Der Zauberlehrling – Harry meint es gut mit dir in “Harry Potter und der Halbblutprinz”

Der titelgebende “Halblutprinz” ist Voldemort. Potterleser wissen das längst. Doch auch für die muggeligsten Muggels ist das ziemlich leicht zu erraten. Lord Voldemort ist im Potter-Universum der Schurke vom Dienst. Wenn irgendwo um das Zauberinternat Hogwarts etwas Schlimmes geschieht, hat Voldemort damit zu tun. Oder Harrys blondierter – so verrät sich der wahre Bösewicht – Mitschüler Draco (Tom Felton), der unter dem Einfluss Voldemorts steht, Hexe Bellatrix Lestrange (Helena Bonham-Carter), die von Voldemort in den Wahnsinn getrieben wurde oder der finstere Lehrer Severus Snape (Alan Rickman), der auch irgendwie mit Voldemort zu tun hat. Oder – nein, nicht noch mehr Namen. Namen sind bei “Harry Potter” die halbe Miete, beziehungsweise halbe Romanreihe. Ulkige Worte erfinden ist Joanne K. Rowlings Stärke. Vermutlich hat sie als Kind einmal zu oft bei Buchstabierwettbewerben verloren und wollte sich mit ihrem persönlichen Sprachuniversum rächen. Ausgezahlt hat sich die Wortzauberei jedenfalls finanziell. Die Filme, an denen Rowling fleißig mitverdient, sind ebenso erfolgreich wie die Bücher. Eine, die sich so kuriose Wörter ausdenken kann  – Schlickschlurze! Toll, oder? – muss Fantasie haben. Wer wird so engstirnig sein, Fantasie als das Kreieren interessanter Situationen zu werten? Mit denen hapert es in “Harry Potter”. Die Handlung des neuesten Serienfilms ist minimal und so in der Rahmenhandlung der Bücher verankert, dass Neulinge kaum einen Zugang finden. Dessen gesamtes Universum wirkt zusammengeklaubt aus diversen Kinder- und Fantasybüchern, von “Alice im Wunderland” (das verrückte Cricket-Spiel) über “Die Unendliche Geschichte” (seltsame Tierwesen und magische Gegenstände) bis zu “Herr der Ringe” (Gandalf). Clever ist an “Harry Potter” höchstens, wie raffiniert Joanne K. Rowling ihre klischeebelasteten Versatzstücke zu etwas vorgeblich Neuem zusammenschustert.

Das gibt dem ach so originellen “Harry Potter” den Beigeschmack von Plagiat und enthüllt die abgegriffenen Geschichte unter der zaubersprachlichen Tarnkappe.  Das Originellste an der Kinofassung von “Harry Potter und de Halbblutprinz” ist die Ausstattung. Die mit Büchern und Kuriositäten angefüllten Hallen des Internats scheinen den Londonvisionen eines Charles Dickens oder der kindlichen-grotesken Bildwelt Tim Burtons entsprungen. Im Grunde sind sie es, denn Eigenständigkeit zeichnet Rowlings Ideen nicht aus. In den beeindruckenden Kulissen erleben Harry Potter, Hermine und Ron in “Harry Potter und der Halbblutprinz” die sich bereits im vorigen “Harry Potter”-Film abzeichnenden banalen Teenagerschwärmereien. Relevant werden sie für Potteristen – auch Muggles können Worte erfinden – dadurch, dass ihre vertrauten Serienhelden sie erleben. Die “Harry Potter”-Reihe, auf Papier und Zelluloid, besitzt die Anziehungskraft einer Seifenoper. “Bonanza” in Tolkiens Fantasiereich oder “Dallas” für “World of Warcraft”-Spieler. Steckt man einmal drin, muss man einfach weitergucken, sei es nur, um zu wissen, wer der sein wird, der den anderen, der zuvor”¦

Ein Quereinstieg in die “Harry Potter”-Welt ist kaum möglich. Der nächste zu verfilmende Band ist glücklicherweise der letzte. Dann wird der kleine Hexer endlich zu Potte(r) kommen, wenn der Kalauer angesichts der rowlingschen Worterfinderei erlaubt sei. Doppelt hält besser, daher ist die letzte Verfilmung als bombastischer Zweiteiler geplant. Die vereinzelten Muggels, die all die Potteristen mal hogweise können, werden die Kinoeinnahmen nicht verderben. Hatte der große Bruder sein “Harry Potter”-T-Shirt nicht weggeschmissen?  – “Nein! Es kommen doch noch mehr Filme.” Ist er dafür nicht längst zu alt? – “Du bist eben nur ein Muggle!”

Titel: Harry Potter and the Halfbloodprince – Harry Potter und der Halbblutprinz
Start: 16. Juli
Regie: David Yates
Drehbuch: Steve Kloves
Darsteller: Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, Michael Gambone, Helena Bonham-Carter
Verleih: Warner Bros.
www.harrypotter.de

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