Der Kanal von Korinth

Eine technische Meisterleistung: Der Kanal von Korinth, hier mit der Eisenbahnbrücke, wurde 1893 eröffnet. Schnurgerade zieht er sich durch die Landenge zwischen Isthmia und Korinth und verbindet das Ionische mit dem Ägäischen Meer.

Die über 2.000 Meter hohen Berge der Peloponnes weichen zurück. Eine schattige Eukalyptus-Allee weist den Weg zum Privathafen in Isthmia. Pünktlich muss man an Bord der „Canal Vista“ gehen, einem 26 Meter langen Schiff mit drei Decks. Denn bei der knappen Fahrwasserbreite von 24,6 Meter ist die gut einstündige Passage jeweils nur in einer Richtung möglich. Tatsächlich scheint das Boot die ganze Kanalbreite einzunehmen. So jedenfalls mutet es die Passagiere an. Gewaltig wirken die beinahe senkrecht bis zu 60 Meter aufsteigenden Kanalwände über der schmalen schnurgeraden Wasserlinie. Sauber und klar schimmert das Wasser, so blau wie der Himmel. Kinder baden an der Bootsanlegestelle, wo der Kanal eine winzige Steinplatte freigibt. Reger Verkehr herrscht auf der Eisenbahn- und den zwei Straßenbrücken, die ihn überspannen. Die Wassertiefe variiert zwischen 7,50 und acht Meter, erfährt man während der Durchfahrt. Und noch viel mehr: 602 v. Chr. startet die Kanalgeschichte.

Die Idee, den Isthmus zwischen Isthmia und Korinth zu durchstechen, womit sich der Seeweg von Piräus zu den Ionischen Inseln um 325 Kilometer verkürzt, hatte als erster der Tyrann von Korinth, Periander (627-585 v. Chr.). Er wurde zu den Sieben Weisen gezählt und bescherte Korinth eine wirtschaftliche Blütezeit. In jener Epoche wurden die Schiffe, mit Fett bestrichen, auf dem Landweg, einer antiken Schiffsgleitbahn, von einem Meer zum anderen geschleift. Da sie, darunter auch die Trieren (Dreiruderer) genannten Kriegsschiffe, die in den Perserkriegen und im Peloponnesischen Krieg eingesetzt waren, recht klein waren, reichte die Muskelkraft von Sklaven aus, während Zugtiere die Güter transportierten. Auf dem Land oberhalb der Kanalwände glaubt der Betrachter gar, noch so eine Schleifspur erkennen zu können.

Drei Jahrhunderte nach Periander zog man ägyptische Ingenieure zu Rate. Ohne Erfolg. 44 v. Chr. und 37 n. Chr. schmiedeten die römischen Kaiser Julius Cäsar und Caligula Pläne für einen Durchstich des Isthmus, die sie wieder fallen ließen. 66 n. Chr. nahm Nero das Projekt von beiden Meerseiten in Angriff. Den ersten Stich mit einem vergoldeten Spaten soll der Kaiser selbst getan haben. Tausende Arbeiter gruben bis zu einer Länge von 3.300 Metern und – gaben auf. Auch spätere Versuche der Byzantiner kamen zu einem abrupten Ende.

Erst mit der Industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts und nach der Eröffnung des Sueskanals im Jahre 1869 – 2400 Jahre nach der Regentschaft des Tyrannen Periander – wurde die uralte Idee eines Durchbruchs verwirklicht – nach Neros Plänen.

Die geologischen Gegebenheiten – lockere Mergelschichten – führten dazu, dass zeitweise riesige Erdmassen herab stürzten, so dass der Kanal über größere Zeiträume für den Verkehr geschlossen werden musste. Schlimmer als die Natur wüteten die deutschen Truppen, als sie am 3. Oktober 1944 bei ihrem Abzug die Kanalwände sprengten und Eisenbahnwaggons im Kanal versenkten. Fünf Jahre dauerte die Instandsetzung.

Heute befahren jedes Jahr etwa 12.000 Schiffe aus über 50 Nationen den Kanal – in friedlicher Absicht.

Am südöstlichen Ausgang angekommen, könnte man von einem der Cafés aus zusehen, wie, will ein Schiff passieren, eine schmale Straßenbrücke im Wasser versinkt und dann triefend wieder empor kommt. Man könnte an den Sandbuchten ein Bad nehmen. Auf jeden Fall aber muss man von der alten Landstraßenbrücke einen Blick hinab werfen auf diese schöne künstliche Schlucht.

Zur Pflicht eines jeden Urlaubers gehört ein Besuch von Alt-Korinth, auf 575 Meter hohem Fels gekrönt von der weitläufigen Burganlage Akrókorinth mit eindrucksvollen Mauern aus antiker, fränkisch-byzantinischer, venezianischer und türkischer Zeit. Im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. war das antike Korinth, seit 1896 durch Ausgrabungen freigelegt, Griechenlands bedeutendste Stadt und Zentrum der Keramikherstellung. Auch heute noch können Souvenirjäger korinthische Vasen erstehen, nach antikem Vorbild handbemalt. 146 v. Chr. von den Römern zerstört, gründete Cäsar die Stadt im Jahre 44 als römische Kolonie neu. Zu sehen sind u. a. Überreste des dorischen Apollontempels (nach 550 v. Chr.), gegen den sich die Predigten des Apostels Paulus in den Jahren 49 bis 51 n. Chr. gerichtet haben sollen, die römische Agora, der antike Marktplatz also, ein unter Hadrian erbautes Theater, ein Amphitheater und das Quellhaus der Glauke, Tochter des korinthischen Königs Kreon. Den Brunnen soll ihr Herodes Atticus (101-177) gestiftet haben – übrigens auch er ein Befürworter des Kanaldurchstichs. Kapernsträucher umranken das antike Gemäuer, Zikaden übertönen lautstark die Erklärungen des Guide. Und die griechische Sonne trägt das Ihre zum wohligen Urlaubsfeeling bei.

Info:

Periandros S.A., Isthmia Corinth, Tel. 0030/27410/30880, Mobil 0030/69420/13685, E-mail: canalvista@periandros.gr, www.corinthcanal.com

Griechische Zentrale für Fremdenverkehr in Frankfurt/M., Tel. 069/2578270, info@gzf-eot.de, www.visitgreece.gr, www.gnto.gr

Unterkunft: Robinson Club Kyllini Beach und Grecotel Olympia Riviera Thalasso, beide auf der Westpeloponnes mit herrlichem Sandstrand, ideal für Familien, zu buchen über TUI und im Reisebüro.

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