De-Radikalisierung, Umerziehung und ein Weg in ein besseres Leben? – Zur Reportage „Ein Leben nach dem Terror – Pakistan und die Ex-Taliban“ von Susana Santina und Shams Ul Haq

"Ein Leben nach dem Terror. Pakistan und die Ex-Taliban", eine Reportage von von Susana Santina und Shams Ul Haq. © ZDF

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Ist ein Leben nach dem Terror ein Leben vor dem Terror? „Lassen sich radikale Islamisten zu loyalen Bürgern umerziehen?“ Antworten auch auf diese Fragen suchen die Journalisten Susana Santina und Shams Ul Haq in Pakistan. Antworten geben sie in ihrer Reportage „Ein Leben nach dem Terror – Pakistan und die Ex-Taliban„, die seit dem 7.8.2020 im „ZDF“ läuft. Angeblich solle das Video noch bis 7.8.2021 „verfügbar“ sein.

Eingangs wird Pakistan als ein Land bezeichnet, das von Armut, Terror und Dschihadisten“ sei. Dazu und zu den Worten „mehr als 200 Millionen Einwohner“ werden Bilder voller Hauptstraßen in Peschawar gezeigt, die als „gefährlichste Stadt … unweit der Grenze“ zu Afghanistan“ gelte. Afghanistan? Man mag diesen Staat so nennen, doch ist er Kennern und Kritikern nicht viel mehr wert als Kabulistan. Und in Kabul herrschen derzeit zwei Bürgermeister. Und dann gibt es am Hindukusch noch Talibanistan.

In diesen Stan-Staaten und also auch in Pakistan ist die Bildung beziehungsweise Verblödung der Massen, also vieler Millionen, ein großes Problem, trotz angeblich allgemeiner Schulpflicht. Die Töchter müssen ihm Haus bleiben und die Söhne früh mitarbeiten. Von Anfang bis Ende arbeiten auch geheime Dienste. Santina, die Deutsch-Spanierin, und Ul Haq, der Deutsch-Pakistaner, weisen in ihrer Reportage, in der es um De-Radikalisierung geht, darauf hin. Sie treffen dabei in einem Camp genannten Lager, das vom Militär geführt wird, auf „ehemalige Terroristen“, die unterrichtet werden.

Das ZDF teilt dazu mit: Peschawar „wurde nach dem Sturz der Taliban 2001 zum Anlaufpunkt für radikale Islamisten. Genau hier entstand eines der drei Zentren zur De-Radikalisierung von Dschihadisten.

In den De-Radikalisierungszentren erhalten ehemalige Terroristen das Angebot, vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen zu werden, wenn sie an diesem Programm teilnehmen. Dazu gehören auch eine Schul- und Berufsausbildung, die viele bisher nie hatten, sowie die Betreuung durch Psychologen und Imame… Die ehemaligen Terroristen sollen eine neue Chance bekommen und nicht an den Pranger gestellt werden. Umso seltener ist es, Einblicke in diese weitgehend verschlossene Welt zu erhalten.“

Selten? Susana Santina und Shams Ul Haq dürften die bis dato einzigen deutschen Journalisten sein, die ein solches (Umerziehungs-)Lager besuchen durften.

Die De-Radikalisierung mag an eine Mischung aus Resozialisierung und Entnazifizierung erinnern. Und fünf Mal am Tag wird gebetet. Auf die „Gehirnwäsche“ der Taliban wird auch mit Religionsunterricht geantwortet. Vom harten zum weichen Islam, vom radikalen zum lieblichen. Das klingt schön. Ist das auch gut?

Wahr scheinen die Vorzeigegeschichten mit den Aussteigern, die – keine Frage – eine neue Chance in schwierigen Verhältnissen bekommen haben, die Deutsche aus den Wohlfahrtstaaten BRD, Österreich und Schweiz schwer nachvollziehen können dürften, zu sein. Sind sie die Ausnahmen oder die Regel?

Dass Re-Radikalisierung nicht immer und überall zu funktionieren scheint, das mussten Deutsche in Wien erleben. Der erschossene Terrorist von Wien wird zwar nicht mehr darüber reden können, aber er wurde einmal als Gefährder eingestuft, danach von einem islamischen Verein „re-radikalisiert“ und zwar mit Brief und Siegel. Genutzt hat es den Toten und Verletzten an der Donau wenig, oder?

Die angeblich drei Lager in Pakistan, von den der Zuschauer eines von der anderen Seite der Mauer sah, wirken für einen Außenstehender ein wenig wie drei Tropfen auf heißen Steinen in einer Wüste, die mit Geröll bedeckt ist. Das mag besser als nichts sein, aber viel mehr ist es wohl auch nicht, oder? Sehen Sie selbst!

Filmografische Angaben

Ein Leben nach dem Terror, Pakistan und die Ex-Taliban, ein Film von Susana Santina und Shams Ul Haq, Kamera: Joachim Giel, Schnitt: Christian Jung, Produktion: Linda Kleemann und Ulrike Schork, Redaktion Matthias Pupat, ZDF 2020, Länge: 26 Minuten

Anmerkungen:

Susana Santina (@susa7170) auf Twitter: https://twitter.com/susa7170

Shams Ul Haq (@Shamsulhaq22) auf Twitter: https://twitter.com/Shamsulhaq22

Vorheriger ArtikelKultur braucht den Stempel „Existenzrelevant!“ – Der Leipziger Komponist Aristides Strongylis im Interview zur Lage der Künstler in der Krise
Nächster ArtikelTote und Verletzte nach Feuerkampf zwischen Pakistan und Indien in Kaschmir