Dí­a de los Muertos – Feier zum Tag der Toten in Xochimilco/Oaxaca – Im Süden Mexikos, in Oaxaca, wird der „Dia de los Muertos“ gleich vier Mal gefeiert

© Knut Hildebrandt

Jedes Jahr wird Anfang November in Mexiko der "Tag der Toten" begangen. Nach wochenlangen Vorbereitungen trifft sich die ganze Familie, um an den Gräbern der Vorfahren ein farbenfrohes Fest zu feiern. Nach altem mexikanischen Glauben kehren nämlich die Seelen der Verstorbenen in der Zeit zwischen 31. Oktober und zweitem November zu Besuch auf die Erde zurück. In Oaxaca beschränken sich die Feierlichkeiten allerdings nicht nur auf diese drei Tage, meint Chávez: "Bis Ende November wird jeden Montag auf einem der vier ältesten Friedhöfe der Stadt ein eigenes Totenfest gefeiert." Mittlerweile spielt eine Blaskapelle, seine Worte sind kaum noch zu verstehen. Dann plötzlich Stille. Der Pfarrer spricht mit monotoner Stimme. Kurze Zeit später wieder Explosionen, die Kapelle spielt weiter. Der "Dí­a de los Muertos" von Xochimilco hat begonnen.

Xochimilcos Friedhof liegt hinter einer hohen, mit bunten Glasscherben gespickten Mauer. Er besteht aus einer unübersichtlichen Ansammlung zum Teil windschiefer Grabsteine. Zwischen den Gräbern ist kaum mehr als ein Fuß breit Platz. Nur wenige, schmale Wege durchziehen den im Schachbrettmuster angelegten Gottesacker. Ich muss fast über die Grabstellen springen, um Augustin zu folgen. Den scheint das Chaos wenig zu stören. Beherzt steigt er auf und über die Gräber. Ziel ist die mit frischen Blumen und bunten Kerzen geschmückte Ruhestätte seiner Ahnen. Hier warten schon die Verwandten und lauschen andächtig der Predigt des Geistlichen.

Nach der Messe kommt die Fiesta erst richtig in Schwung. Die Blaskapelle zieht von Grabstätte zu Grabstätte. Mit der Kapelle ziehen Jugendliche über den Friedhof. Sie tragen die martialisch anmutenden Masken der Luchadore, der mexikanischen Freistilringer. Die Jungen und Mädchen stecken in schwarzen Kostümen mit langen Schwänzen, welche über und über mit Schellen aus Messing behangen sind. Sie halten Peitschen in den Händen, mit denen sie wild um sich schlagen. Wie Derwische tanzen die jungen Leute zwischen, über und auf den Gräbern. Nach kürzester Zeit ist der ganze Friedhof in eine dichte Staubwolken gehüllt.

Durch die Masse der dicht um die Tänzer stehenden Schaulustigen drängen fliegende Händler und bieten Snacks an, Tacos mit feuerroter "Salchicha" oder Tamales, scharf gewürzte Rollen aus Maisteig, die mit Käse, Fleisch und Gemüse aus Bananenblättern gegessen werden. Der Festschmaus kann beginnen! Augustin Chávez zieht Speisen und Getränke aus seinen großen Taschen. Auch eine Flasche Mezcal ist dabei. Denn: "Ein guter Tequila gehört zu jeder Fiesta!" Chavéz schenkt ein und immer wieder nach.

Am frühen Abend ist das Festessen beendet. Augustin klappt die mitgebrachten Stühle zusammen und verstaut das Geschirr. "Höhepunkt des Festes", sagt er, "wird das Konzert des Orquestra Primavera". Das Konzert des "Frühlingsorchester" soll um 18 Uhr beginnen. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zu der kleinen Bühne, die zwischen Kirche und Friedhof aufgebaut wurde. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit nehmen auf ihr die gut vierzig Musiker Platz und beginnen ihr einstündiges, immer wieder von begeistertem Applaus unterbrochenes Konzert.

Während vor der Kirche das halbe Viertel andächtig den süßlichen Klängen zwischen Klassik und Latinorhythmen lauscht, geht hinter der hohen Friedhofsmauer die Party weiter. Im Kerzenschein  zieht die Blaskapelle immer noch kreuz und quer über den Friedhof. Wo immer sie zwischen den Gräbern Platz für ihre große Trommel findet, bleibt sie stehen und spielt ein, zwei Lieder. Die Derwische tanzen dazu wie in Trance und stoßen dabei wilde Schreie aus. Mit ihnen walzen einige Paare durch den Staub des Totenackers. Und alle trinken zusammen. Reichlich angetrunkene Männer schleppen in großen Pappkartons Bier heran und verteilen die Flaschen an die Tänzer und Musikanten. Und Mezcal wird getrunken, viel Mezcal. Aus Fünfliterkanistern schenkt man ihn ein. Sein beißender Geruch nach billigem Sprit vermischt sich langsam mit dem schweren Duft von Weihrauch, der noch über dem Friedhof hängt. Bald sind alle betrunken und nicht wenige liegen jetzt auch auf den Gräbern herum.

Gegen halb acht geht das Fest zu Ende. Die Feiernden ziehen mit der Blaskapelle durch das großes Friedhofstor, welches für die Nacht wieder verschlossen wird. Vor der Kirche treffen sie auf eine abenteuerlich kostümierte, bizarre Masken tragende Schauspieltruppe. Zusammen tobt dann der ganze Haufen zu den Klängen der Blasmusik durch die Straßen Xochimilcos davon. Mit den letzten Gästen ist auch Augustin verschwunden. Zurück bleiben fünf, sechs Kinder, die vor den verschlossenen Toren des Kirchhofes fröhlich über das noch warme Pflaster springen und Seifenblasen auf die Reise durch die nächtlichen Straßen schicken. Es zieht wieder Ruhe ein in Xochimilco. Der "Dí­a de los Muertos" ist vorüber.

Weitere Informationen:

Auskunft: Mexikanisches Fremdenverkehrsbüro, Taunusanlage 21, 60325 Frankfurt am Main, Tel. 069/253509, E-Mail: contacteurope@visitmexico.com, Internet: www.visitmexico.com

Lage: Oaxaca ist Hauptstadt des gleichnamigen mexikanischen Bundesstaates. Die Stadt liegt fünf bis sechs Autostunden südlich von Mexiko Stadt und ist über die Autobahn 150D/131D zu erreichen.

Anreise: Von Mexiko Stadt aus verkehren stündlich Busse nach Oaxaca. Aeromexico bietet täglich mehrere Flüge nach Oaxaca an.

Einreise: Für die Reise nach Mexiko als Tourist wird ein mindestens sechs Monate gültiger Reisepass, jedoch kein Visum benötigt. Bei Einreise bekommt man eine kostenlose Touristenkarte auf der eine Gültigkeitsdauer von bis zu 180 Tagen eingetragen wird. Diese ist bei Ausreise wieder abzugeben.

Klima: Bei einer Lage von 1.550 m über dem Meeresspiegel hat Oaxaca ein gemäßigtes Klima. Die Temperatur beträgt im Jahresmittel 22 Grad Celsius. Von Mai bis Oktober dauert die Regenzeit, mit stärkeren Regenfällen zwischen Juni und August. Den Rest des Jahres ist es sehr trocken und sonnig.

Sprache: Landessprache ist Spanisch. In der Stadt wird oftmals auch Englisch verstanden.

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