Das „neue“ Ägypten will den alten Zöpfen den Prozeß machen

Zuvor hatte Generalstaatsanwalt Abdel Magid Mahmud verfügt, Mubarak und seine Söhne für 15 Tage wegen Vernehmungen in Untersuchungshaft zu nehmen. Mubarak Sr. wird diese Zeit wahrscheinlich in einem Kairoer Hospital verbringen, in das er am Dienstag nach einem Herzinfarkt eingeliefert worden war.

Der Familie Mubarak wird Aufhetzung zur Gewalt gegen Teilnehmer der Proteste im Januar und Februar vorgeworfen. Außerdem werden der Ex-Präsident und seine Söhne der Veruntreuung staatlicher Gelder und des Amtsmissbrauchs verdächtigt.

Hosni Mubarak, der nahezu 30 Jahre lang an der Macht gestanden hatte, musste nach den Massenprotesten am 11. Februar seinen Rücktritt einreichen. Die Macht übernahm der Oberste Militärrat mit Verteidigungsminister Hussein Tantawi an der Spitze.

Bis zuletzt konnte sich kaum jemand vorstellen, dass Mubarak vor Gericht gestellt wird, solange die Militärs das Sagen haben. Jetzt ist ein Gerichtsprozess aber nicht mehr ausgeschlossen.

Nach seinem Rücktritt begab sich Mubarak samt Familie in den Badeort Scharm el-Scheich. Er wollte nicht seinem tunesischen Amtskollegen Ben Ali folgen, der nach der Revolution nach Saudi-Arabien geflohen war.

Mubarak lebte in seiner Residenz und ließ sich nicht in der Öffentlichkeit blicken. Lediglich ein Mal ließ er etwas von sich hören, als er die Vorwürfe gegen seine Familie zurückwies. Der Druck auf den Obersten Militärrat wurde aber immer größer – die Menschen verlangten immer öfter, den früheren Staatschef vor Gericht zu stellen. Am vergangenen Freitag fand in Kairo eine Protestaktion statt, die sich jedoch in eine Auseinandersetzung mit der Polizei und Armee verwandelte.

Die Behörden entschlossen sich danach, schärfer gegen Mubarak und seine Söhnen vorzugehen, deren Rolle bei den jüngsten Ereignissen in dem Land immer noch unklar ist. Der jüngere Sohn Gamal spielte eine wichtigere Rolle in der Politik, obwohl er seine Karriere als Angestellter einer ausländischen Bank begonnen hatte.

Gamal Mubarak wurde 1963 in Kairo geboren. Er ging auf eine englische Schule und studierte Management an der American University in Kairo. Dann arbeitete er in einer großen US-Bank in Kairo und London, wo er an die Spitze einer Filiale gestellt wurde. Seine Spezialität waren Investitionen.

Seit 2000 ist Gamal Mubarak Mitglied der regierenden Nationaldemokratischen Partei. Seit 2002 spielte er eine immer wichtigere Rolle in der Partei, nachdem er zum stellvertretenden Generalsekretär und zum Leiter des Komitees für Parteipolitik gewählt worden war.

Obwohl Gamal Mubarak nie von Ansprüchen auf den Präsidentenposten sprach, hielten ihn die Oppositionspolitiker für den Nachfolger seines Vaters. Die Nationaldemokratische Partei hätte im Sommer ihren Kandidaten benennen sollen. Die Präsidentenwahl war ursprünglich für September geplant.

Nach dem Ausbruch der Massenproteste im Januar bzw. Februar dieses Jahres erklärte aber Hosni Mubarak, weder er noch sein Sohn würden für das Präsidentenamt kandidieren.

Gamal Mubarak ist seit Mai 2009 mit Hadiga al-Gamal, der Tochter eines bekannten ägyptischen Unternehmers, verheiratet.

Hosni Mubaraks älterer Sohn Alaa spielte keine Rolle in der ägyptischen Politik und ließ sich nur sehr selten vor TV-Kameras blicken. 2009 starb sein 13-jähriger Sohn nach einer schweren Erkrankung.

Nach dem Aufstand am 25. Januar wurden in Ägypten zahlreiche Strafverfahren gegen ehemalige hochrangige Beamte eingeleitet, die der Korruption beschuldigt werden. Seit mehr als einem Monat sitzen im Gefängnis Tora die früheren Innen-, Finanz-, Informations- und Tourismusminister sowie der Minister für Wohnungs- und Kommunalbau ein.

Am Montag wurde der ehemalige Generalsekretär der Nationaldemokratischen Partei und Ex-Vorsitzenden des Parlamentsoberhauses, Safuat al-Scherif, für 15 Tage verhaftet. Ihm werden Bestechung und Veruntreuung vorgeworfen.

Am Sonntag ging Ex-Premier Ahmed Nazif ins Gefängnis, ebenfalls für 15 Tage. Sein Verhör dauerte sieben Stunden.

RIA Novosti

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