In der Ausstellung bieten originale Meisterwerke der griechischen Bronzeplastik und Malerei – darunter spektakuläre Neufunde aus Porticello und Brindisi – dem Besucher die Möglichkeit, ein weiteres, unverfälschtes Bild der klassischen Kunst zu erleben. Neben zahlreichen Leihgaben aus internationalen Sammlungen, u. a. in Berlin, London, New York, Paris, Rom und St. Petersburg, lassen die unter Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher und technologischer Aspekte entwickelten Rekonstruktionen eines Riace-Kriegers sowie des Jagdfreskos von Vergina das ursprüngliche Aussehen weltberühmter Originale wiedererstehen.
Die griechische Kunst der sogenannten klassischen Zeit entwickelte ein völlig neues Menschenbild. Die Maler und Bildhauer dieser Epoche erreichten in wenigen Generationen eine gänzlich neue Sicht auf den Menschen. Auch die Spiegelung irdischer Konflikte und lebensweltlicher Zusammenhänge in die Sphäre des Göttlichen erfuhr hier eine nachhaltige Ausformung. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit werden das Auge und die Stimmung des Betrachters vollständig gefangen genommen. Die Figur bewegt sich frei im Raum, die Maler entwickelten den gänzlichen Satz der illusionistischen Stilmittel. Bis zur italienischen Renaissance sollte dieser Grad an Raffinesse und innere Spannung nicht wieder erreicht werden.
Besonders beeindruckend in dieser Ausstellung wird aber auch die Begegnung mit den Bronzeskulpturen jener Zeit. Und hier lernen wir wieder, dass nicht grüne oder braune Patina das Erscheinungsbild der Menschen- und Tierkörper bestimmten, sondern dass sich die Künstler um Realitätsnähe bemühten, neben der Bronze diverse Stoffe zur Gestaltung von Augen und Zähnen verwendeten, die Statuen mit farbigen Asphaltlacken überzogen und die Wunden des Kriegers durch entsprechende Legierungen auch blutig aussehen ließen.
Griechenland wurde schon durch die Römer ausgeplündert, doch glücklicherweise gingen einige der mit Beutekunst beladenen Schiffe auch auf dem Weg nach Rom unter. Ihre Wiederentdeckung und die Bergung ihrer Ladung, so der Riace-Bronzen 1972 vor Kalabrien erlaubt nun einen Blick auf das Originale und hilft uns, jene Veränderungen und Umdeutungen abzustreifen, die aus der griechischen Klassik den Klassizismus machten. Dies beginnt schon mit römischen Kopien griechischer Originale, setzt sich fort über die Rezeptionsformen in der Renaissance und endet nicht zuletzt bei den Protagonisten der deutschen Klassik von Winkelmann bis Goethe.
Als didaktischen Kniff nimmt die Ausstellung den Besucher mit auf einen Weg zurück, beginnend mit Zitaten aus der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit über im klassizistischen Geist nachempfundene Skulpturen wie der der Ariadne auf dem Panther, geschaffen von dem von Goethe so sehr geschätzten Bildhauer Dannecker, die ursprünglich ab 1816 in einem eigens dafür errichteten Privatmuseumsbau des Bankiers Bethmann in Frankfurt , dem sog. Odeon, ausgestellt wurde, der Bau natürlich im Geist der Zeit tempelartig gehalten. Aber auch schon die sanft einsetzenden Modifikationen zu römischer Zeit sind dokumentiert.
Wer schon von den „Bunten Göttern“ begeistert war, sollte sich diese Ausstellung in keinem Fall entgehen lassen und wer damals die Ausstellung verpasst hat, kann diese Lücke jetzt wenigstens teilweise schließen.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 26. Mai 2013.