Der Fluss, ein Geschenk wie 1001 Nacht – Unter fünf Sternen im ältesten Kreuzfahrtrevier und größten Freiluftmuseum der Welt

MS Nile Excellence vor Luxor

„Ich glaub ´, das ist das Paradies, Mama!“ kräht es kindlich erstaunt von hinten, als die Maschine kurz nach dem Start aus verschneiter Winterlandschaft die graue Wolkendecke durchbricht und gleißendes Sonnenlicht in die Kabine flutet. Daran ändert sich auch bis zur Landung nach gut vier Stunden nichts.

Mit diesen kontrastreichen Einstimmungen stehen die Zielkoordinaten fest: Ägypten.

Geschichte und Legende

„Hallo, ich bin Osama, aber ohne Bin Laden“, wird der Gast an der Gangway vom Maí®tre d ´Hotel fröhlich auf Deutsch begrüßt. Unter den Planken gurgelt es grün hindurch. Angekommen auf dem Nil, mit 6671 Kilometern nicht nur längster Fluss Afrikas, sondern auch der Welt. Dagegen nehmen sich die 530 Kilometer, die die luxuriöse „Nile Excellence“ zwischen Luxor, Assuan und retour durchpflügen soll, geradezu bescheiden aus. Weniger bescheiden ist das, was den Passagieren des respektablen Fünf-Sterne-Flusskreuzfahrtschiffes geboten wird: eine achttägige Reise durch das weltweit größte Open-Air-Museum mit seiner vieltausendjährigen Geschichte.

Selbst das braun-schwarze Passagierschiff am Nachbaranleger ist historisch: der noch aktive 120 Jahre alte Raddampfer „Sudan“ (Filmname „Karnak“). Auf seinen Planken wurde 1977/78 der Agatha-Christie-Krimi „Tod auf dem Nil“ mit Film-Legende Peter Ustinov gedreht.

Rund 450 überwiegend sehr moderne Kreuzfahrtschiffe, gebaut zum Teil auch in Europa, bis zu 115 Meter Länge soll die Nil-Flotte inzwischen umfassen. An den Kais von Luxor drängeln sie sich denn auch. Knappe Plätze zwingen hier sogar zum Liegen in Achter-Päckchen.

Schiebetür mit Panoramablick

MS „Nile Excellence“ ist mit ihrem Noch-Einzelplatz privilegiert. Schiebetür auf und warme Luft verdrängt die Kühle der Klimaanlage. Ein 180-Grad-Fluss-Panorama liegt dem Gast zu Füßen, untermalt von heiseren Muezzin-Rufen. Bis zum westlichen Horizont mit wüstengelben Bergen schweift der Blick. Irgendwo vermutet man das Tal der Könige. Am gegenüberliegen Ufer Lehmhütten, Palmen und ein Wald aus Masten einheimischer Segel-Feluken. Dieser Traumblick kann auch verbaut sein: durch ein Nachbarschiff.

Kreuzfahrtleiter Uwe Wieselmann hält den obligaten Einführungsvortrag. „Wir haben ein paar sehr frühe Abfahrten im Programm“, lässt er Langschläfer zusammenzucken, um ihnen psychologisch geschickt gleich wieder ein Bonbon zu servieren: „Dafür haben Sie die Highlights fast ganz für sich allein“. Gegen „Pharaos Rache“ empfiehlt er überdies ein „garantiert wirksames“ ägyptisches Anti-Durchfall-Diät-Rezept: Reis, Zitronensaft und Bananen. „Erst wenn alles nichts mehr hilft“, rät der landeskundlich versierte Mann, „sollte man Tabletten nehmen, aber bitte nur einheimische, weil die sich mit den ägyptischen Bakterien auskennen!“ Ob man schon mal etwas von den „Geieralleen“ gehört habe? Schweigen. Durch diese Mini-Basare werde jeder Tourist am Ende einer Besichtigung geschleust. „Das ist fast wie Spießrutenlaufen, aber reagieren Sie einfach nicht auf die Händler-Angebote und gehen Sie hoch erhobenen Hauptes hindurch“. Andernfalls zeige man Interesse an einem Deal. Während der Reise werden Viele dennoch schwach.

