Deserteur am Mittelmeer – Etta Scollo macht Puppentheater mit Strawinskis „Geschichte vom Soldaten“

Etta Scollo. © Foto: Tobias Dutsche

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Sprache und Musik, Dichtung und Klang – bei Etta Scollo geht beides Hand in Hand. Seit fast 15 Jahren widmet sich die sizilianische Wahlberlinerin der reichhaltigen Kulturgeschichte ihrer italienischen Heimat.

Nun nimmt sie sich Igor Strawinskis Musiktheater „Die Geschichte vom Soldaten“ vor, das vor 100 Jahren, im September 2018 uraufgeführt wurde. Vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs funktioniert das Stück doppeldeutig. Vordergründig harmlos geht es um einen Deserteur, der einen Pakt mit dem Teufel eingeht. Zugleich verhandelt das faustische Märchen bleibende Wahrheiten vor der Kulisse eines verheerenden Krieges.

Die in Berlin lebende sizilianische Sängerin und Komponistin Etta Scollo schlüpft für ihre Interpretation der „Geschichte vom Soldaten“ in die Rolle eines Cuntastorie, eines sizilianischen Geschichtenerzählers. Gemäß dieser Tradition wird der Soldat von einer Handpuppe dargestellt.

Der sizilianische Sound vereint Klangfarben aus Renaissance, Barock und Mittelmeer-Folklore. „Dieser Klang meldet sich immer wieder, wenn ich kreativ bin. Ich fühle darin eine Freiheit“, erzählt Etta Scollo. „In dieser Musik wohnt die Idee des singenden Erzählens. Ich sehe auch Verbindungen zum Bänkelsänger und zur modernen Jazz-Improvisation.“

Die sizilianisch-folkloristischen Zwischenspiele geben der Inszenierung eine ganz eigene Note. Elisabeth Plessen hat den französischen Text poetisch und treffsicher übersetzt. Es spielen Musiker der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker unter Stanley Dodds. Die Ausstattung verantwortet der italienische Künstler und Transavanguardia-Vertreter Mimmo Paladino. „Es handelt sich nicht um ein harmloses Märchen“, stellt Etta Scollo fest. „Was wir heute erleben, hat mit Strawinskis Soldat viel zu tun.“

Veranstaltungshinweis:

1. und 2. Dezember 2018 im Radialsystem Berlin

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