Und so wie in Frankfurt immer wieder Friedrich Stoltze, übrigens ein Zeitgenosse des derzeit gefeierten Heinrich Hoffmann, des Schöpfers des „Struwwelpeter“, zitiert wird: „un es will merr net in mein Kopp enei: wie kann nor e Mensch net von Frankfort sei!“, so könnte man die Vorlage nutzen, um zu betonen, daß kein Mensch verstehen könne, wenn die Internationale Buchmesse nicht in Frankfurt am Main stattfände. Die ganz alte Tradition spricht sowieso für Frankfurt, denn hier gibt es die Urkunde von 1160, die Messen bestätigt, weitere Quellen sprechen sogar vom 11. Jahrhundert – damit ist Frankfurt die älteste Messestadt der Welt. Das waren erst einmal Herbstmessen, die aus dem Erntedank resultierten, seit 1330 kamen die Frühjahrsmessen hinzu und die erste ausgesprochene Buchmesse fand 1485 statt – Mainz und der Buchdruck von Gutenberg waren in der Nähe und in Frankfurt siedelten sich viele Verlage und Druckereien an. Grund war die besondere Situation dieser freien Reichsstadt, wie man gemeinhin sagt, weil sie nicht Fürsten, sondern allein direkt dem Kaiser unterstand, was Privilegien, auch die der Steuer, vor allem aber geringere Zensur mit sich brachte.
Seit dem Mittelalter war zudem die Messestadt Frankfurt mit der Messestadt Leipzig durch die Reichsstraße 1 verbunden. Und in Leipzig gab es ebenfalls schon lange eine Buchmesse, die im 17. Jahrhundert so aufblühte, daß schon 1632 diese die Frankfurter Buchmesse von der Masse her, also der Anzahl der Bücher, überholte. Das blieb so bis 1945. Obwohl die Leipziger Buchmesse auch zu DDR Zeiten weitergeführt wurde und eines der wenigen Ereignisse war, wo sich Ost- und Westgeist treffen konnte, fing der Siegeszug der heutigen Frankfurter Buchmesse aufgrund der Staatenteilungen im September 1949 an. Damals wurde in der Paulskirche – ein historischer Ort für die Freiheit des Geistes – und dem Rathaus Römer die erste Messe durchgeführt, von 400 Veranstaltern, von denen über die Hälfte aus dem Ausland kamen. Seit 1951 findet die Internationale Frankfurter Buchmesse auf dem Messegelände statt und ist die Weltmesse für Bücher geworden ist und bleibt dies!
Daß es damit auch aus anderen Gründen seine Richtigkeit hat, betonte Oberbürgermeisterin Roth: „Für internationale Leitmessen beweist sich Frankfurt immer wieder als idealer Standort. Hinsichtlich seiner Lage im Herzen Europas sowie seiner Infrastruktur, mit einem der größten Flughäfen weltweit, kann man sich keinen besseren Standort für die Buchmesse vorstellen.“ Dem stimmt Gottfried Honnefelder zu, dessen Börsenverein auch jährlich zur Buchmesse den renommierten Friedenspreis auslobt und in der Paulskirche feiert: „Die Frankfurter Paulskirche und die Frankfurter Buchmesse liegen nur ein paar Schritte voneinander entfernt. Friedenspreis und Buchmesse, Geist und Geld, Kultur und Handel sind das unverwechselbare Zeichen der Stadt Frankfurt am Main. So ist Frankfurt seit 60 Jahren Mittelpunkt des deutschen Buchlebens und wird das auch weiterhin sein.“
Wie es sich gehört, fand dann der Buchmessendirektor die trefflichsten Worte, was es heute mit der Marke „Frankfurter Buchmesse“ auf sich hat, die von hier aus auch Buchmessen in aller Welt in Gang gesetzt hat, von Novosibirsk über Peking bis Abu Dhabi. Derzeit ist die Frankfurter Buchmesse mit mehr als 7 000 Ausstellern aus 110 Ländern und an die 300 000 Besucher nicht nur die größte Buch-, sondern längst weltweit größte Medienmesse der Welt geworden. Die Digitalisierung und auch Film- und Video wurde von der Buchmesse schon früh als Chance und nicht als Gefahr gesehen und definiert. Zum Vertrag sagte Boos: „Für ein internationales Event vom Ausmaß der Frankfurter Buchmesse ist es wichtig, Sicherheit in der Planung zu haben und einen verlässlichen Partner in der Organisation. Mit der Messe Frankfurt haben wir 1951 einen solchen Partner gefunden und freuen uns auf die weitere langjährige Zusammenarbeit.“
Michael von Zitzewitz erläuterte zum Vertrag auf Nachfrage, daß Vertragsbestandteile in der Regel intern blieben, daß er aber als Messedirektor für alle Beschäftige der Messe sagen könne, daß dies die beliebteste Messe sei, denn jeder Mitarbeit, quer durch die Funktionen und Generationen, besuche auch diese Messe. Und überhaupt sei die Messe auf eine Art mit der Stadt Frankfurt verbunden, die einzigartig sei. Gerade sei erfolgreich das Deutsche Turnfest dort abgehalten worden und auch bei Messeveranstaltungen wie den Konsumgütermessen setzten sich diese in der Stadt selbst fort. „ Uns freut besonders, daß wir diesen langfristigen Vertrag zum 60jhrigen Jubiläum der neuzeitlichen Buchmesse unterzeichnen können. Unser Schulterschluß hat sich in der Vergangenheit bewährt, und das wird auch in Zukunft so bleiben.“
In der anschließenden Diskussion ging es noch einmal um die hohen Hotelpreise, die zur Buchmesse in Frankfurt diktiert werden. Eindeutig war dazu auch das Wort des Buchmessendirektors Boos, der sich mit Zwangsbewirtschaftung durch Frankfurter Hotels wie der Auflage, wer zu Zeiten der Buchmesse hier eine Nacht nächtigen wolle, alle Nächte im Block belegen müsse, nicht zufrieden gibt und solchem diktatorischen Gehabe den Kampf ansagt. Die Folge, daß viele täglich mit dem Flugzeug anreisen, weil das billiger sei, ist nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten unsinnig. Wie sich die Buchmesse dabei gegenüber den privatwirtschaftlich organisierten Hotels allerdings noch stärker ins Zeug legen kann, ist kaum vorstellbar, denn die Buchmessenzeit ist die einzige, wo alle Hotels der Stadt und des Umlandes restlos ausgebucht sind. Von den Möglichkeiten des Deutschen Turnfestes, wo Schulen in Frankfurt und Umland zum Übernachten präpariert wurden, sprach allerdings keiner. Geist braucht heute auch weiche Kissen. Das kostet Geld.
Die nächste Frankfurter Buchmesse folgt vom 14. bis 18. Oktober 2009.