Biblisches Morgenland

Amr El Deeb hat jetzt das Sagen. Der 32-jährige Ägyptologe aus Kairo nimmt uns unter seine fachkundigen Reiseleiter-Fittiche. Im Bus – das Schiff fährt wegen Niedrigwasser nicht nach Norden – verzichtet er auf Dauerberieselung über den Buslautsprecher. Stattdessen trägt er ein Mikrophon und gibt Jedem einen Empfänger, den man sich um den Hals hängen – und auch abschalten kann. Sehr angenehm nicht nur in morgendlichem Halbschlaf!

Leise hört man erste Informationen: Luxor, arabisch el-uksur, bedeute so viel wie „die Paläste“ oder „Tempel der Götter“. Die beiden Großanlagen, verbunden mit den berühmtesten Pharaonen-Namen, widmeten sie dem Gott Amun. Die heutige Nil-Metropole, später griechisch Theben genannt, erhebt sich auf den Fundamenten der früheren ägyptischen Hauptstadt Waset.

Gespenstisch beleuchtet von zahllosen flackernden Müllfeuern, führt die Fernstraße nach Kairo am rauchgedeckelten Nil entlang nach Norden, immer wieder unterbrochen durch schikanöse Checkpoints. Bodenwellen und Straßensperren reduzieren schon vorher das Tempo. Martialisch lugen Maschinenpistolen aus Schießscharten, huschen schwarz Uniformierte um die Fahrzeuge. „Touristen-Polizei“, sagt Amr augenzwinkernd, „zu unserer Sicherheit!“ Seit dem verheerenden Attentat im Tempel Hatschepsut bei Luxor – hier starben im November 1997 68 Menschen – ist man im Land der Pharaonen auf der Hut. Jahrelang lag der Tourismus, eine der wichtigsten Einkünfte Ägyptens, am Boden.

„Wussten Sie eigentlich“, fragt er, „dass der Nil nur 1300 Kilometer durch Ägypten fließt?“ Aber: „Durch sechs Länder mit nur einer Kultur!“ Amr ist stolz darauf. Die wie ein Film vorbeihuschenden Bilder von Armut und Dreck assoziieren alles andere als „1001 Nacht“, erst recht nicht die eindringenden orientalischen „Düfte“. Geradezu „biblisch“ erscheint die Szenerie: Menschen in langen, wehenden Gewändern mit Turbanen und Kopftüchern, offene Strohhütten, Esel, Schafe und Kamele. So kurz vor Weihnachten möchte man ans „Morgenland“ denken mit einem riesigen Krippenspiel.

Kreuzfahrt-Pionierin Kleopatra

Links und rechts der Straße gedeihen Obst und Gemüse, natürlich unübersehbar auch leuchtend rote Tomaten. Pumpen heben Nil-Wasser aus Bewässerungsgräben und sorgen für intensive Fruchtbarkeit der Fluss-Oase. „Das ist unsere Lebensader“, erklärt Amr das sattgrüne Band zwischen den lebensfeindlichen Wüsten, „Ägypten ist ein Geschenk des Nils!“ Für ein reiferes Ehepaar ist die Reise selbst ein Geschenk: zum 40. Hochzeitstag.

Neben dem Bus stoppt ein LKW voller Tomaten. Kommentar einer Mitreisenden: „Guck mal, die werden extra von den Kanarischen Inseln geholt!“ Antwort ihres Begleiters: „Kann man nich essen, schmecken ja nach nix!“ Hier muss etwas verwechselt worden sein.

