Anlässlich einer Klassenfahrt in die Südtürkei wurden die 18- bis 22-jährigen Schüler im Hotel „Anatolia Beach Hotel“ in Kemer in der Nähe von Antalya untergebracht. Trotz Alkoholverbots ihres Lehrers kauften sie sich Wodka in Flaschen, von dem sie nicht wissen konnten, dass dieser illegal auf der Grundlage des giftigen Methanol hergestellt wurde. Ein Schüler starb noch im Hotel, zwei weitere wenig später im Krankenhaus. Vier Mitschüler wurden ebenfalls vergiftet, überlebten aber. Damals behauptete das „Anatolia Beach Hotel“ die Schüler hätten sich den Alkohol außerhalb des Hotels in einem Geschäft gekauft. Jetzt müssen sich die Alkohol-Lieferanten des Hotels sowie mehrere Mitarbeiter vor Gericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der gepanschte Wodka aus Beständen der Alkohollieferanten des Hotels, den Brüdern Cengiz und Halil E., stammte. Cengiz E. wies den Vorwurf zurück indem er aussagte, das „Anatolia“ habe seinen Alkohol auch noch von vier oder fünf weiteren Händlern bezogen. Seine Ware sei einwandfrei gewesen. Weil er früher schon einmal wegen Alkohol-Panschens in das Visier der Justiz geraten war, betonte er, dass er damals als freier Mann aus der Untersuchungshaft entlassen worden sei. Der Chefeinkäufer des Hotels sitzt wie die Brüder und deren Ehefrauen als einer der Hauptangeklagten in Untersuchungshaft. Fünf weitere Hotelmitarbeiter sind ebenfalls angeklagt, befinden sich aber auf freiem Fuß.
Zweifel an der Darstellung des Staatsanwaltes äußerte der Anwalt der Hotelangestellten. Bei der Obduktion von zwei der drei Toten sei kein Methanol festgestellt worden, sagte er. Sie seien möglicherweise nicht an den Folgen des Alkoholkonsums, sondern durch eine falsche Behandlung im Krankenhaus gestorben. Das private Krankenhaus, das direkt schräg gegenüber dem „Anatolia Beach Hotel“ liegt, hat sich auf unsere Nachfrage zu keiner Stellungnahme entschließen können. Hakan Evcin vertritt den Standpunkt, das Hotel könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Deutschen schwarz gebrannten Alkohol getrunken hätten, schließlich habe man den Schnaps legal gekauft und sei davon ausgegangen, dass er in Ordnung sei.
Die Sache mit illegal hergestellten Alkoholika ist in der Türkei ein großes Problem. Durch das nahezu lückenlose „All-Inklusiv-System“, in dem die Gäste rund um die Uhr mit Essen und Trinken versorgt werden und die Preise immer weiter sinken, kann man kaum noch davon ausgehen, dass bei den in der Türkei extrem hohen Alkoholpreisen nicht so mancherorts „ökonomisch“ gedacht wird und wissentlich zumindest geschmuggelte Ware ankauft. Problematisch wird es, wenn geschmuggelte Ware nicht mehr von illegal hergestellter Ware unterschieden werden kann. Man könnte dem Einkäufer eines Hotels vorwerfen, warum er nicht skeptisch wird, wenn beispielsweise Wodka weit unter dem gängigen Markt-Preis angeboten wird, wenn nicht unverzollter Schnaps Eingang durch die Hintertür finden würde.