Heute weiß man, daß dieser Ort im Salzkammergut – schon in der Landschaftsbezeichnung tradiert sich das Salz – schon Jahrtausende zuvor besiedelt war, was seinen Grund im benachbarten Salzbergwerk hat, das ungeheuer ausgedehnt bis heute der Salzgewinnung dient, wobei sicher jeder Druide dem Besucher zuraunen täte, daß man diesen verwunschenen Ort namens Hallstatt schleunigst aufsuchen sollte, weil sich atmosphärisch etwas Keltisches, zumindest Wunderbares erhalten hat, tja wenn die Besucher die keltische Sprache der Druiden nur verstehen könnten.
Aber lesen können die Besucher und so finden sie in der Ausstellung die Grabbeigaben der älteren Eisenzeit, die man von 800 bis 475 v.Chr. als Hallstattkultur und von 475 bis 50 v.Chr. als La-Tène-Kultur der jüngeren Eisenzeit bezeichnet, nach einem Ort in der Schweiz. Beide keltischen Kulturen sind sich ähnlich, wobei die jüngere stärker die mediterranen Einflüsse der griechischen Kolonien aus Italien und Kleinasien und der Etrusker aufnimmt. Denn damals war es, als die Kelten in das Bewußtsein der Antike gerieten, einfach, weil sie als lange siegreiche Streiter auf anderer kultureller Grundlage lebten und kämpften. Heute erst, wo so eindeutig die Speisung des Griechentums als aus dem Osten kommend nachgewiesen ist, kann man das Erstaunen der antiken Welt an diesen Menschen verstehen, die aus Europa kamen und kein homogenes Volk waren. Wir können auf die Differenzierungen der Kelten, der frühen und späteren, und die Gleichheit und Unterscheidung zwischen Galliern, Teutonen und dann auch noch Germanen nicht eingehen. Die Ausstellung tut dies aus gutem Grund auch nicht und weist nur auf die Vielfalt der Völkerscharen hin.
Aber ausgerechnet bei den explizit als Gallier angesprochenen Ausstellungsstücken, finden wir den einzigen Pferdefuß dieser Ausstellung. Denn es sind diese eigentlich wunderbaren antiken Skulpturen, die hier in derbem Gips kaum mehr die Schönheit der Originale ahnen lassen. Von wegen Originalen. Auch „Der sterbende Gallier“, der als eines der wesentlichen bildhauerischen Werke der Antike gilt, ist eine römische Marmorkopie. Aber in herrlicher Ausführung. Man nimmt an, daß das Original eine Bronze war, die um 230/220 v.Chr. im Auftrage von Attalos I. von Pergamon geschaffen wurde, der damals die Galater besiegte, was der griechisch-kleinasiatische Name für die Kelten war.
Die Skulptur wirkt im römischen Original fast lebensecht, wie der getroffene Kelte noch mit der Rechten aufgestützt am Boden sitzt, den Kopf gesenkt und seiner Niederlage und des baldigen Todes gewiß, übt er auf den Betrachter die Trauer aus, die sowohl Besiegten wie Sieger eint. Denn auch das war ein bildhauerischen Topos, den Feind als stark und ehrenhaft zu gestalten, durch dessen Besiegung sich hier Attalos selbst erhöhte. Für uns allerdings – und dafür reicht der Gips dann schon – ist im Kontext der Kelten etwas anderes wichtig. Denn der Sterbende trägt eine typisch keltische Haartracht und er hat den Oberlippenbart, von dem die Literatur spricht, dann trägt er den Halsring und ist ansonsten nackt. Das nämlich hat man von den keltischen Kriegern überliefert, daß sie nackt gekämpft hätten.
Auch wenn die Gaben aus so vielen Museen und aus dem achten bis ersten Jahrhundert kommen, rührt doch die Masse der Exponate aus den genannten Fürstengräbern der Region von Saar, Mosel und Mittelrhein bis in die Champagne und diese sind überwiegend Gräber aus der Latenezeit. Die Kostbarkeit und Eleganz des fein ziselierten Goldschmuckes wurde schon angeführt, die edel gearbeiteten Halsringe – Torques – vergißt man nie wieder, aber es lassen sich über die Grabbeigaben auch weitere Aussagen über die Rolle von Tod und Leben dieser Kelten wagen.
