Der Usedomer Musikpreis geht an den Bariton Konstantin Krimmel

Bariton Konstantin Krimmel. © GM, Foto: Geert Maciejewski

Stolpe, Usedom, Deutschland (Weltexpress). Erst vor wenigen Wochen wurde Konstantin Krimmel für den renommierten Opus-Klassik-Preis nominiert. Beim Usedomer Musikfestival erhielt der Bariton nun den Usedomer Musikpreis 2020, der von der Oscar und Vera Ritter Stiftung ausgelobt wird. Ort der Preisverleihung: am Ende einer holprigen Allee, an der verschlafenen Küste des Stettiner Haffs. Hier steht das Schloss Stolpe, wo einst die Grafen von Schwerin ihren Stammsitz hatten.

An diesem Ort überreichte der Festival-Dramaturg Jan Brachmann die Auszeichnung im Rahmen eines von ihm selbst moderierten Salon-Formats. Krimmel und der Pianist Florian Heinisch boten dem hygienebedingt ausgedünnten Publikum eine Auswahl von Beethoven-Liedern dar. Dabei zeigte der 27-jährige Bariton seine besondere Begabung für den Liedgesang, der mit ganz anderen Herausforderungen als das Opernfach einhergeht.

Krimmels Stimme ist weich und fokussiert. Der Sänger verfügt über feine lyrische Nuancen und sprachliche Sorgfalt. Eindringliche Dramatik und die Gabe des Geschichten-Erzählens liegen ihm ebenso wie augenzwinkernder Witz, den er mit dem skurrilen „Floh-Lied“ aus Goethes „Faust“ unter Beweis stellte.

Krimmel, der aus Ulm stammt und im zarten Alter den St. Georgs Chorknaben angehörte, weilt zum ersten Mal auf der Ostseeinsel Usedom. Erst vor zwei Jahren hat er sein Gesangsstudium in Stuttgart abgeschlossen. Doch er kann bereits wichtige Wettbewerbssiege und prestigeträchtige Auftrittsorte vorweisen. Seine Debüt-CD „Saga“ wurde weithin gelobt. Der Sänger erhielt Einladungen von der Wigmore Hall London, dem Konzerthaus Berlin, dem Heidelberger Frühling oder dem Oxford Liederfestival. Sogar als „den kommenden Fischer-Dieskau“ hat man ihn bezeichnet.

Auf Schloss Stolpe wurde die Preisverleihung in eine Art Salon-Kultur verpackt. Zunächst spielte der Pianist Florian Heinisch Klaviermusik von Beethoven, darunter die von Einfällen übersprudelnde, improvisiert anmutende Fantasie op. 77 sowie die schwarzhumorigen Bagatellen op. 126, Beethovens letztes Klavierwerk.

„Beethovens Lieder, seine Klavier- und Kammermusik gehören in den Salon“, stellt der Festival-Dramaturg Jan Brachmann fest. Als Gesprächspartner hat er den Schriftsteller Albrecht Selge eingeladen, der im Frühjahr einen Beethoven-Roman veröffentlichte. Dritter im Bunde ist Malte Boecker, Direktor des Beethovenhauses Bonn.

Im anregenden Gespräch ging es weniger um Beethovens Musik, obwohl Broecker meinte, eine Annäherung an den Komponisten könne „nur über das Werk erfolgen“. Vielmehr räumten die Drei mit dem Image des Komponisten auf, das von zahllosen Anekdoten verkleistert ist: Beethoven war taub und einsam, ständig unglücklich verliebt, neigte heftig dem Wein zu – so das gängige Klischee, das wohl höchstens teilweise stimmt, wenn man den drei Kennern glaubt.

Was die rätselhafte „Unsterbliche Geliebte“ angeht, an die Beethoven 1802 einen nie abgeschickten Brief schrieb, so besteht in der Beethoven-Forschung inzwischen weitgehend Konsens: Es handelt sich um die Gräfin Josephine Brunswick, die Beethoven als Klavierschülerin kennenlernte.

Mit dieser Dame ist auch Beethovens „Andante favori“ verbunden, was Florian Heinischs gesangliche Interpretation des Klavierstücks deutlich machte: Im Anfangsthema klingt der Name „Jo-se-phi-ne“ an.

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