Und so funktioniert der UDS: Sensoren in einem verplombten Gehäuse speichern wichtige Fahrzeugdaten so, dass sie im Falle eines Crashs erhalten bleiben. Dazu gehören Längs- und Querbeschleunigungen, Bremsmanöver sowie Rotationsbewegungen des Fahrzeuges. Neben der Aufprallwucht und den auf das Fahrzeug einwirkenden Beschleunigungen wird auch festgehalten, ob und wann Blinker, Licht und Bremsleuchten in Betrieb waren, ob sie funktionierten und wann die Zündung abgestellt wurde. Die Daten werden bei normaler Fahrt fortlaufend gelöscht. Im Sekundenbruchteil des eigentlichen Crashs steigert das Gerät die Aufzeichnungsgeschwindigkeit, reduziert sie dann wieder und arbeitet nach dem Unfall verlangsamt noch etwa 15 Minuten weiter. So können Folgeunfälle oder andere Bewegungen des Fahrzeuges ebenfalls erfaßt werden.
Kienzle-Argo verkauft im Jahr weltweit rund 10.000 UDS-Geräte, in der Hauptsache an Betreiber von Lkw- und Transporterflotten, aber auch an Behörden wie Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehren.
Rückblende: Im Frühjahr 1993 stellt das Technologieunternehmen Mannesmann-Kienzle (heute Continental-Tochter Kienzle-Argo) nach mehrjähriger Entwicklungs- und Erprobungszeit den Unfalldatenschreiber vor, mit dessen Hilfe ein Unfallhergang besser rekonstruierbar sein soll. Das gegen Manipulationen von außen gesicherte Gerät, der Blackbox in Flugzeugen vergleichbar, jedoch mit deutlich weniger Funktionen ausgerüstet, ist mit modernster Mikrosensorik und -elektronik bestückt und zeichnet im Moment eines Unfalls die wichtigen Fahrzeugzustände und -bewegungen auf. Die Auswertung kann nur mit Hilfe eines speziellen Computerprogramms vor-genommen werden.
Schon damals wurde das Für und Wider der „schwarzen Kästen“ für Fahrzeuge leidenschaftlich in Fachkreisen wie auch unter den Autofahrern diskutiert. Für die einen war ihr Nutzen unumstritten. Für sie stellt der Unfalldatenschreiber eine Chance für Autofahrer dar, zweifelsfrei zu beweisen, wann und wie lange beispielsweise der Blinker gesetzt oder gebremst wurde. „Dabei entscheidet das intelligente Speichermanagement, ob und wie lange das Ereignis in einem der zwölf Hauptspeicher festgehalten wird“, erklärt die Continental-Tochter Kienzle-Argo, die den VDO UDS 2.0 vertreibt. Programmiert ist das Gerät so, dass je schwerer der Unfall ist, um so länger bleiben die Daten im Speicher. Durch die bessere Beweislage bei Verkehrsunfällen, so die Befürworter, könnten langwierige Aufklärungsverfahren entfallen, die Gerichte würden entlastet, und die Aufzeichnungen führten zu kürzeren Verfahrenszeiten und schnellerer Schadenregulierung durch die Versicherungen. Außerdem erhoffen sich manche Sicherheitsexperten und Politiker, dass Autofahrer vorsichtiger fahren, wenn sie wissen, dass sie beobachtet werden. Die meisten Autofahrer lehnten damals den UDS jedoch ab. Sie fühlten sich überwacht, zudem befürchteten sie, dass die aufgezeichneten Daten vor Gericht gegen sie benutzt beziehungsweise interpretiert werden könnten.
Eine Sichtweise, die heute offenbar nicht mehr ganz so uneingeschränkt geteilt wird. Immerhin 45 Prozent der vom Marktforschungsinstitut Puls (Nürnberg) in einer aktuellen repräsentativen Studie befragten Pkw-Fahrer befürworteten den Unfalldatenspeichers. Bei den Fahrern von Pre-miumkarossen aus deutscher Produktion sprachen sich sogar 52 Prozent der Befragten für den UDS aus. 36 Prozent lehnten die Aufzeichnungstechnik ab, 19 Prozent hatten keine Meinung.
In den letzten Jahren durchgeführte Studien bei Flottenbetreibern zeigten positive Effekte: Zum Teil gingen die Verkehrsunfälle der Firmenautos nach dem UDS-Einbau um bis zu 35 Prozent zurück, die Bagatellschäden reduzierten sich um bis zu 60 Prozent. Für die Versicherer ist das jedoch kein Grund, den Pflicht-UDS positiv zu sehen: „Aus unserer Sicht hat der Unfalldatenschreiber wenig Nutzen. Er wird äußerst selten helfen“, sagte Klaus Brandenstein von der Unfallforschung der Versicherer und weist auf ungelöste Rechtsprobleme hin. So sei ungeklärt, was genau gespeichert werden und wer die Daten auslesen darf: „der Autohersteller, die Polizei, das Gericht, der Gutachter? Und wer zahlt das?“
Ablehnend steht der ADAC der Blackbox gegenüber. Die Rekorder seien unverhältnismäßig teuer und bewirkten keine Verhaltensänderung bei Autofahrern. Die Untersuchungen mit Fuhrparks und wechselnden Fahrern, die positive Effekte durch den UDS-Einbau aufzeigten, könnten nicht auf Privatfahrzeuge übertragen werden, so der ADAC. Der Club sieht zudem „Begehrlichkeiten“ von Polizei und Ordnungsbehörden und befürchtet, dass die UDS-Daten „im Rahmen von Fahrzeugkontrollen ausgewertet und gegen den Fahrer verwendet“ werden könnten. Das Grundgesetz verbiete aber, dass jemand vor Gericht oder gegenüber der Polizei sich selbst belasten muss. Daher ist auch die Frage relevant, wer die aufgezeichneten Daten in der Blackbox des Fahrzeugs besitzt. Gehören sie dem Autofahrer, kann er nicht gezwungen werden, sie herauszugeben, wenn er befürchtet, sich damit selbst zu belasten.
kb