Kurz vor unserem Ziel, dem Hathor-Tempel bei Dendera, staut sich der Verkehr vor der Nil-Brücke. O-Ton von gegenüber: „Ich dacht ´, hier gibt ´s keine Staus!“ Beschwichtigende Antwort: „Musst nich immer alles glauben, wat die dir erzählen!“

Problemlos erreichen wir die „Kultstätte der Himmels- und Liebesgöttin“. Wir haben sie – wie prophezeit – zu dieser frühen Stunde für uns allein. Auch die beiden Tomaten- und Staubeobachter lauschen jetzt andächtig Amres Erläuterungen. „Eine Besonderheit“, zeigt er auf ein Relief an der rückwärtigen Außenfassade, „ist die Darstellung von Kleopatra, Gaius Julius Cäsar und ihres gemeinsamen Sohnes Cäsarius Ptolemäus. Diese Darstellung gibt ´s nur hier!“ Und noch etwas: eine in den Sandstein gemeißelte Nil-Barke. 49 vor Christus ließ sich die Dame – „gar nicht mal hübsch, aber klug und dadurch attraktiv“, so die Einschätzung des Ägyptologen Amr – von Sklaven flussaufwärts nach Assuan rudern. Mit von der Boots-Partie ab Kairo: Julius Cäsar. Pikant: An Bord zeugte er seinen Sohn.

Seit dieser Fahrt vor 2060 Jahren trägt der längste Fluss der Welt auch das Prädikat: ältestes Binnenkreuzfahrt-Revier der Erde.

Corniche-Impressionen

„Merry Christmas!“ leuchtet das digitale Spruchband über dem Salon. Daneben ein schwer mit Kugeln und Kerzen behängter Kunststoff-Weihnachtsbaum, auf dem Tresen der Rezeption ein weißbärtiger Weihnachtsmann in roter Kluft, die Kabinentüren mit roten Schleifchen besteckt. Während unserer Tempel-Tour haben fleißige Hände das Schiff festlich hergerichtet. Sogar eine beleuchtete Modellkirche mit überdimensionalen Kreuzen auf den Türmchen gehört zum christlichen Ensemble. Konzession an abendländische Gebräuche. „Als tolerante Moslems haben wir keine Probleme damit“, sagt der rührige Schiffsmanager Ahmed Mahmoud Ahmed mit breitestem Lächeln.

Am Rand der belebten Corniche, der Nil-Uferpromenade von Luxor, lauern geschäftstüchtige Droschkenkutscher auf Touristen. „Guten Tag!“, wird man begrüßt und staunt über den deutschen Wortschwall: „Alles klar?“, „Mensch, Meier!“, „Eine Kutsche, billisch, billisch!“ Wer handelt, hat eine Stadtrundfahrt im Zuckeltrab gewonnen.

Ibrahim, 28-jähriger Feluken-Kapitän, zieht stillere Werbemethoden vor und den Gast an Bord seines archaisch anmutenden Einmast-Seglers „Nile Dream“. Der Traum des Nubiers aus Oberägypten an der sudanesischen Grenze sei es, auszuwandern nach Brasilien und im Tourismus zu arbeiten. Nicht in Deutschland? Nein, da sei es ihm zu kalt. Als er die aktuellen Temperaturwerte im Minusbereich vernimmt, fühlt er sich bestätigt und lächelt mit blendend weißen Zahnreihen.

Statt Feluken-Törn, der ohnehin auf dem Ausflugs-Programm steht, fällt die Entscheidung zugunsten eines abendlichen Ton-Licht-Spektakels im Karnak-Tempel. Zwar schieben sich Menschenmassen durch das Labyrinth der gigantischen Säulen, aber die Show ist einfach erlebenswert. Einzelne Bauphasen werden durch dramatisches Scheinwerfer-Licht hervorgehoben, die Narben der Zeit vom Dunkel der Nacht verdeckt. Etwas für Romantiker allemal.

