Das Zauberwort
Allgemein bedeutet "Konstante" in der Logik eine bestimmte Bedeutung, die im Laufe des Prozesses der Überlegungen unverändert bleibt. Die geforderte Konstanz bei den Frauenfußballerinnen ist damit ein Gegenbegriff zur Variablen – dem entsprechen nach dem klaren Sieg folgt das grottenschlechte Spiel in die Niederlage. auch im abgelaufenen Jahr 2013 sprudelte eben jener Satz immer und immer wieder aus den Mündern der Beteiligten. Konstanz – das Zauberwort für den FF Uni-SV?
Die Nervenschlachten
Im Grunde genommen präsentieren sich die Fußballfrauen aus Jena seit ihrer Zugehörigkeit zum Oberhaus recht konstant. Die treuen Fans können ein Lied davon singen. „Man konnte regelrecht darauf warten. Wenn die Mädels gerade gegen starke Gegner immer mal über sich hinaus wuchsen und ihr wahres Leistungsvermögen zeigten, kam wenig später definitiv der Einbruch. Das waren Nervenschlachten, immer wieder aufs Neue. Kaum dachtest du: Jetzt haben sie es raus, jetzt geht es aufwärts, kam das nächste Tal, der nächste Dämpfer", resümiert der getreue Edel-Fan Helmut Klaus das stete Auf und Ab seiner Uni-SV-Frauen.Der Rentner aus Schkölen bei Eisenberg lässt sich keinen Auftritt der Saalestädterinnen entgehen.
Party redlich verdient
Selbstverständlich saß Klaus vor einem Jahr im Januar 2013 beim DFB-Hallencup in Magdeburg im blau-weißen Fanblock. Beim alljährlichen Aufeinandertreffen der 12 Bundesligateams überraschten die Kraus-Schützlinge sicher nicht nur die eigenen Anhänger mit einem starken und sehr selbstbewusst wirkenden Auftritt. Erst gegen Ende des Halbfinales im Neun-Meter-Schießen vermasselte der VfL Wolfsburg den Thüringerinnen denkbar knapp den Einzug ins Finale. Am Ende stand Platz 3 auf der Haben-Seite. Die abendliche Party im Rahmen der Players-Night im Hotel Maritim hatten sich die sympathischen Spielerinnen redlich verdient. Bis in die frühen Morgenstunden hielt der Großteil der Mannschaft aus. Vielleicht schon in der Vorahnung, dass es im Laufe des Jahres nur noch wenige Momente zum Feiern geben könnte.
In Richtung Schweden
Mit vierzehn Punkten und Tabellenplatz Neun war der FF Uni-SV in die Winterpause gegangen. Wieder einmal hieß es, gewohntermaßen wie in den vier Jahren zuvor, sich auf den Abstiegskampf konzentrieren zu müssen. Zudem verließ Kathleen "Paula" Radtke zu Jahresbeginn den Verein in Richtung Schweden, wo sie beim späteren Meister LdB Malmö eine neue Herausforderung fand. Dem ohnehin alles andere als üppig besetzten Kader fehlte also im Laufe der restlichen Saison eine weitere erfahrene Spielerin. Schon im Februar war es erneut der VfL Wolfsburg, der dem FF Uni-SV Jena einen Strich durch die Rechnung machte. Bei winterlichen Temperaturen und zeitweise unter Schneetreiben mit leicht irregulären Sichtverhältnissen behielten die Gastgeberinnen im DFB-Pokal-Viertelfinale mit 3:0 die Oberhand, auf einem Nebenplatz des Stadions am Elsterweg vor gerade mal 192 Zuschauern.
Durchwachsene Rückrunde
Lena Goeßling, Nadine Keßler und und Co. vermiesten mit ihrem Weiterkommen dem Jenaer Team einen erfolgreichen Start in die Freiluftsaison. Natürlich der VfL Wolfsburg. Mit den Wölfinnen stand Jena beim Rückrundenauftakt Mitte März ein guter Bekannter der letzten zwei Monate gegenüber. Der spätere Deutsche Meister, DFB-Pokal-Gewinner und Champions – League – Sieger ließ beim 4:1 nichts anbrennen. Wie so oft in letzter Zeit gab es an jenem Tag für die Kraus-Schützlinge auf gegnerischem Platz nichts zu holen. Es folgen drei schwere englische Wochen, die gleich zu Beginn mit einem 2:2 Remis in Essen für die künftigen Partien hoffen ließen. Doch dann meldete sich die unschöne Seite der Konstanz zurück. Das Nachholspiel gegen Bad Neuenahr ging auf eigenem Platz mit 1:4 verloren, ebenso vier Tage später der Heimauftritt gegen Leverkusen (0:2). Der März war in Jena zweifelsfrei einer der Monate, die man so schnell wie möglich vergessen wollte.
