Die Ausstellung – Serie: „Prinz Eugen – Feldherr, Philosoph und Kunstfreund“ im Unteren Belvedere in Wien und sein Widerhall im Augarten (Teil 3/4)

Die Idee zur Ausstellung hatte die Direktorin Agnes Husslein-Arco, die das Museum leitet, das im Sprachgebrauch nur „Belvedere“ heißt, nach dem Schloß, das Prinz Eugen bauen ließ, das damals aber nur – weiter draußen – das Sommerpalais genannt wurde, während sich das Winterpalais in der Stadtmitte befand. Mit der Konzeption der Ausstellung wurde Marie-Louise von Plessen beauftragt, vielfach Kuratorin großer Geschichtsausstellungen, auch durch ihre Hohenzollernarbeiten hervorgetreten. Das fanden wir gut, daß in Wien niemand, aber auch niemand daran Anstoß nahm, daß eine „Preußin“ den Volksliebling Eugen – fast 350 Jahre nach seiner Geburt und knapp 275 Jahre nach seinem Tod – ins Museum bringt , dessen Namen jeder kennt und kaum einer weiß, wer er wirklich war und von dem man schon lange nichts Wesentliches in einer Ausstellung hat sehen können. Damit ist nun aufgeräumt, denn umfassender kann man sich die Würdigung einer historischen Figur kaum vorstellen, die hier im prächtigen Unteren Belvedere und der schönen Orangerie nun zu Hause sein darf. Wieder zu Hause, wo der Prinz einst wohnte.

Wir sagen gleich, daß wir die eigentlichen Aha-Erlebnisse in der Orangerie hatten. Denn den siegreichen Militär von Savoy hatten wir schon kennengelernt, „Feldherr“ sagt die Ausstellung dazu, die ihm die Räume im Unteren Belvedere für seine Schlachtenbilder und die Briefe aus dem Feld – auch die, wo er sich bestimmte Bilder bei bestimmten Malers bestellt, oder ein gewisses Sofa gekauft haben möchte – sowie vor allem die Säbel und Lanzen und Kriegsgeräte freiräumt. Daß er aber in einem solchen Ausmaß „Kunstfreund“ war, wie der Ausstellungstitel behauptet, das bewahrheitet sich erst in der Orangerie. Eigentlich wollten wir das genau dokumentieren. Aber das macht man besser an Ort und Stelle. Auf jeden Fall eine eingängige Idee, in der Orangerie die Wände in Grau-Weiß genauso zu tapezieren, wie im Oberen Belvedere die Bilder der großen Kunstsammlung an den Wänden hingen, denn die Hängung ist dokumentiert. Nur an den Stellen erscheint das grau gepauste Bild in Bunt, wo es gelang, einzelne Werke der heute weitverstreuten Sammlung aufzuspüren und sie nach Wien geliehen zu bekommen, insgesamt fünfzehn an der Zahl, wie dieser richtig schöne Guido Reni, dessen Adam und Eva geradewegs vom Sündenfall kommen, noch nackt, aber schon bald im Schweiße ihres Angesichts arbeitend.

Doch, da ist einiges von damals zusammengekommen, was größtenteils den Kunstgeschmack der Zeit festschreibt, aber auch einige noch heute bedeutsame Werke zeigt. Der „Kunstfreund“ stimmt also und umfaßt auch Kunsthandwerk wie Möbel und Porzellan und Kupferstiche und Zeichnungen. In wieweit dieser Prinz Eugen auch ein „Philosoph“ war, entschlüsselte sich weniger. Daß er mit Berühmtheiten der Zeit in Briefkontakt war oder sie persönlich kannte, macht ihn noch nicht zum Philosophen und eine gewisse stoische Gemütsverfassung, die er sich zulegte, auch nicht. Und daß er dem Vorschlag von Gottfried Wilhelm Leibniz folgte und seinen Büchern, die zur Bibliotheca Eugeniana anwuchsen, verschiedenfarbige Ledereinbände durch die Pariser Berühmtheiten, Vater und Sohn Mariette, verpaßte, auch nicht. Dennoch sind gerade diese Bücher etwas, was einen in der Ausstellung begeistert, Philosoph hin oder her.

In Blau fassen sie die Theologie und Jurisprudenz, dunkelrot erscheint die Geschichte und in Gelb die Naturwissenschaften. Und die Literatur, fragt man sich sogleich? Auf 15 000 gedruckte Bände wuchs seine Sammlung an, 237 kostbare Handschriften besaß er, und 290 Bände mit Radierungen und 250 Kassetten mit Portraits konnte er zusammentragen. Es ist eine Bibliothek der Aufklärung, viel über Naturgeschichte und Geographie, die Karl VI. der Erbin Prinzessin Victoria von Savoyen-Carignan gleich 1737 abkaufte. Studiert man allerdings die allerliebst präsentierten Bände in der Orangerie, dann weiß man, was jeder Büchernarr weiß, wie schwierig die Sortiererei ist. Denn die Farben haben keine Ordnung ins System gebracht, wenn die Legenda Aurea eine andere Systematik hat als Dante und der wieder eine andere Farbe als Petrarca. Wie auch immer, das ist ein Schatz für Österreich, was die Erwerbung der Bibliothek durch die Habsburger angeht und nun der Österreichischen Nationalbibliothek und damit dem österreichischen Volk gehört.

