Berlin, Deutschland (Weltexpress). Es gibt kaum einen Autor wie Ernst Jünger, der in einer extrem verfeinerten Sprache die furchtbarsten Schrecknisse des 1. Weltkriegs anschaulich macht. In Frankreich wird er dafür geliebt, in Deutschland hat man ihm seine kurze Liaison mit den Nazis und seinen konservativen Geist noch nicht verziehen. Ja, die Schriftensammlung durchzieht ein völkischer Gedanke. Ja, es ist ein (mit dem Wissen und dem Verständnis der heutigen Generation) mitunter schwer verdauliches, auch krudes Weltbild, das uns Jünger präsentiert, wenn er von gesellschaftlichen Visionen kündet und sich in nationalem Schwulst verdaddelt.
Doch immer dann, wenn er uns in realistischen Bildern den Krieg beschreibt und in gnadenloser Schärfe über sein Tun an der Front berichtet, werden aus heroischen Phrasen menschliche Schicksale. Für Jünger waren die Schützengräben im 1. Weltkrieg abenteuerliche Plätze. Er war „ein tapferer Soldat“, das muss man im Kontext der Zeit verstehen, anders ist ein Zugriff nicht möglich. Der Krieg als „Schule des Lebens“ und „inneres Erlebnis“ sind heute schwer vermittelbare Bilder. Für Jünger war es vier Jahre lang die Lebenswirklichkeit, der er sich stellte. Darauf muss man sich einlassen. Es ist ein Buch das wehtut. Neben seinem »Kriegstagebuch 1914–1918« und der historisch-kritischen Ausgabe der »Stahlgewitter« bündelt der »Krieg als inneres Erlebnis« Jüngers wichtigste autobiographische Schriften und Aufsätze zum Ersten Weltkrieg, die für ein mögliches Verständnis des »Dichtersoldaten« von höchster Bedeutsamkeit sind. Ein Buch für alle, die tief in die Seele des Wegbereiters und eiskalten Genüßlings des Barbarismus (so Thomas Mann) eintauchen wollen oder müssen.
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Ernst Jünger, Krieg als inneres Erlebnis, Schriften zum Ersten Weltkrieg, herausgegeben von Helmuth Kiesel, 693 Seiten, gebunden, im Schuber, Verlag: Klett-Cotta, 1. Auflage, Stuttgart 2016, ISBN: 3-608-96101-0, Preis: 34,95 Euro