Außen gibt es acht Platten von je über 20 Zentimeter Länge und mit Darstellungen von Göttern, wie man meint. Es sind fast Kopffüßler, wenn man sich die großen, aus den Platten erhaben gearbeiteten Köpfe anschaut, die zudem wie der Radgott einen so fein gedrehten Schnurrbart und Bart tragen und Stirnschmuck dazu sowie einen Halsring. Seine kleinen Hände hat er an beiden Seiten erhoben und jeweils zur Faust geballt. Auf der einen Schulter steht ein kleiner Mann, auf der anderen Tanzt einer oder eine und ein Reiter stiebt davon. So bestaunt man Platte für Platte und bewundert, wie harmonisch dann auf der Innenseite des Kessels dann die Gemeinschaftsszenen der Menschen dargestellt sind. Da gibt es eine Opferplatte, wo die Tiere gleich dran glauben müssen, aber auch den Herrn der Tiere, der wie in einem hortus conclusus die Schlange zähmt und die Einheit herstellt. Und wer reitet da auf dem Fisch? Die Kriegerplatte gibt uns Aufschluß über Saum- und Sattelzeug der Kavallerie und die Schilde und Schwerter des Fußvolkes. Und da sind sie auch, die sogenannten Carnyxbläser, die zu Dritt einen solchen Schlachtenlärm veranstalteten, daß schon dieser die Feinde in die Flucht schlagen sollte. Eine solche keltische Kriegsfanfare steht dann auch in der Abteilung der rekonstruktiv nachgearbeiteten Keltensachen.
Was ist die Aussage des Kessels, für was wurde er gebraucht, weshalb steht er so einzeln dar in einer Keltenwelt, die über ihre Dinge miteinander verbunden war. Und daß der Kessel Keltisches enthält, zeigen nicht nur die Carnyx, sondern auch die keltischen Helme der Krieger und anderes mehr. Aber wer hat diesen Kessel geschaffen? Sieht man sich die Gesichter an, denkt man, römischen Statuen in die Augen zu blicken. Viele Experten sprechen sich für eine thrakische Arbeit aus. Andere lassen nur einen einzigen Thraker an der Ausführung beteiligt sein. Die Thraker siedelten im ersten Jahrhundert v. Chr. im heutigen Rumänien und Bulgarien. Bis dorthin kamen auch keltische Bevölkerungsgruppen. Eine These ist also, daß dieser Kessel in einem Gebiet der Nähe von Thrakern und Kelten hergestellt wurde. Aber zu welchem Zweck und wie kam er nach Dänemark?
Wir lieben Ausstellungen, wo wir mit lauter Fragen im Kopf nach Hause gehen, die wir uns dann in Ruhe und mit Katalog und viel Schriftwerk selber beantworten. Aber hier werden wir nicht fündig werden. Denn man weiß einfach nicht mehr, als hier kurz gefaßt steht. Man weiß, daß man nichts weiß, ist nun eine gleichermaßen antike, wie immer wieder selbst erfahrene Lebensweisheit. Was das Ganze hier an diesem Kessel so spannend macht, sind die keltischen Einsprengsel in einer Welt, in der auf den Platten Elefanten und Löwen vorkommen und so viele großgetriebenen Gesichter, die man für Götter hält, weil man nichts Besseres weiß und weil auf ihnen kleine Menschlein ihr Wesen treiben.
Im übrigen hat der Kessel noch einen Boden. Die runde Platte zeigt erhöht einen Stier. Er liegt in der Mitte, für uns schon erlegt, denn der Kopf ist gesenkt und die Vorderläufe geknickt. Über ihm ist eine Frau abgebildet, mit dem Schwert in der Hand, mit dem sie den Stier, den wir schon als erledigt ansehen, gleich töten wird. Drei Hunde begleiten die Frau, einer von ihnen liegt schon tot zu Füßen des Stieres. „Der Stier könnte das Chaos symbolisieren“, heißt es im Katalog auf Seite 270. „Vielleicht ist die Stierkämpfern auf dem Gundestrup-Kessel eine Göttin, die die Ordnung der Welt sichert, indem sie den Stier tötet. Die Mächte der Ordnung und Stabilität werden siegen: Der Machtvolle Stier ist zu Boden gesungen und erwartet den tödlichen Hieb.“ Einverstanden, daß es nur noch um das Ende des schon gestellten Tieres geht. Ein dramatisches Ende in dieser Keltenausstellung, die sicher in der Bevölkerung das stabilisieren wird, was Museumsleiter Generaldirektor Grewenig „Den Mythos Kelten“ nennt.
* * *
Ausstellung: bis 22. Mai 2011
Katalog: Die Kelten/Duriden.Fürsten.Krieger. Das Leben der Kelten in der Eisenzeit vor 2500 Jahren, hrsg. von Meinrad Maria Grewenig, Springpunkt Verlag 2010
Sie schlagen den Katalog auf und sehen auf Schwarz eine der schönen güldenen Halsringe und das kleine Pferd, die in unserem Artikel völlig ausgelassenen Münzen, hier die in der Nachfolge des Philipp von Makedonien gefertigte aus Gold und Sie haben gleich auf den ersten Blick das ästhetische Empfinden, das Sie auch in der Ausstellung begleitet, daß es sich hier um hochwertige Erzeugnisse der Goldschmiedekunst handelt, von der sie auf einmal den Eindruck gewinnen, daß es gar nicht um angewandte Kunst geht, sondern um Kunst generell. Diese ganzseitigen wunderschönen Fotografien ziehen sich durch den ganzen Band, weshalb man ihn gleich als Kunstband empfehlen kann, aber in der Regel kauft man Kataloge wegen der Essays, um das Geschaute dann zu Hause zu vertiefen.
Das ist in diesem Fall besonders zu empfehlen, denn wir beispielsweise waren dann doch etwas geknickt, als wir unsere Keltensachen aufstöberten, wie alt die in der Regel und damit wissenschaftlich überholt sind. Einige gebräuchliche haben wir unten aufgeführt, aber Sie sollten auf jeden Fall die Ausführungen über die Entwicklung von der Hallstattkultur zur Latenezeit im Katalog verfolgen, wo auch viele Einzelstücke kurz schriftlich gewürdigt sind.
Miranda J. Green, Die Druiden. Die Welt der keltischen Magie, in der es um die Weiterentwicklung der Druiden des Altertums bis ins Heute geht
Gerhard Herm, Die Kelten. Das Volk, das aus dem Dunkel kam, rororo 7067
Die Kelten in Mitteleuropa, Ausstellungskatalog Hallein, Österreich 1980
Das Rätsel der Kelten vom Glauberg, Ausstellungskatalog Schirn Frankfurt, Theiss Verlag 2002
Homepage: www.voelklinger-huette-org