So war es üblich, dem toten Mann seine Waffen mit ins Grab zu geben, oft auch verbogen, also unbrauchbar gemacht. Dazu gehören fein verzierte Schwerter, deren Klingen für die damalige Zeit in einmaliger Weise äußerst kunstvoll gefertigt wurden, Bronzegeschirr und auch Eisenhelme, die insgesamt so vielfältig geschmiedet sind, daß man davon ausgehen kann, daß sie nicht in 08/15 Manier hergestellt wurden. Frauen hatten in ihren Gräbern vermehrt Schmuck und vor allem Fibeln, mit denen man die Gewänder zusammenhielt. Die vielen Keramikgefäße, zunehmend griechischen Ursprungs, kann man in der Ausstellung kaum einzeln erfassen und sieht sich einer unglaublichen Menge von Verschiedenartigem und dann wieder Gleichem gegenüber.
Aber Halt, muß man sich sagen, hier geht es nicht darum, das Leben der Kelten über ihre Hinterlassenschaften in Gräbern zu definieren. Hier geht es – und dies legt die Ausstellung auch schon im Titel unmißverständlich klar -, hier geht es allein um die Oberschicht der Kelten, an deren Fürsten- und Kriegergräbern -was immer wieder synonym zu verstehen ist, der Fürst als oberster Krieger -, wir diese Kostbarkeiten heute bestaunen können und wahrnehmen, daß man den Toten den besten Teil mit ins Grab legte, für eine späteren Leben nach dem Tode oder warum? All das verschweigen diese Dinge und so bleibt das Geheimnis bei ihnen, auch wenn man sie gut sehen kann. Aber uns, die wir heute alle Materialisten sind, erstaunt das dann schon, und eben auch, daß nicht damals schon Grabräuber sich diese Gegenstände aneigneten.
Von daher bleibt die gesamte Ausstellung hindurch unser Wundern bestehen, wie es kommt, daß man den angehäuften Besitz eines Einzelnen diesem ins Grab mitgibt, nicht den Kindern hinterläßt oder so etwas wie Familienbesitz konstituiert. Allerdings blieb für diese sicher genug zurück und sie mußten auf die persönlichen Gegenstände des Verstorbenen verzichten, damit dieser in einer anderen Wirklichkeit geschmückt und reich auftreten konnte? Wir drehen uns im Kreis. Denn diese Prunkgegenstände waren ja absichtsvoll demoliert also nicht mehr benutzbar. Das allerdings gilt nur für die Rüstungen und Waffen wie die Helme und Schwerter und nicht für den Goldschmuck. Fortsetzung folgt.
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Ausstellung: bis 22. Mai 2011
Katalog: Die Kelten/Duriden.Fürsten.Krieger. Das Leben der Kelten in der Eisenzeit vor 2500 Jahren, hrsg. von Meinrad Maria Grewenig, Springpunkt Verlag 2010
Sie schlagen den Katalog auf und sehen auf Schwarz eine der schönen güldenen Halsringe und das kleine Pferd, die in unserem Artikel völlig ausgelassenen Münzen, hier die in der Nachfolge des Philipp von Makedonien gefertigte aus Gold und Sie haben gleich auf den ersten Blick das ästhetische Empfinden, das Sie auch in der Ausstellung begleitet, daß es sich hier um hochwertige Erzeugnisse der Goldschmiedekunst handelt, von der sie auf einmal den Eindruck gewinnen, daß es gar nicht um angewandte Kunst geht, sondern um Kunst generell. Diese ganzseitigen wunderschönen Fotografien ziehen sich durch den ganzen Band, weshalb man ihn gleich als Kunstband empfehlen kann, aber in der Regel kauft man Kataloge wegen der Essays, um das Geschaute dann zu Hause zu vertiefen.
Das ist in diesem Fall besonders zu empfehlen, denn wir beispielsweise waren dann doch etwas geknickt, als wir unsere Keltensachen aufstöberten, wie alt die in der Regel und damit wissenschaftlich überholt sind. Einige gebräuchliche haben wir unten aufgeführt, aber Sie sollten auf jeden Fall die Ausführungen über die Entwicklung von der Hallstattkultur zur Latenezeit im Katalog verfolgen, wo auch viele Einzelstücke kurz schriftlich gewürdigt sind.
Miranda J. Green, Die Druiden. Die Welt der keltischen Magie, in der es um die Weiterentwicklung der Druiden des Altertums bis ins Heute geht
Gerhard Herm, Die Kelten. Das Volk, das aus dem Dunkel kam, rororo 7067
Die Kelten in Mitteleuropa, Ausstellungskatalog Hallein, Österreich 1980
Das Rätsel der Kelten vom Glauberg, Ausstellungskatalog Schirn Frankfurt, Theiss Verlag 2002
Homepage: www.voelklinger-huette-org