Das „Gehören“ allerdings ist der emotionale Pferdefuß dieser Ausstellung, die ja erst einmal zeigt, wie einer das Sammeln und das Bewahren sowie das Herstellenlassen von Kunst zu seinem Lebenssinn macht. In allen sechs Themenräumen zeigen „Der kleine Abbé“, der „Bauherr im Feld“, der „Sammler und Mäzen“, der „Bücherfreund“, sowie „Naturfreund“ – der hier zu kurz kam -, was bis zu seinem „Tod“ dieser wohlhabend, ja reiche Adlige an Schätzen erworben und angesammelt hatte. Gleichwohl erfaßt einen bei seiner Abteilung „Tod“ in der Ausstellung eine richtige Wut. An so ein Gefühl können wir uns bei Ausstellungen überhaupt nicht erinnern, aber hier wird man wütend und erlebt eine innere Abscheu einer einzigen Person gegenüber: seiner dummdreisten Nichte, die als Alleinerbin erst alles erhielt, und dann alles verscherbelte.

Ohne Rücksicht auf Verluste wurde auseinandergerissen, was zusammengehörte, meistbietend versteigert und zum großen Teil auch verschleudert. Was diese Person, die zuerst als Laiin in einem Kloster lebte, sich dann mit der ererbten Finanzmasse einen jüngeren Mann kaufte, was schief ging, auch noch weitere Menschen unglücklich machte, an Niedertracht, Frechheit und bodenloser Dummheit geleistet hat, für solches Verhalten hat die deutsche Sprache keine Begriffe. Aber die Kunst kann das darstellen. Denn eine ihr nachgebildete „Skulptur“ zeigt genau eine solch häßliche Person, daß man angewidert keine Worte findet, schnell Reißaus nimmt und sich fest vornimmt, ganz bald ein richtiges Testament zu machen. Denn Prinz Eugen starb zu früh, um seine im Testament bedachten, aber schon verstorbenen Erben durch andere zu ersetzen. So erbte diese einzige Nachkommin. Bitter. Bitter. Aber alles konnte sie nicht zerstören. Die Ausstellung versucht, das Ambiente des Prinzen beisammenzutragen. Sehr vieles davon gelingt herausragend.

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Ausstellung: bis 6. Juni 2010.

Katalog: Prinz Eugen. Feldherr, Philosoph und Kunstfreund, hrsg. von Agnes Husslein-Arco und Marie-Louise von Plessen, Hirmer Verlag 2010. Zur prachtvollen Ausstellung ein prächtiger Katalog! Deren sechs Kapitel machen auch die Gliederung des Katalogs aus. In der Einleitung stellt Kuratorin Marie-Louise von Plessen die besondere Stellung des sich in Kriegen auszeichnenden Prinzen als europäischer Kulturheros heraus, wobei den Abbildungen: Gemälde, Gegenstände, Stiche, Fotografien viel Raum gegeben ist und ein edler Anstrich im Hochglanzdruck dazu. Wer sich nach der Ausstellung mit dem Geschauten weiterbeschäftigen will, für den ist dieser Katalog unschätzbar, denn in den schriftlichen Teilen erfährt er Vertiefendes und die Bilder evozieren die Ausstellung. Noch besser ist es, sich den Katalog zuvor zu erwerben und in dem Vorher und Nachher seine eigenen Erkenntnisse auszubauen.

Tipp: Gute Dienste leistete uns erneut das kleinen Städte-Notizbuch „Wien“ von Moleskine, das wir schon für den früheren Besuch nutzten und wo wir jetzt sofort die selbst notierten Adressen, Telefonnummern und Hinweise finden, die für uns in Wien wichtig wurden. Auch die Stadtpläne und U- und S-Bahnübersichten führen– wenn man sie benutzt – an den richtigen Ort. In der hinteren Klappe verstauen wir Kärtchen und Fahrscheine, von denen wir das letzte Mal schrieben: „ die nun nicht mehr verloren(gehen) und die wichtigsten Ereignisse hat man auch schnell aufgeschrieben, so daß das Büchelchen beides schafft: Festhalten dessen, was war und gut aufbereitete Adressen- und Übersichtsliste für den nächsten Wienaufenthalt.“ Stimmt.

Anreise: Viele Wege führen nach Wien. Wir schafften es auf die Schnelle mit Air Berlin, haben aber auch schon gute Erfahrungen mit den Nachtzügen gemacht; auch tagsüber gibt es nun häufigere und schnellere Bahnverbindungen aus der Bundesrepublik nach Wien.

Aufenthalt: Betten finden Sie überall, obwohl man glaubt, ganz Italien besuche derzeit Wien! Überall sind sie auf Italienisch zu hören, die meist sehr jungen und ungeheuer kulturinteressierten Wienbesucher. Wir kamen ideal unter im Lindner Hotel Am Belvedere, Rennweg 12, info.wien@linderhotels.at. Sinnvoll ist es, sich die Wien-Karte zuzulegen mitsamt dem Kuponheft, das auch noch ein kleines Übersichtsheft über die Museen und sonstige Möglichkeiten zur Besichtigung in Wien ist, die Sie dann verbilligt wahrnehmen können. Die Touristen-Information finden Sie im 1. Bezirk, Albertinaplatz/Ecke Maysedergasse.

Essen und Trinken: Völlig zufällig gerieten wir am Eröffnungstag der Ausstellung auch in die Eröffnung des NASCH im Hilton Plaza. NASCH heißt das neue Restaurant aus gutem Grund, denn es geht auch ums Naschen, man kann sich seine Vorlieben in kleinen Portionen, dafür vielfältig aussuchen, in der Art der spanischen Tapas. Das Entscheidende am neuen Restaurant im Hilton Plaza aber ist, daß die Grundlage die österreichische Küche ist. Man kann sich quasi durch Österreich durchessen. Wir werden das ein andermal tun und dann darüber berichten.

Mit freundlicher Unterstützung von Air Berlin, dem Wien Tourismus und dem Belvedere.

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