Im Reich der Toten

06.30 Uhr, unchristlich früh! Signal zum Aufbruch in die Unterwelt von Theben-West. Doch zuvor gilt es den auch noch müde dahinfließenden Nil zu bezwingen – mit der kleinen „Nile Story“, die mit Deutschland-Fähnchen dekoriert ist. Eine der vielen typischen Barkassen. Mit ägyptischen Frühaufstehern wieseln sie über den Fluss. Die nächste Brücke würde einen weiten Umweg bedeuten, den nur der Bus nimmt. In Serpentinenfahrt werden die Kreuzfahrer hinauf in die kahlen Sandsteinberge gekarrt. Kleine Löcher hoch oben sind Eingänge zu Gräbern, die so vor Plünderern geschützt werden sollten. Auch der inzwischen im Kairoer Ägyptischen Museum ausgestellte berühmte Pharao Tutanchamun wurde hier 1922 unversehrt aus seiner Ruhestätte geborgen. Durch steile Gänge geht es hinab zu Ramses I. und II. Selbsternannte „Grabkammerführer“ warnen immer wieder: „Kopf einziehen!“ und fragen im selben Atemzug: „Kugelschreiber?“

Fantastisch erhaltene farbenfrohe Felszeichnungen – die figürlichen Buchstaben-Symbole können selbst Laien entziffern und „lassen sich“, so Amr, „wie ein aufgeschlagenes Geschichtsbuch lesen“ – schmücken die fahl beleuchteten Gänge. Manch ein Tourist verewigte sich unrühmlich darin durch Kratzereien. Zeitgenössische Dummheit und 3000-jährige hautnahe Kunst! Auch diesmal hat sich das schlafabkürzende Zeitmanagement rentiert: Die „Nile-Excellence“(n) sind die Ersten und genießen das Privileg des frühen Aufstehens.

Am Totentempel der Königin Hatschepsut drängeln sich bereits internationale Massen. 1997 waren sie ein leichtes Spiel für islamistische Mörder. Die Gedanken an den Terrorüberfall lassen den Betrachter nach wie vor erschauern.

Doch der Blick auf die dreistufige Terrassenanlage am Fuße einer rötlich-goldgelb schimmernden Sandstein-Wand sorgt dafür, dass solche Gedanken verdrängt werden. Für Ägyptologen ist das Bauwerk noch voller Rätsel, und Romanautoren ließen sich durch sie und die Königin inspirieren. „Unter dem Sand liegen noch viele Rätsel, denn 90 Prozent aller altägyptischen Denkmäler sind noch nicht ausgegraben“, weiß Amr.

In einer der zahlreichen Alabastermanufakturen am Rande des Tals kann man sich lebhaft vorstellen, wie auch schon zu Pharaonen-Zeiten Kunst hergestellt wurde. Am Boden hockende, ehemals braunhäutige, jetzt weiße, weil völlig verstaubte Männer lassen unter ihren Händen Statuen sozusagen am laufenden Band entstehen: von heiligen Katzen bis hin zu bunten Nofretetes in allen Größen. Die beiden Memnon-Kolosse sind als Mini-Ausgaben auch darunter. 18 Meter sind die Originale, einer davon durch Erdbeben-Risse gezeichnet, hoch und je 1200 Tonnen schwer. Übersät mit altgriechischen Verehrungs- „Graffiti“, denn Memnon fiel als Sohn der Sonnengöttin Eos vor Troja.

Lebensnahe Ein- und Ausblicke

12.45 Uhr: Pünktlich klatschen die Leinen ins ölige Wasser. Die beiden 460-PS-Diesel lassen das Schiff erzittern. Auf der Brücke steht Kapitän Mohammed: in dunkelbraune Haut gebrannte Lachfalter, darüber ein weißer, lässig ins Genick geschobener Turban, flatternder dunkelgrauer Kaftan, barfuß. Seine Männer, alle in klassischer Matrosen-Uniform mit „Kieler-Kragen“ und Pompon-Mützen, hantieren nach seinen weitausholenden Gesten und Rufen unten auf dem Vorschiff.

Das Nil-Abenteuer beginnt! Auf Deck fünf, der weitläufigen Sonnengalerie, werden Liegestühle gerückt, der Pool getestet, Drinks beim Steward geordert und geschlürft. Entspannung nach kurzen Nächten macht sich breit. Meint ein Gast relaxed zu seiner Frau: „Schön, dass wir jetzt endlich Schiff fahren und die Freuden der Langsamkeit genießen können!“ Über allem ein makellos blauer Sonnenhimmel, weit weg von jeglichem Gedanken an Weihnachten.

