende Mischung von modernen Effekten und Serienstil. Den Charme des Fernsehklassikers können die Macher jedoch nicht rekonstruieren. Die alten Kulissen waren größtenteils aus Pappmache und Plastik, William Shattner war irgendwann nicht mehr kernig-durchtrainiert und wer von den Serienfiguren keinen Namen hatte, wurde bei der nächsten Mission erschossen. Die Mischung aus Spannung, Wiedererkennungsfaktor und Schund, welche die insgesamt über 720 Episoden ausstrahlen, bleibt unnachahmbar. Die unverkennbare Titelmelodie gibt es im nun auf DVD erschienen Kinofilm auch erst am Ende. J.J. Abrams Botschaft ist klar: Jetzt geht ´s erst richtig los.
Titel: Star Trek: Die Zukunft hat begonnen
DVD-Start: 5. Oktober
Regie: J.J. Abrams
Drehbuch: Roberto Orci, Alex Kurtzmann
Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Eric Bana, Zoe Zaldana, Leonard Nimoy
Verleih: Paramount