Wie Angelina Jolie durch die Lagune von Venedig brettert – „Der Tourist“ mit Angelina Jolie, Johnny Depp, von Regisseur Henckel von Donnersmarck

Auch in Deutschland ist dieser Film mit einer gewissen Häme in der Filmkritik beantwortet worden. „Nicht so hoch hinaus, es geht übel aus“, denkt man sich als Kommentar zu so mancher Besprechung, die dem Regisseur seinen frühen Erfolg doch eher übelnehmen und mit dieser Kleinbürgerkritik kommen. Was uns am Film gefällt, ist die Langsamkeit des Geschehens, eine Ruhe und Übersicht inmitten komplexer Geheimdienst- und Mafiaverwicklungen. Warum andererseits trotz der berückenden Garderobe von Angelina Jolie, den schönen Aufnahmen von Venedig und einem herrlich vertrottelten Johnny Depp als Mathematiklehrer aus Wisconsin „Der Tourist“ kein wirklich großer Film ist, liegt für uns darin begründet, daß der Film selbst sich nicht entscheiden kann, ob er ein spannender und auch grausamer Agententhriller ist oder nicht lieber eine Persiflage über ihn. Zu lachen gibt es auf jeden Fall viel, auch wenn wir auf das „Buon Giorno“ des Hotelpersonals, das der Mathelehrer Depp mit einem „Bon Jovi“ beantwortet, was uns und den ganzen Kinosaal zum Prusten bringt, Scherze, die sonst unter unserem Niveau sind. Hier lachen wir herzlich, was Depp möglich macht, der eben kein Depp ist.

Vielleicht rührt diese etwas unentschiedene Zuschauerhaltung auch davon, daß die schöne Göttin Angelina Jolie hier so überirdisch und unantastbar inszeniert wird, daß man sie sich sowieso kaum im Liebesrausch vorstellen kann. Das würde schon diese exakte Frisur beeinträchtigen und die Figur auch, die sowieso künstlich erscheint, denn ’als zu`, wie man in Kassel sagt, verspeist diese Schlanke irgendetwas. Etwas Eßbares, keine Männer. Das können wir in diesem Film verstehen, der keinen einzigen, der Jolie ebenbürtigen Mann zeigt.

Denn die Figur des Mathematiklehrers, wie Johnny Deep ihn witzig darstellt, ist doch eher etwas für mütterliche Gefühle, einem so tollpatschigen Exemplar Mann gegenüber, als virile Entsprechung der auf hohen Haken agierenden Agentin. Denn das ist sie, auch wenn man das erst spät erfährt, wie überhaupt die Geschichte, die um den Klau eines riesigen Vermögens geht, den ein gewissenloser Held an sich bringt und damit ja nur einem russischen Mafiaboß schadet, der in England naturalisiert dennoch sich nur von echten Russen als Leibgarde Sicherheit verspricht. Knallharte Burschen, mit denen nicht zu spaßen ist.

Nur mit einer Lady können sie nicht umgehen und eine der spannenden, weil den Zuschauer überraschenden Szenen ist dann diejenige, wie wir mit den russischen Leibeigenen glauben, daß diese Jolie nie und nimmer die Geheimzahl des Safe weiß, wo das ganze Geld schlummert, es also nicht ’gerecht` ist, solcher Schönheit den Kopf abzureißen, weil sie nicht sagt, was sie nicht weiß. Problem der Filmbesprechung ist auch, daß es die Lösung dieser filmischen Kriminalhandlung verbietet, darüber zu sprechen. Denn es gibt am Schluß wirklich ein „Aha“, das nur dadurch verkleinert wird, daß wir immer auf einen zweiten männlichen Starnamen warteten, der den echten Gauner spielt.

Denn daß mit dem Mathematiklehrer der unechte ins Visier gerät, das erleben wir ja direkt mit und entwickeln eine Sympathie für den Unbedarften, der nicht einmal merkt, daß ihn die Schöne, die ihn im Zug von Paris nach Venedig anspricht und sich ihm gegenübersetzt, regelrecht benutzt, um die Aufmerksamkeit der Polizei auf ihn als ihren verschwundenen Geliebten zu lenken, den sie in Venedig endlich nach über zwei Jahren treffen will.

Dieser hatte ihr in einem Brief, den sie schnurrstracks, wie er befahl, im Cafe nach der Übergabe verbrannte, aufgetragen, sich in diesem Zug neben den Mann zu setzen, der von der Statur her an ihn erinnere. Ganz klar, damit die Polizei auf falsche Gedanken kommt und die russischen Ganoven, die ihr Geld wiederhaben wollen, auch. Das Konzept geht auf und der Geliebten des Diebes ist dann doch nicht recht, welch Unbill der arme Mathematiklehrer ihretwegen erleiden muß und nach Filmscript verliebt sie sich in ihn – was wir ihr nur schwer glauben, vergleiche oben – und nun stellt sich die Frage, wie der echte Gauner, der immer noch nicht aufgetaucht ist, damit umgeht. Des Rätsels Lösung kommt zum Filmschluß. In Ihrem Kino.

Vorheriger ArtikelWas neben dem „Touristen“ und „Menschen und Göttern“ zu sehen ist – Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos
Nächster ArtikelDie Kelten als erste Europäer – Serie: „Die Kelten. Druiden.Fürsten.Krieger“ im Weltkulturerbe Völklinger Hütte (Teil 3/3)