Sattgrüne Gemüse- und Baumwollfelder, Dattelpalmen-Haine, Zuckerrohr- und Bananen-Plantagen kontrastieren zu den immer enger den Fluss einschnürenden rosa-gelben Sandsteinbergen und Dünen. Knatternde Dieselpumpen fördern das lebensspendende Nass an Land in Bewässerungsgräben. Von Deck aus lassen sich allerlei Einblicke in das geruhsame Leben der Bauern und Fischer erhaschen. Qualmende Feuerstellen würzen die Luft.

Reichlich Kapitäns-Erfahrung

Immer wieder ruft der Muezzin aus flächendeckenden Minarett-Lautsprechern, untermalt von rauen Eselsschreien. Auch Kapitän Mohammed und seine Flussmatrosen nehmen die Gebetsstunden wahr. Dazu bedarf es nur eines Teppichs, der auf der Brückennock ausgerollt wird. Knieend vollziehen sie ihre Koran-Übungen. Doch ein Steuermann hält nach wie vor die Wacht. Trotz der stillen Einkehr lässt er das Dreiklang-Typhon losdröhnen, wenn er auf einem vorbeifahrenden Schiff, und das sind viele, befreundete Kollegen entdeckt. Armerudernd stehen sie dann auf ihren Brücken, rufen sich etwas zu, denn Funk gibt es hier nicht. Mohammed fährt schon 35 Jahre auf dem Fluss. Ein Patent habe er nicht, „weil man es hier nicht braucht. Was allein zählt, ist Erfahrung“. Die habe ihm sein Vater vermittelt. „Aber nicht das Lesen und Schreiben“, lächelt er, „auch das brauche ich an Bord nicht“. Zielgenau fädelt er das Schiff in die einzige Schleuse ein: mit ruhiger Hand und klaren Kommandos an den Rudergänger.

Nach der Natur- nun wieder eine Kultur-Pause in der Stadt Edfu 50 Kilometer stromaufwärts. „Der Horus-Tempel ist das besterhaltene Heiligtum Ägyptens“, lässt sich Amre über Kopfhörer vernehmen. Ein meterhoher granitener Horus-Falke wacht im Hof am Eingang zur gewaltigen Säulenhalle. Mit frühen Kreuzfahrtspuren: Göttin Hathor ließ sich in zwei Wochen hierher zur Hochzeit mit Horus rudern. So erzählt es ein Relief. Das lassen sich die modernen Kreuzfahrer genüsslich auf der Zunge zergehen – bei Weihnachtsgebäck und ägyptischem Tee im Liegestuhl.

Vor der tiefer sinkenden Sonne geraten die Palmwedel am Ufer zu Scherenschnitten. Im Zeitlupentempo dahinsegelnde Frachtfeluken recken ihr charakteristisches Dreieckstuch gegen den vergoldeten Abendhimmel. Vor dem zeichnet sich an Backbord der angestrahlte wuchtige Doppeltempel von Kom Ombo ab, gewidmet Horus und dem Krokodilgott Sobek. Der wachte über die Echsen, die sich noch bis ins 19. Jahrhundert auf einer Flussinsel vor der Stadt paarten. Mumifizierte Exemplare sind in einer Tempel-Kapelle zu besichtigen.

Füßevertreten auf altehrwürdigem Gestein, dann ein paar Gläser ägyptischen Wein bei Kerzenschein. Nil-Romantik unterm Sternenhimmel im Dezember.

Die letzten 65 Kilometer nimmt MS „Nile Excellence“ im Nachtsprung. Mit Radar- und Scheinwerfer-Strahlen tastet sich der Kapitän voran, denn auf dem Nil fahren kleinere Boote grundsätzlich unbeleuchtet.