Wechselhafte Leistung
Ein halbes Dutzend Gegentreffer schickte Turbine Potsdam Mitte April den Thüringerinnen mit auf den Heimweg. Diese Klatsche war für das wenig später anstehende Nachholspiel gegen den 1. FFC Frankfurt alles andere als ein gutes Omen. Doch anscheinend besann man sich beim FF Uni-SV einmal mehr auf die einzig wirkliche Konstante – die wechselhaften Leistungen, und rang dem Favoriten beim 1:1 im heimischen Paradies einen Zähler ab. Im Anschluss gelangen zwei wichtige Siege gegen die Tabellennachbarn Gütersloh (3:0) und Sindelfingen (2:0). Der April war gerettet, der Abstieg im Grunde von da an kein Thema mehr. Mit 22 Punkten landete Jena hinter Duisburg und vor den beiden Absteigern VfL Sindelfingen und Gütersloh auf Platz 10.
Personalkarussell der Sommerpause
Vor dem Start in die neue Saison gab es einige Wechsel zu verzeichnen. Nadine Kraus rückte in die 2. Mannschaft, U-20 Vizeweltmeisterin Karoline Heinze, Safi Nyembo und die italienische Nationaltorhüterin Katja Schroffenegger verließen den Verein. Mit Vanessa Müller aus Potsdam, den Schweizer Nationalspielerinnen Stenia Michel und Lara Keller sowie der neuseeländischen Auswahlkapitänin Abby Erceg kamen im Gegenzug neue Akteurinnen hinzu. Leider verletzte sich Lara Keller in einem Vorbereitungsspiel schwer. Sie wartet noch immer auf den ersten Pflichtspieleinsatz im Trikot des FF USV. Erfreulich verlief der Start in die neue Spielzeit. Die 1. Runde im DFB – Pokal meisterte Jena mit einem deutlichen 11:0 beim Regionalligisten 1.FC Neubrandenburg. Dann wurde es ernst. An den ersten zwei Spieltagen setzte der DFB den Thüringerinnen das deutsche Champions-League-Duo vor die Nase.
Nie gesehene Leichtigkeit
Den Auftakt bestanden die Kraus-Schützlinge mit einem unerwarteten, aber verdienten 1:1 im „Karli“ in Potsdam. Als eine Woche später dem Triple-Sieger VfL Wolfsburg, in dessen Kader mit Jana Burmeister, Anna Blässe und Yvonne Hartmann drei ehemalige Uni-SV-Spielerinnen standen, ebenfalls ein 1:1 – Unentschieden abgerungen wurde, sprachen viele schon vom neuen Favoritenschreck. Ihren Beitrag dazu lieferten die Neuzugänge Stenia Michel im Tor und Abby Erceg in der Abwehr. Mit den Beiden stieg die Qualität der Defensive auf ein gerade in brenzligen Situationen beruhigendes Maß, wovon der Rest der Mannschaft sichtlich profitierte. Sabrina Schmutzler etwa wirbelte mit einer nie gesehenen Leichtigkeit in der Offensivabteilung über den grünen Rasen. Allerdings stoppte ein unglücklicher Halswirbelbruch schon am zweiten Spieltag den erfreulichen Aufwärtstrend der Stürmerin.
