Selbst, um einen mit einem Abhörgerät versehenen Kaugummi unter einen Tisch zu kleben, ist James Reese (Jonathan Rhys-Meyers) zu ungeschickt. Verständlich, dass der britische Botschafter in Paris (Richard Durden) ihm den ungehobelten amerikanischen Agenten Charlie Wax (John Travolta) Partner zur Seite stellt. Halbirre Gewaltfanatiker wie ihn gibt es in Frankreich anscheinend nicht. Sie müssen eigens aus den USA eingeflogen werden. In Wax ´ Reisetasche befindet sich eine Auswahl an Feuerwaffen, die jedes NRA-Mitglied vor Neid erblassen ließe. James muss nur noch flugs den Aufkleber mit „Diplomatengepäck“ auf die mit Mordwerkzeugen gefüllte Tasche kleben. Der Diplomat von heute trägt statt der Aktentasche eine Knarre, der er Lieder vorsingt wie Wax es in einer Szene tut. Mit Menschenleben geht Wax weniger pfleglich um als mit seiner Pistole. Die ungleichen Agenten müssen ein terroristisches Komplott verhindern, in das James Freundin Caroline (Kasia Smutniak) verwickelt ist.
Wer als Franzose etwas auf sich hält, hat ein Waffenarsenal versteckt. Der Tischkellner im China-Restaurant holt die Maschinenpistole raus, der Koch zückt gleich zwei davon. Die asiatischen Banden-Mitglieder haben Messer und Knarren, der zwielichtige Kriminelle eine Horde schwer bewaffneter Schläger zur Hand und in den Banlieus zücken schon Zehnjährige Kanonen, die größer sind als sie selbst. Für Besson ist Paris eine Stadt, in der Zentner von Drogen in scheinbar gewöhnlichen Familienbetrieben gehortet werden. Mord und Totschlag gehören hier zum Alltag. Nicht einmal der Rentner aus der Nachbarwohnung schreit bei lauten Schießereien noch „Ruhe!“ vom Balkon. Bessons eigene Landsleute können nichts dafür. Kriminelle Ausländer machen die Cité D ´Amour zum gefährlichen Pflaster. Sarkozy hatte schon immer Recht! Die diskriminierende Darstellung fremdländischer Figuren auf der Leinwand ist so penetrant, dass man sich fragt, ob Bessons Streifen vom rechten Regierungschef persönlich initiiert wurde. Bei der ersten Schießerei trifft es Chinesen, danach nochmals Asiaten, danach Araber, verschiedene Jugendliche ausländischer Herkunft, eine Pakistanerin, noch einen Pakistaner und zuletzt James osteuropäische Freundin Caroline. Von Carolines Schuld überzeugt James ihr Entwurf eines weiten Gewandes mit Kopfschleier, den er unter ihren Modeskizzen findet.
US-Amerikaner Wax und der britische James sind von diesen Negativstereotypen selbstverständlich nicht betroffen. Westliche Staatsbürger haben die Lizenz zum Töten. Jeden anderen markiert die Waffe als potentielle Zielscheibe. So ausgiebig wird in „From Paris with Love“ geballert, dass den Produzenten das Geld für mehr Statisten fehlte. Sind keine Menschen zum Umlegen übrig, müssen Schaufensterpuppen dran glauben. Das Budget floss in die untadelig inszenierten Schusswechsel und Autoverfolgungsjagden. Zeitraffer, rasante Perspektivwechsel und Zeitlupe garantieren hochkarätige Actionsequenzen. Der Kommentar eines Regierungschefs über Wax ´ Arbeitsmethoden scheint eine Selbstreferenz Bessons: „His play book is a little unorthodox. But he always gets it done.“
Allerdings ist das Resultat „From Paris with Love“ aufgrund seiner rassistischen Klischees und menschenverachtenden Brutalität, welche sich weniger in den Gewaltszenen als dem Verhalten und Dialogen der Hauptfiguren manifestiert, trotz gelungener Actionszenen schwer erträglich. „War das nicht echt beeindruckender Scheiß?“, fragt Travolta alias Wax auf der Leinwand. Erstes nein, Zweites ja.
Titel: From Paris with Love
Land/ Jahr: Frankreich 2010
Genre: Actionfilm
Kinostart: 18. März 2010
Regie: Pierre Morel
Drehbuch: Adi Hasak nach einer Story von Luc Besson
Darsteller: John Travolta, Jonathan Rhys-Meyers, Kasia Smutniak, Richard Durden
Laufzeit: 93 Minuten
Verleih: Universum Film