Berlin, Deutschland (Weltexpress). Auf der Suche nach süßen, fetten wie faulen Früchtchen bleibt man auf der Fruit Logistica, der großen Berliner Messe für die weltweite Fruchtbranche, nicht lange allein und am Ende der drei Messetage immer fündig. Über 70.000 Besucher, die von der Messe Berlin GmbH als Fachbesucher gewertet werden, sollen „aus mehr als 130 Ländern“ vom 3 bis 5 Februar 2016 aufs Messegelände geströmt sein.
Dr. Christian Göke verkündet als Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Berlin GmbH diese Zahl als „neuen Besucherrekord“. „2.891 Aussteller aus 84 Ländern zeigten eine komplette Marktübersicht der Frischfruchtbranche“, meint Göke und verweist auf den wahren Wert der Ausstellung und also „auf die Anbahnung und den Abschluss von Geschäften“. Das und dies, nämlich das Präsentieren von „27 Weltpremieren“ und bekannten Nutzpflanzen von Kartoffeln bis hin zu Nachtschattengewächsen wie Tomaten, stimmt schon. Einerseits. Richtig ist aber andererseits, dass die biologische Vielfalt auch bei Früchten allen Weltpremieren zum Trotz nicht mehr sondern weniger wird, weil das permanente Profitinteresse dazu zwingt. Oder aus ist.
Wenn als Gegengesang der „Innovationspreis“ auf den Abgesang der Biodiversität angestimmt wird, dann müssen Besserwisser mit dem Kopf schütteln und die angebliche Bio-Kokosnuss namens „Genuine Coconut“ des spanische Unternehmens World’s Coconut Trading, nur um ein Beispiel zu nennen, beim Trinken des Kokoswassers müde belächeln. Diese Genuine Coconut wird mit einem patentierten Dosenverschluss und Trinkhalm geliefert und bietet einen unkomplizierten Trinkgenuss von Kokosnusswasser. „Die Thai Nam Hom-Kokosnüsse wachsen“, verrät eine Pressemitteilung der Messe Berlin GmbH vom 05.02.2016, „auf natürliche Art im Herzen Thailands und gelten aufgrund ihrer Qualität, ihres Geschmacks und ihres Aromas als beste Wahl.“ Ob das alles stimmt und wieviel Chemie zum Einsatz kommt, das müssten wir vor Ort prüfen, um die Behauptung bestätigen zu können.
Diese und andere Fragen, die es zu beantworten gilt, geben auch die „Kitchen Minis-Tomato“ von Northern Greens in Dänemark sowie die gelb-rot gestreifte Paprika „Enjoya“, die das niederländische Unternehmen Terra Natura International entwickelt habe, und die hinter der „Genuine Coconut“ auf den Plätzen zwei und drei der Fachbesucherwahl landeten.
Kurz noch zum Partnerland Ägypten, zu dem es in der Pressemitteilung der Messe Berlin GmbH vom 02.02.2016 erwähnt wird, dass „das offizielle Partnerland … mit 145 Zielländern für Agrarprodukte optimistisch in die Zukunft blicke“. „In der Saison 2014/2015“ sollen „ägyptische Unternehmen 743.000 Tonnen in die Europäische Union“ exportiert haben. Das liegt offensichtlich nicht nur an der Qualität der Produkte sondern am Preis. Die Ware Arbeitskraft in Ägypten ist unter der aktuellen Militärdiktatur so billig wie selten zuvor. Daher sind die Angaben über „Gesamtexporte“ im genannten Zeitraum von „3,53 Millionen Tonnen“ kein Weltwunder die die Pyramiden von Gizeh. Und dass die Agrarprodukte aus Ägypten weder besonders Bio sind noch die Agrarwirtschaft von Nachhaltigkeit geprägt ist, das muss hier und heute sicherlich nicht erwähnt werden. Das weiß jeder. Von der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und der Ausbeutung der Natur durch den Menschen konnte sich der Autor dieses Artikels in Ägypten ein eigenes Bild machen. Schon wär das nicht.
Auf der Fruit Logistica 2016 in Berlin wollte davon aber niemand wissen und darüber niemand reden. Jedenfalls nicht mit mir, denn auch auf dieser Messe dreht sich (fast) alles um Moneten, nicht um Moral.