Assuan – Technik und Schönheit

In unserer Zeit bekannt geworden ist die oberägyptische Stadt Assuan durch den gleichnamigen Hochdamm. Das umstrittene Betonmonster wurde zwischen 1960 und 1971 von sowjetischen Ingenieuren hochgezogen und gilt mit dreieinhalb Kilometern Länge, einem Kilometer Breite und 111 Metern Höhe als das gewaltigste Bauwerk Ägyptens seit den Pyramiden. Die Wasser aus dem tropischen Afrika konnten seitdem zur Energiegewinnung und Bewässerung nutzbar gemacht werden.

Möglich wurde diese technische Großleistung durch sechs Granitschwellen, die Nil-Katarakte. Sie schnüren dem Fluss eine Taille, so dass er sich an dieser Stelle ideal zum Aufstauen eignete. Für die Architekten der Pharaonen war Granit bevorzugter Baustoff. In den Steinbrüchen von Assuan, dem Carrara Ägyptens, wurde er gebrochen. Staunen auch angesichts eines riesigen, über 40 Meter langen und 1000 Tonnen schweren Obelisken. Den ließ man vor 3500 Jahren halb fertig zurück. Wegen eines Risses.

Während einer Fahrt mit dem „Love Boat Cleopatra“ erschließen sich dem Betrachter die landschaftlichen Schönheiten wie ein Bilderbuch: glattgewaschene Felsen in dunkelblauen Wasserwirbeln, auf dem die weißen Segel der Feluken schwimmen, in Treibgut stochernde weiße Ibisse, goldgelbe Sanddünen mit Kamelen, wogende Palmwipfel, dazwischen immer wieder Blüten-Farbtupfer auf roten, weißen und violetten Bougainvilleen-Sträuchern. Alles überragt vom festungsartigen Mausoleum des Aga Khan. Auf der Rückfahrt passiert man das legendäre „Old-Cataract“-Hotel, in dem Agatha Christie 1937 den Roman „Tod auf dem Nil“ verfasste. Unverändert seitdem sicher auch Stimmungen, Gerüche und Geräusche, die auch heute noch ein Basar-Besuch mit Gewürz- und Tee-Einkauf vermittelt. Da kann auch kein aufgeblasener Gummi-Weihnachtsmann stören, sondern nur Schmunzeln hervorrufen. Vor allem, wenn sich Schülerinnen mit Kopftuch davor gegenseitig fotografieren.

Steinernes Chamäleon am Nasser-See

Per Boot tuckert man auch zum Tempel von Isis, der beliebtesten ägyptischen Göttin, der im Stausee zwischen altem und neuem Damm auf der Insel Neu-Philae thront. Das Kunstwerk wurde vor der Überflutung gerettet, während die Insel versank.

Abu Simbel, der berühmte Tempel mit den vier Kolossalstatuen Ramses II., erlitt zwischen 1964 und 1968 ein ähnliches Schicksal: Er wurde durch eine UNESCO-Rettungsaktion in 30-Tonnen-Einzelblöcke zerschnitten und 64 Meter höher sowie 180 Meter landeinwärts wieder aufgebaut. Auch ein Wunder! Als die Sonne über die sudanesische Bergkulisse am 500 Kilometer langen Nasser-Stausee kriecht, erglüht der Sandstein golden und wechselt mit jedem höheren Winkel chamäleonartig die Farben von Rot über Rosa bis Gelb.

Gold spielte hier schon im 13. Jahrhundert vor Christus eine Rolle. Der Tempel galt als gut bewachtes Zwischenlager für das nubische Edelmetall und auch als Zeichen der Herrschaft über die südlichen Regionen. Heute herrschen hier die Touristen. Kaum ist der Rundgang beendet, stauen sie sich am Eingang. Kreuzfahrtleiter Uwe Wieselmann sei Dank, denn ohne die sehr frühe Abfahrt – selbst der Polizei-Wachtposten vor dem Schiff schlief noch tief und fest – um zwei Uhr 15 hätten die „Nile-Exellence“(n) Abu Simbel anders erlebt.

