Jerusalem, Israel (Weltexpress). Medinat Jisra’el (dt. Staat Israel) nennen die Juden ihren Staat, der ein Judenstaat und „die moderne Lösung der Judenfrage“ ist, wie es Theodor Herzl in seinem Versuch, die Sache selbst und ihre Geschichte auf den Begriff und voran zu bringen, formulierte.
In diesem Israel genannten Judenstaat ist der Likud eine der stärksten der Parteien und Benjamin „Bibi“ Netanjahu offensichtlich dessen Ewiger Vorsitzende. Jedenfalls hieß es gestern im Likud, dass 72,5 Prozent der Parteimitglieder für Netanjahu gestimmt hätten. Trotz zweier gescheiterter Regierungsbildungen, welche die eigenen Leute ihrem Vorsitzenden nicht anzukreiden scheinen, und Korruptionsanklagen wegen Betrug, Bestechung und Untreue, die nicht von einem Staatsbürger kommen, sondern von der Generalstaatsanwaltschaft, ist der Mann offenbar sakrosankt.
Nun wird wohl am letzten Tag dieses Jahres nach unserer Zeitrechnung am Obersten Gerichtshof entschieden werden, ob der Angeklagte den Likud in die dritten Wahlen zur Knesset innerhalb eines Jahres führen darf.
Richard C. Schneider schreibt in der „Zeit“ (27.12.2019) unter dem Titel „Benjamin Netanjahu: Bibi bis zum bitteren Ende“: „Das israelische Gesetz sieht vor, dass ein amtierender Premier selbst unter Anklage erst abtreten muss, wenn er rechtskräftig verurteilt wird. Allerdings besagt ein anderes Gesetz, dass ein Politiker, der unter Anklage steht, kein offizielles Amt übernehmen darf. Beide Gesetze mussten bislang noch nie in der Praxis „getestet“ werden. Das ist jetzt zum ersten Mal in der Geschichte des Landes der Fall.“
Zur Chronistenpflicht gehört, darauf hinzuweisen, dass Gideon Saar, der Netanjahu herausforderte, 27,5 Prozent der Stimmen erhielt. Saar war unter Netanjahu sowohl Kabinettssekretär als ach Innen- und Erziehungsminister. Der in Tel Aviv geborene Saar ist gelernter Rechtsanwalt und sieht sich als „Retter der Rechten“, wie er selbst nicht müde zu werden scheint, zu betonen. Dass dem 53-jährigen Saar die Zukunft gehört und er früher oder später den 70-jährigen Netanjahu ablösen werde, das scheint in Politik und Presse auch deutscher Zunge bekannt und wird benannt.
Unter der Überschrift „Israel: Benjamin Netanjahu bekommt Konkurrenz von rechts“ wird in der „Zeit“ (26.12.2019) mitgeteilt, dass „seit dem Ausscheiden Scharons aus dem Likud 2005 … Netanjahu durchgängig Parteivorsitzender“ sei und „die Likud-Parteimitglieder … als extrem loyal“ gelten würden „und … noch nie einen amtierenden Parteivorsitzenden abgewählt“ hätten.
Sollte als Richter des Obersten Gerichtshofes gegen Netanjahu Recht sprechen und Politik machen, dann könnte Saar der Mann der Stunde sein und den Likud nach den Knesset-Wahlen, die für den 2. März 2020 terminiert sind, an der Seite von Blau-Weiß unter Benjamin „Benny“ Gantz in die Regierung führen.
Gantz gibt seit Monaten vor, wie die Richter entscheiden sollen. Mit einem angeklagten Kriminellen werde er keine Regierung bilden. Deswegen muss auch erneut gewählt werden. Die Richter werden wohl oder übel über den nächsten Präsidenten Israels entscheiden. Legen sie das Recht wie Gantz aus, dann wird der Likud von Saar angeführt. Dem Likud unter Saar werden in Politik und Presse in Israel weniger Sitze zugetraut als unter Bibi, so dass er als Juniorpartner in eine von Benny geführte Regierung eintreten müsste. Bis dahin bleibt Netanjahu Ewiger Präsident, andere mögen ihn Interimspräsident nennen.
Und Bibi kämpft darum, noch länger Ewiger Präsident des Staats Israel zu bleiben, statt wegen Korruption in den Knast zu kommen, unter anderem seit Frühling 2019 mit einem Immunitätsgesetz. Noch ist er der Führer des Likud und der Likud ist die Partei des Führers.
Immerhin halten die Likudniks zu ihrem Größten Führer aller Zeiten, zum Ewige Vorsitzende des Likud, der Ewige Präsident des Staates Israel.