Verlass auf die unschöne Konstante
Als dann auch die Hürde der 2. Runde im DFB-Pokal sicher genommen wurde (4:1 in Gütersloh), träumten einige Fans für die laufende Spielzeit vielleicht schon von mehr als dem ewigen Kampf gegen den Abstieg. Doch der Ausflug am Tag der deutschen Einheit in den Breisgau brachte mit der 0:2-Schlappe gegen Freiburg schnell Ernüchterung. Logisch für Jena, dass dann wieder ein „Auf" folgte. Der 2:0 Sieg zu Hause gegen Essen, der 3:0 Auswärtssieg beim BV Cloppenburg, eine mehr als achtbare 2:3 Heimniederlage gegen Frankfurt nach einer 2:0 Führung bahnten den Weg in den nächsten Tiefschlag, einer 0:5-Klatsche in München. Dafür glänzten die Saalestädterinnen eine Woche später vor 368 Zuschauern beim 2:0 gegen Leverkusen (Live-Übertragung bei Eurosport), siegten beim SV Meppen im DFB-Pokal und gegen den VfL Sindelfingen, um den Abschluss des Jahres wieder gepflegt an die Wand zu fahren. Mit einer 0:3 Klatsche kamen die Kraus-Schützlinge aus Duisburg zurück, auch den Einzug in das DFB-Pokal-Halbfinale verspielten die Paradies-Kickerinnen zu Hause gegen den Zweitligisten SC Sand. Zwar ging Jena mit Platz 5 so gut platziert wie nie in die Winterpause, das Ausscheiden im nationalen Pokalwettbewerb hinterließ dennoch seine Spuren.
Was ist eigentlich möglich mit dem derzeitigen Kader?
Hat diese junge Jenaer Mannschaft ihr Leistungsvermögen schon erreicht? An welchen Stellschrauben kann und muss zukünftig noch gedreht werden? Wird es gelingen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten, respektive zu erhöhen? Jenas Etat gehört bekanntermaßen zu den kleineren der Frauenfußball-Bundesliga. Die Vereinsführung, insbesondere der neuinthronisierte Geschäftsführer Kai-Uwe Hirsch werden sicher zukünftig den Bereich Sponsorensuche und -betreuung als eine der großen Herausforderungen annehmen müssen. Denn trotz der Zugehörigkeit zur Eliteliga des deutschen Frauenfußballs und der Tatsache, dass Nationalspielerinnen aus Kroatien, der Schweiz und Neuseeland dem FF Uni-SV internationale Klasse verleihen, wird das Thema Finanzen für den Verein kein Selbstläufer werden.
Wechsel der Geschäftsführung
Nach letzter Hauptversammlung im Dezember 2013 wurde bekannt, dass der Verein ein Defizit von circa 110.000 Euro in der Bilanz hat. Ein Geschäftsführerwechsel stand an, die Geschäftsführerin Anja Kunick wurde ersetzt durch den 38-jährigen Betriebswirt Kai-Uwe Hirsch, der wie Cheftrainer Daniel Kraus vom Kyffhäuser aus Bad Frankenhausen stammt. Der gebürtige Thüringer bringt Erfahrungen und Kenntnisse aus den Bereichen Vertrieb und Marketing mit, Auslandsaufenthalte inbegriffen. Noch ist in der Studentenstadt der Männerfußball mit dem FC Carl Zeiss Jena das Maß der Dinge. Da reicht es aus, in der 4. Liga zu spielen, um potente Geldgeber zu locken. Davon kann der Frauenfußball in Jena nur träumen. Für die neue Spitze bleibt nicht viel Zeit, die Weichen für die nächste Saison zu stellen. Zahlreiche Verträge laufen aus.
Mannschaft erhalten
Wer geht, wer bleibt, wer kommt? Im Moment gibt es viele offene Fragen, deren Antworten über das Wohl und Wehe des einzigen Fußball-Erstligisten aus Thüringen entscheiden. Wohin geht die strategisch notwendige Ausrichtung? Wer denkt im Präsidium über diese sehr wichtigen zukunftsorientierten Fragen nach? Wird Kai-Uwe Hirsch der „Mister Jena“ werden, so wie die Zampanos in Frankfurt, Wolfsburg und Frankfurt es ebenso leisten, die schon länger im Haifischbecken zu Hause sind ? Wer ist eigentlich der FF Uni-SV Jena? Wird am Ende doch aus der Kassenlage eine Klassenlage? Ärmel hoch, konstante Kommunikation vom Feinsten mit Spielerinnen, um den Kern der Mannschaft zu erhalten. sowie die Suche nach aufgeschlossenen zupackenden Sponsoren sind angesagt.