Im 100-Kilometer-Tempo fegt der Bus mit wehender Staubfahne auf der Trennlinie zwischen Lybischer im Westen und Arabischer Wüste im Osten zurück: 300 Kilometer einschläfernde Pistenfahrt durchs Sandmeer. Nur eine Fata Morgana reißt selbst Tiefschläfer aus den Träumen. „Die versprochene Kamelkarawane haben wir Ihnen leider nicht bieten können“, bedauert Amr, „aber Sie sind sicher nicht das letzte Mal in unserem Land!“

* * *

Infos:

Mehr über den Nil (arabisch: an-NÄ«l), den längsten Strom Afrikas finden Sie in der freien Enzoyklopädie Wikipedia.

MS „Nile Excellence“: gebaut: 1989 in Kairo, umgebaut und renoviert: 2008 in Kairo; Länge: 63 m, Breite: 11 m, Höhe (5 Decks): 12 m, Tiefgang: 1,2 m; Maschinen: 2 x Caterpillar í  460 PS; Besatzung: 60 Personen; Passagiere: 56; Einstufung: 5-Sterne DeLuxe Landeskategorie; Kabinen: 30 Suiten (Doppel: 28 qm mit getrenntem Wohn- u. Schlafraum), 2 zusammenstellbare getrennte Betten, Bad, Sat-TV, Klimaanlage Haartrockner, Safe, Minibar, internes Telefon, französischer Balkon; Junior-Suite 20 qm, Ein-Bett-Suite 15 qm, sonst gleiche Ausstattung wie 2-Bett-Suiten); Nichtraucherschiff (Rauchen nur auf dem Sonnendeck erlaubt); Stromspannung: 220 Volt.

Bordeinrichtungen: Hauptrestaurant; Barbecue-Restaurant; Cocktail-Bar; Bordshop; Panoramasalon mit Bar; Leseecke; Internet-Terminal; Massageraum; Sonnendeck mit Pool, Liegestühlen, Sonnensegel und Bar; ein Arzt ist an Land kurzfristig erreichbar; Zahlungen in bar oder per Kreditkarte, kein Geldumtausch.

Bordprogramm: Folkloreabend, Vorträge, Tanzabend, ägyptische Galabeja-Party. Atmosphäre: familiär trotz des gehobenen Schiffstandards.

Reiseplan: 1. Tag (Dienstag Luxor): Einschiffung; 2. Tag (Mittwoch Luxor): Besichtigung des Hathor-Tempels in Dendera, Kutschfahrt, Ton- u. Licht-Show im Karnak-Tempel; 3. Tag (Donnerstag Luxor): Theben-West: Tal der Könige, Tal der Arbeiter, Hatschepsut-Tempel, Memnons-Kolosse; 4. Tag (Freitag): Edfu, Horustempel, Doppeltempel in Kom Ombo; 5. Tag (Samstag Assuan): Hochdamm, Obelisk, Philae-Tempel, Bootsfahrt zu den Nil-Katarakten; 6. Tag (Sonntag Assuan): Wüstenfahrt nach Abu Simbel, Feluken-Segelfahrt zum Botanischen Garten/Lord Kitchener Insel; 7. Tag (Montag Luxor): Theben-Ost mit Luxor und Karnak-Tempel; 8. Tag (Dienstag): Ausschiffung; Vor- und Nachprogramme (z.B. Kairo, Badeurlaub Rotes Meer u.a.) werden darüber hinaus angeboten.

Gesamtstrecke Nil-Kreuzfahrt: 530 Km

Reisezeit: Oktober bis April (Wintermonate mild, Sommer zu heiß)

Veranstalter: nicko-tours; ähnliche Reisen werden z.B. angeboten von Phoenix-Reisen, Kreuzfahrten Xtremo u.a.

Literatur: Polyglott on tour mit flipmap: „Ägypten“: ISBN 978-3-493-55718-3; nicko-tours-Broschüre: „Nil – im Land der Pharaonen“ (im Reisepreis enthalten)

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