Daniel Mordzinski malt „Mit Tinte und Licht“ Fotos von Literaten – Serie: Das Instituto Cervantes präsentierte zur Frankfurter Buchmesse die Iberoamerikanische Kulturcharta und eine Fotoausstellung spanisch schreibender Schriftsteller (Teil 2/3)

Und doch hat man trotz so vieler Fragen zum Bild spontan das Gefühl, man habe einen Wesenszug von Jorge Luis Borges, der hier 1978 von Mordzinski in Buenos Aires fotografiert wurde, erhascht. Im Inneren des Buches, in das man so – ohne Titel, ohne Verlagsangaben – mit Borges hineinfällt, gibt es dann auch Texte auf Spanisch, Englisch und Deutsch – die den Hintergrund der Ausstellung und der Publikation erläutern. Carmen Caffarel, die Direktorin des Instituto Cervantes in Madrid findet: „Daniel Mordzinski ist ein Freund der Schriftsteller und dies ist auch in jeder seiner Aufnahmen spürbar. Durch seine Hilfe hatten wir die Möglichkeit Mario Vargas Llosa zu sehen, wie er in seinem Bett liegt, Andrés Neuman, der auf einem Billardtisch schläft oder auch Antonio Gamoneda, wie er aus dem Fester seines Hauses in León blickt.“

„De Tinta Y Luz“ hat als Untertitel „Ein Blick auf die Seele der Hispanoamerikanischer Literatur“ und nimmt uns in Ausstellung und Katalog mit auf eine Reise über die Porträts von Schriftstellern hin zu ihren Werken. Denn natürlich verbindet der Kenner mit jedem Namen auch die gelesenen Bücher oder zumindest das, was er darüber gehört hatte. Und da ist noch während der Buchmesse einer der eh schon berühmten Porträtierten durch die Nobelpreisverleihung herausgehoben worden, von dem schon die Präsidentin hervorhob, wir können ihn dank Mordzinski im Bett sehen. Ja, schon, aber wie!!

Mario Vargas Llosa, 1936 in Peru geboren, dem im Inneren wie allen Porträtierten auch ein kurzer Lebenslauf und die Aufzählung der wichtigsten Werke gilt, liegt nicht auf dem Bett, auch nicht in ihm, sondern das Bettzeug umrahmt ihn, der in Hemd und Hose auf der Seite liegend schreibt. Man sieht den Füllfederhalter, man sieht die schreibende Rechte mit Ehering, man sieht die schlichte weiße Kerze, die ein gelbes Licht erzeugt, obwohl schon das Weiß des Bettzeuges das Bild überaus hell macht. Doch der Docht der Erleuchtung ist es, der den Dichter 2010 so konzentriert schreiben läßt, während eine Strähne seines weißen Haares ihm keck in die Stirn fällt. Wer je im Bett geschrieben hat, findet diese Unmittelbarkeit des Tuns in diesem Bild wieder.

Versucht man, die vielen und so völlig unterschiedlichen Porträts – nicht weil die Menschen verschieden sind, sondern auch weil der Fotograf jeweils völlig eigene Umgebungen und Inszenierungen wählt – auf einen Nenner zu bringen, so kann man sagen: es gibt keinen, es sei denn, daß man die Normalität des Daseins als das Unnormale bei diesen Fotografien empfindet, die niemals einen Star, niemals eine typische Dichterpose erlauben, was ja beim Sujet „Künstlerporträt“ Usus ist. Mordzinski unterläuft das alles. Aber nicht, indem er nun diese Schriftsteller wie Adolfo Bioy Casares, Octavio Paz, Miguel Delibes, Carlos Fuentos und alle anderen in den Alltag versetzt, sondern indem er ihnen einen für sie ungewöhnlichen, aber alltäglichen Rahmen gibt oder Gesten, die so für sich gestellt, bizarr wirken.

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Info:

Die Ausstellung wurde innerhalb des Symposiums zur Iberoamerikanischen Kulturcharta eröffnet, die die Buchmesse einläutete. Es war daher angesichts des Ehrengastes Argentiniens zur Frankfurter Buchmesse 2010 also schon viel argentinische literarische Prominenz in Frankfurt anwesend. Für diese Ausstellung wurde eine andere abgehängt und in die Paulskirche verlagert: „Verschwunden. Das Fotoprojekt ’ausencias` von Gustavo Germano mit Texten zur Diktatur in Argentinien 1976-1983. Auch dies ist eine berührende Ausstellung mit einem hervorragenden Katalog, in dem die Mütter der Plaza de Mayo eine große Rolle spielen. Deshalb wollen wir hier beide Kataloge angeben:

Verschwunden. Das Fotoprojekt ’ausencias` von Gustavo Germano mit Texten zur Diktatur in Argentinien 1976-1983, Münchner Frühling Verlag 2010

Daniel Mordzinski, De Tinta Y Luz, Una mirada al alma de las letras hispanoamericanas, Instituto Cervantes Madrid 2010

www.frankfurt.cervantes.es

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