Dadaistischer Punk mit Tiefgang – Turbostaat: „Das Island Manöver“

Wie schon beim Vorgänger „Vormann Leiss“ schuf Starproduzent Moses Schneider (Beatsticks, Tocotronic) auch hier wieder souverän eine Scheibe mit Ecken und Kanten, selbst wenn der Vorgänger doch noch einen Tacken rauer und herber ins Gesicht schlägt. Same Same no difference? Nun gut, ein paar Veränderungen gibt es dann doch auf dem neuen, mittlerweile vierten Album des nordfriesischen Quintetts.  Das erste Mal überhaupt darf im Song "Fünfwürstchengriff" eine Drum-Maschine ein Lied begleiten. Nach scheinbar langen und heftigen internen Diskussionen hat man sich dazu durchgerungen, um damit auch gleich das poppigste und damit für Turbostaat ungewöhnlichste Lied einzuspielen. Neben "Pennen bei Glufke" jedenfalls. Denn auch hier gibt es was Neues, der Refrain tritt tatsächlich als Chor auf, durchaus mit Ohrwurm-Effekt. Außerdem habe man das erste Mal ein Album wirklich geplant, versichern die Staatsbürger, statt wie bisher einfach drauflos zu dreschen. So viel zu den Neuigkeiten.

Ansonsten bleibt fast alles beim Alten, aber das ist eigentlich auch gut so. Jans aggressiver Sprech“gesang“ dröhnt wie gewohnt über ordentlichem Punk-Geballer und sorgt für Wiedererkennungswert, die Texte, wie immer von Gitarrist Marten Ebsen und wie immer schwer zu deuten, und die Band überlegt sich dazu sinnfreie, mitunter aus der Luft gegriffene Namen. Aber was nach Sinn-Dada klingt, hat beeindruckende Tiefe: "500 neue Freunde, keiner da. Bedrohung diffus, beinahe real." (Pennen bei Glufke). Die Thematik ist oft düster. Sei es die Mutter des außerehelichen Kindes, die nach altem friesischen Brauch ins Watt getragen wird ("Fraukes Ende"), der Junge, der die Umstände zum Amoklauf hat ("Pennen bei Glufke"), oder die Oma, die sich freiwillig im Maisfeld erwürgen lässt ("Urlaub auf Fuhferden"). "Hört sich traurig an. Ist es auch."

Fazit: „Das Island Manöver“ ist, wie von TurboStaat gewöhnt, definitiv keine leichte Kost. Es ist zwar noch Deutschpunk, aber eben nicht allzu konventionell. Und trotzdem,  ich konnte den Songs geradezu beim wachsen zuhören. Das Island Manöver ist ein vorzügliches Album, bei dem eingefleischte Staatler nicht enttäuscht sein werden und gleichzeitig ein Album, das der Band verdiente neue Hörer bringen wird.
Mehr von der Band gibt es hier: http://www.myspace.com/turbostaat

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