Deutsche Eiskunstläufer schauen mit dem Fernglas zur Weltspitze

Mann mit Durchblick und Weitsicht? Quelle: Pixabay, Foto: Markus Distelrath

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften liegen bereits wieder ein paar Tage hinter uns. In früheren Zeiten gingen die Kufenstars auf eine mehrwöchige Schaulauf-Tournee. Die Pandemie verhindert einen solchen Ausflug, denn Schaulaufen ohne Zuschauer verdient den Namen nicht.

Deutsche Eiskunstläufer*innen hätten wir ohnehin bei einer solchen Tournee nicht bewundern können, denn die Deutschen sahen die Siegerpodeste bei der WM in Stockholm im März nur von der zweiten Galerie. Nach den deutschen Weltmeisterinnen wie Gaby Seyfert-Körner, Anett Pötzsch, Katarina Witt (alle Chemnitz), Christine Errath-Stüber (Berlin) sowie den Europameisterinnen Gundula Busch (verstorben), Claudia Leistner-Pfrengle (Mannheim) und Evelyn Großmann-Klaudt (Dresden) erscheinen die Aussichten auf sportliches Edelmettal für die deutschen Eiskunstläuferinnen derzeit gegen null zu tendieren. Nicole Schott (24) blieb auf Platz 18 hängen. Immerhin sichert ihr dieses Abschneiden einen Platz im olympischen Starterfeld. Mehr allerdings nicht, obwohl sie mit dem gebürtigen Dresdner Michael Huth in Oberstdorf einen ausgezeichneten Trainer an ihrer Seite hat. Huth führte immerhin die Italienerin Caroline Kostner zu Weltmeister- und den Tschechen Tomas‘ Verner zu Europameisterehren.

Vielleicht fehlen Huth in diesen Jahren die entsprechenden Talente. „Es ist gewaltig, was die Russinnen können. Ich habe ihre Meisterschaften in Tscheljabinsk verfolgt. Die Weltmeisterin von 2015, Tuktamijewschejewa, belegte dort einen siebenten Platz. In Stockholm holte sie mit ihrem Trainer Alexei Mischin (80) Silber. Die Russen sind uns in allen Disziplinen um Lichtjahre voraus“, glaubt Olympiasieger Anett Pötzsch. Die 60-Jährige arbeitet als Trainerin in Mannheim und gehört zum kleinen Kreis der internationalen Spezial-Preisrichter, die bei Meisterschaften auf die korrekte Ausführung der angekündigten Elemente achten sollen.

Bei den Paaren schwebten die St. Petersburger Anastasia Mischina und Alexander Gallianow zu Gold. Darüber freute sich in Chemnitz auch die einstige Startrainerin Jutta Müller. Als Trainerin des neuen Weltmeister-Paares stand Tamara Moskwina an der Bande. „Mit Tamara haben wir gut zusammengearbeitet. Sie wird im Juni 80 und ist immer noch jeden Tag auf dem Eis“, erinnert sich Gabi Seyfert-Körner.

Gabriele Seyfert. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-G0111-0012-001, CC BY-SA 3_0

Unsere Kufenkünstler laufen der Weltspitze weit hinterher. Jutta Müller (92), die Grand Dame des deutschen Eiskunstlaufs, mahnt die Läufer und Trainer dennoch nicht aufzugeben, vor allem sagt sie: „Sichten, sichten, immer wieder sichten, um die Talente aufzuspüren. Dazu hart trainieren, dann ist der Anschluss auch wieder zu schaffen.“ Ohne Schweiß keinen Preis. Nirgends gilt die alte Volksweisheit so treffend wie im Leistungssport. Die Schmerzen zahlten und zahlen sich bei erfolgreichen Eiskunstläufern jedenfalls bis heute in Berühmtheits-Zehntel aus, die sich durchaus auch auf das Konto auswirken.

Der Paarlauf gehörte in Deutschland zu den Erfolgs-Disziplinen der Kufenkunst. Nur russische/sowjetische Paare standen häufiger auf den WM- und EM-Siegerpodesten als die Deutschen. Bei der WM in Stockholm nun landeten auf den ersten fünf Plätzen nur Russen und Chinesen.

Das soll sich wieder ändern. „Gerade bei den Paaren könnten wir aus meiner Sicht am ehesten wieder die Weltspitze in Sichtweite nehmen“, ist Bundestrainer Alex König überzeugt. Was er als Trainer auf dem Kasten hat, beweist der olympische Goldtanz von Aljona Sawtschenko und Bruno Massot 2018 in Südkorea. Alex König bereitete das Paar mehrere Jahre auf diesen großen Moment vor.

Jetzt kehrte der gebürtige Eilenburger wieder in seine Heimatstadt Berlin zurück und freut sich über das Paar Annika Hocke und Robert Kunkel. „Für ihren 13. Platz müssen wir nicht gleich eine Party organisieren. Aber die Zwei starteten zum ersten Mal bei einer WM und sind solide gelaufen. Auf Annika und Robert setze ich durchaus Hoffnungen für die Zukunft. Übrigens auch auf Minerva-Fabienne Hase und Nolan Seegert, die leider verletzt pausieren müssen.“

Seit 1908 werden Paarlauf-Weltmeister ermittelt. Als erste schwangen und wogten die Münchner Anna Hübler und Dr. Heinrich Burger in St. Petersburg zu WM-Gold. Es folgten die Olympiasieger-Paare Maxi Herber/Ernst Baier, Ria Baran/Paul Falk sowie die Weltmeister Marika Kilius/Hans-Jürgen Bäumler und das Chemnitzer Trio Sabina Baeß/Tassilo Thierbach, Mandy Wötzel/Ingo Steuer sowie Aljona Sawtschenkow/Robin Szolkowy. Auf WM-Siegerpodesten standen auch Manuela Groß/Uwe Kagelmann, Heindi Steiner/Hans Ullrich Walter, Romy und Rolf Österreich sowie Manuela Mager/Uwe Bewersdorff.

Wer werden die Nächsten deutschen WM-Stars sein? „Da müssen wir wohl noch warten. Um sich wieder auf die Siegerpodeste drängeln zu können, muss man wissenschaftlich mit Herz arbeiten und schlagkräftige Zentren schaffen. Nicht 16 sondern ein oder zwei Städte mit den Topläufern“, sieht Gaby Seyfert als Zukunftsvision.

Vorheriger Artikel„Wenn Gott eine tödliche Seuche hereinschickt“ – Die Antwort Martin Luthers auf die Anfrage für ein Gutachten des Kollegen Dr. Johann Hess
Nächster ArtikelGroße Zahl von Kirchenaustritten und kleine Feier der Mitglieder der Kinderfickerkirche in Rom